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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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gibt Rob ein Glas. »Was immer Sie zu sagen haben, können Sie ruhig in Robs Gegenwart tun.«
    Ich nicke, wundere mich aber über sein verändertes Verhalten. Als wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben, war er freundlich und kooperativ. Jetzt ist er gereizt. Warum der Umschwung? Ist ihm der Verlust seiner Familie schließlich ins Bewusstsein gedrungen? Habe ich ihn bei unserem letzten Gespräch zu hart rangenommen? Oder gibt es einen ganz anderen Grund dafür?
    »Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie mit siebzehn Ihren Vater mit einer Heugabel angegriffen haben?«, frage ich.
    Aaron trinkt einen großen Schluck Wein. »So was will man einer Polizistin nicht unbedingt erzählen, die gerade den Mord an der eigenen Familie untersucht, mit der man nichts mehr zu tun hat.«
    »Aber Sie haben sich doch bestimmt denken können, dass wir es früher oder später herausfinden.«
    Er zuckt mit den Schultern.
    Tomasetti tritt dicht an Aaron heran. »Das nennt man Lügen durch Verschweigen. Und falls Sie die entsprechende Folge von
Law and Order
verpasst haben, Mr Einstein, genau so was macht uns Polizisten stutzig.«
    »Ich habe nichts zu verbergen«, sagt Aaron.
    »Sie haben Ihren Vater so schwer verletzt, dass er ins Krankenhaus musste«, sage ich. »Davon haben Sie uns nichts gesagt. Und jetzt ist er tot. Da könnte man auf die Idee kommen, dass Sie doch etwas zu verbergen haben.«
    »Ich habe meine Familie nicht umgebracht. Schon dass Sie das denken, ist absurd.«
    »Die Polizei anzulügen fördert nicht gerade unser Vertrauen in Ihre Fähigkeit, die Wahrheit zu sagen«, erklärt Tomasetti.
    Aaron starrt ihn an, trinkt einen weiteren großen Schluck Wein. »Zu so einer Gewalt bin ich nicht fähig.«
    »Sie haben Ihren alten Herrn mit einer Heugabel verletzt«, knurrt Tomasetti. »Das ist schon ziemlich gewalttätig.«
    »Ich hatte wirklich keinen Grund, sie zu töten.«
    »Ihre Eltern haben Sie verstoßen, weil Sie anders sind. Sie fanden Sie pervers. Vielleicht wollten Sie sich für das Leid rächen, das Ihnen mit siebzehn zugefügt wurde.«
    »Ich wollte nur mein eigenes Leben leben.«
    »Aber das haben Ihre Eltern nicht zugelassen, stimmt’s?«, provoziert Tomasetti ihn weiter.
    »Ich habe meinen Eltern schon vor langer Zeit vergeben.« Aarons Stimme klingt jetzt abwehrend.
    »Aber haben sie auch Ihnen vergeben?«
    »Ich hatte keinen Einfluss auf das, was sie über mich und meine Lebensführung dachten«, erwidert er.
    »Das hier ist ein hübsches Haus, Aaron«, schalte ich mich ein. »Werden Sie es behalten?«
    »Das hab ich noch nicht entschieden.«
    Tomasetti nimmt eine leere Weinflasche in die Hand, studiert demonstrativ das Etikett und stellt sie zurück auf den Tisch. »Nettes kleines Liebesnest. Abgeschieden, geräumig. Irgendwie zynisch, dass Sie beide hier Wein trinken und es sich gutgehen lassen, während der Rest Ihrer Familie nicht weit von hier begraben liegt.«
    Rob schaltet sich ein. »Ihre Bemerkung ist absolut unangebracht.«
    Tomasetti entblößt die Zähne, doch sein Blick verharrt weiter auf Aaron. »Ihre Eltern haben Ihnen das Leben zur Hölle gemacht, Aaron, besonders Ihr alter Herr. Er hielt Sie für krank. Vielleicht haben Sie es ihm auf diese Weise heimgezahlt.« Er macht eine weit ausholende Handbewegung. »Vielleicht feiern Sie und Ihr Geliebter ja gerade Ihren Sieg über seine selbstgerechte Intoleranz.«
    »Sie irren sich«, erwidert Aaron zunehmend laut.
    »Dann klären Sie uns auf.«
    Aaron sieht abwechselnd mich und Tomasetti an. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, ich habe meinen Eltern vergeben und das hier alles hinter mir gelassen.«
    »Und deshalb sind Sie so durcheinander?«, fragt Tomasetti.
    »Ich war alleine hier! Ich brauchte … einen Freund und hab Rob angerufen.«
    »Sie haben ja noch nicht einmal das Blut weggewischt, und trotzdem feiern Sie, trinken Wein und essen Saltimbocca alla Romana zu Mittag. Das ist ziemlich kaltherzig.«
    »W–Wir haben eine … eine Reinigungsfirma beauftragt«, stößt Aaron mühsam hervor. »Sie können aber erst morgen kommen.«
    »Wie sehr haben Sie Ihren Vater gehasst?«, fragt Tomasetti.
    »Ich habe ihn nicht gehasst. Er hat
mich
gehasst. Seinen
Sohn
. Er konnte es nicht ertragen, dass ich anders bin.« Er wendet sich mir zu, und trotz seiner Wut schimmert das Verlangen nach Verständnis in seinen Augen, und zum ersten Mal sehe ich auch Tränen darin. »Ich habe ihn geliebt. Ich habe sie alle geliebt.«
    »Und deshalb haben Sie

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