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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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hervorgekommen. Auf Monas Ford glitzert Raureif. T.J.s Streifenwagen parkt weiter unten, und ich weiß, dass er extra früh reingekommen ist, um vor dem Streifendienst noch die Internetrecherche fertig zu machen.
    Mona sitzt in der Zentrale, die Füße auf dem Schreibtisch, einen Lutscher im Mund und ein aufgeschlagenes Lehrbuch in der Hand. Bei meinem Anblick gleiten die Füße flugs auf den Boden. »Hallo, Chief.«
    »Sie sehen beschäftigt aus.«
    Sie grinst. »Es ist eher ruhig.«
    »Genau wie wir es mögen.«
    T.J. sieht mich über die halbhohe Trennwand seines Arbeitsplatzes hinweg an. »Haben Sie einen Moment?«
    Ich betrete seine Box und sehe, dass sowohl sein Laptop als auch sein Computer laufen. Ein mir unbekannter Drucker, den er wohl von zu Hause mitgebracht hat, sitzt brummend auf dem kleinen Aktenschrank. »Haben Sie etwas gefunden?«
    Sichtbar unbehaglich wendet T.J. sich dem PC zu. »Also, ich bin letzte Nacht und heute Morgen auf ein paar … ähm … Pornoseiten gestoßen. Ich kann nur sagen, da gibt’s nen Haufen sonderbaren Scheiß.«
    »Sonderbar in Bezug auf die Morde oder auf Sex?«
    »Beides.« Er läuft rot an. »Ich meine aber Fetische.«
    »Gewalt?«
    »Fußfetische, meistens jedenfalls.«
    »Das
ist
sonderbar.«
    Er tippt etwas auf der PC -Tastatur. »Da gibt’s Männer mit Männern, Frauen mit Frauen, Tiere mit Frauen.« Er sieht mich an. »Haben Sie schon mal gesehen, wie groß –«
    »Nur Sachen, die den Fall betreffen, T.J.«, unterbreche ich ihn abrupt.
    »Sicher.« Er rollt mit dem Stuhl zum Laptop und loggt sich ein. »Ich hab nach allem gesucht, wo das Stichwort ›Amisch‹ drin vorkommt, und mir ist die Spucke weggeblieben, wie viele Pornoseiten es da gibt.«
    »Für jeden das Passende«, murmele ich.
    »Vermutlich.« Er gibt mir ein Blatt Papier. »Das ist eine Liste von Websites mit IP -Adressen. Ich hab Fotopapier gekauft und ein paar der … ähm … Bilder ausgedruckt. Die meisten weiblichen … ähm … Darsteller haben keinerlei Ähnlichkeit mit Mary Plank, aber einige schon. Die … Akteure tragen meistens Perücken und versuchen, ihre Identität zu verbergen.«
    »Sehen wir uns das mal an.«
    »Es sind ungefähr ein Dutzend.« Er reicht mir eine Mappe. »Und alle sind ziemlich schockierend, Chief.«
    Ich nehme die Mappe und schlage sie auf. Er hat recht. Die Fotos sind nicht nur schockierend, sondern auch beunruhigend. Wut steigt in mir auf, als ich eine junge Frau in traditioneller Amisch-Kleidung sehe – schlichtes Kleid, weiße
Kappe
, kein Make-up. Ihre Haut ist hell, und unter der
Kappe
steht braunes Haar hervor. Das Foto ist von relativ guter Qualität, doch ihr Gesicht nur im Profil zu sehen. Vielleicht ist sie amisch, vielleicht aber auch nicht, das lässt sich unmöglich sagen. Aber ein Sakrileg ist es allemal.
    Die Frau und zwei Männer sind in einem auf alt gemachten Eisenbett mit zerwühlter Decke zugange. Ein fensterloser Raum mit weißen Wänden. Schatten verleihen dem Foto die kühle Atmosphäre eines alten Films. Die Frau sitzt rittlings auf einem weißen, um die dreißig Jahre alten Mann. Dunkelbraune Haare, Kinnbart. Sein Kopf ist ebenfalls abgewandt und das Gesicht nicht erkennbar. Ein zweiter Weißer hat ihre Hüften umfasst und dringt von hinten in sie ein. Auch sein Gesicht ist nicht zu sehen. Er ist groß und muskulös, wie einer, der Gewichte hebt. Starke Körperbehaarung, Koteletten, kein Bart. Keine sichtbaren Muttermale.
    Ich bin nicht prüde, doch das hier setzt mir zu. Ich starre die junge Frau an, die den Kopf wie in Ekstase nach hinten geworfen hat. Ihr Kleid ist vorn offen und enthüllt ihre kleinen nackten Brüste. Ich kann nicht sagen, ob es Mary Plank ist. Sie hat eine schöne Haut und eine mädchenhafte Figur. Sie sieht sehr jung aus und ist so dünn, dass ich ihre Rippen erkennen kann. Aber ihre Hände sind pummelig wie bei einem Kind.
    Ich versuche, die Einzelheiten mit dem nüchternen Blick einer Polizistin zu registrieren, bin aber so empört, dass mir das Blut in den Ohren rauscht und die Schamesröte ins Gesicht steigt. Gleichzeitig empfinde ich eine Traurigkeit, deren Ausmaß mich überrascht.
    »Ist sie es?« T.J.s Frage reißt mich aus meinem tranceähnlichen Zustand.
    »Schwer zu sagen.«
    »Auf dem ganzen Video ist nicht ein Gesicht von vorn zu sehen.«
    »Ich verstehe, warum die nicht erkannt werden wollen. Das ist ziemlich hartes Zeug.« Ich blicke auf die Mappe in meiner Hand, habe keine Lust, mir die anderen

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