Blutige Verfuehrung 3
sicher noch einige Überraschungen für mich bereit.
Ich sah auf meine Uhr: sie zeigte 0 Uhr 30. Orlando stand noch immer dicht hinter mir, ich hatte ihn für einen Moment vergessen. Ich drehte mich zu ihm um und sagte: "Sind die anderen alle auf der Jagd, oder wohin sind sie verschwunden?" Orlando antwortete:
"Die Jagd beginnt normalerweise bereits um 23 Uhr, aber heute sind wir alle spät dran, ich werde deshalb auch hier bleiben. Deine Umwandlung hatte Vorrang und schließlich können wir auch eine Zeit von unseren Reserven leben. Man braucht nicht täglich frisches Blut. Und je älter ein Vampir wird, desto besser hat er seinen Durst im Griff." Ich sah ihn zweifelnd an, dann fragte ich:
"Wie alt bist du eigentlich?"
"Älter als alle hier anwesenden", gab er mir ausweichend zur Antwort. Doch ich ließ mich nicht so leicht abspeisen.
"Mehr als 100 Jahre?", fragte ich neugierig nach. Orlando lachte laut auf.
"Ja, viel mehr", sagte er dann freimütig.
"Da du es genau wissen willst: ich bin 350 Jahre alt." Das mit den 100 Jahren war von mir eigentlich nur als Spaß gemeint, doch 350 haute mich echt um.
"Du meinst, du hast noch den Napoleon erlebt, war das nicht so um 1700?" Ich konnte es kaum fassen, doch Geschichte war nie meine Stärke gewesen. Vielleicht lag ich ja falsch. Orlando lächelte vielsagend. Sein Blick war in weite Ferne gerückt. Er sagte:
"Es stimmt, doch ich bin ihm zum Glück nie begegnet, zu dieser Zeit war ich in London und dort waren die Zustände wirklich superb. Die beste Phase meines Lebens!"
"Als Vampir?", wollte ich wissen. Orlando nickte.
"Dort wurde ich verwandelt durch den Biss einer Adeligen. Gradara kam erst viel später – aber das ist eine andere Geschichte!"
Diese Art von Neuigkeiten musste ich erst verdauen. Die Langlebigkeit von Vampiren, oder besser gesagt: die Unsterblichkeit war so ein Begriff, den ich zwar kannte, doch wirklich verstanden was das heißt, hatte ich erst jetzt. Das würde bedeuten, dass ich die nächsten Jahrhunderte, egal was kam, egal wie sich die Welt entwickelte, immer dabei war. Bis zum nächsten Krieg und vielleicht darüber hinaus. Orlando musste meine Gedanken gelesen haben, denn er sagte:
"Du bist jetzt jung und du wirst es für immer bleiben. So schön, so begehrenswert und so sexy." Das 'sexy' sagte er so leise, dass nur ich es hören konnte. Lucrezia und Lorenzo waren selbst in ein Gespräch vertieft. Mit einem Seitenblick auf Lucrezia sagte ich:
"Und was ist mit ihr, wie alt ist sie?
"Sie wurde mit 15 verwandelt, und 15 ist sie natürlich noch immer, aber das ist auch schon mehr als 200 Jahre her. ´
"Und", er senkte die Stimme zu einem Flüstern:
"Sie hat leider seitdem nicht viel dazu gelernt!" Lucrezia war wirklich ein süßes Geschöpf. Sie blickte mit ihren hellblauen leuchtenden Augen so arglos in die Welt, dass man niemals darauf kommen würde, sie könnte ein Vampir sein.
Ich war plötzlich erschöpft vom vielen Reden und sicher auch noch von der anstrengenden Verwandlung. Deshalb sagte ich zu Orlando:
"Du musst mich jetzt entschuldigen, ich möchte mich zurückziehen. Es war einfach zu viel für mich!" Er sah mich verständnisvoll an und bot mir seine Begleitung an, doch ich sagte:
"Danke ich finde selbst hinauf in meinen Salon. Gute Nacht, bis morgen!" oder was wünscht man sich in Vampirkreisen?
Mein Handy lag auf meinem Nachttisch. Ich nahm es in die Hand und sah, dass sich mehrere Nachrichten angesammelt hatten. Drei stammten von Nicholas, eine von Ikarus und eine von Mareike. Ich las zuerst die von Nicholas. Er teilte mir mit, dass er mich unbedingt nächste Woche wiedersehen wollte. Seine letzte SMS gipfelte in der Aussage:
"Du kannst Dich nicht vor mir versteckt halten. Ich werde dich suchen und finden !" Na super! Wie sollte ich mich nun verhalten? Ich war ratlos. Hier mitten in Rumänien konnte er mich nicht finden, das war klar. Aber ich wollte ihn auch unbedingt wiedersehen. Ich musste mit dem Fürsten sprechen. Er hatte mir zugesagt, dass ich Nicholas jederzeit sehen könnte. Ich fühlte mich ziemlich mies, wenn ich daran dachte, welche Lügengeschichten ich ihm auftischen musste, um ihn nicht gleich zu verlieren.
Die SMS von Mareike las sich dagegen sehr entspannt. Sie waren noch unterwegs, aber es lief gut und Ben verhielt sich auch wieder normal. Doch die Nachricht von Ikarus machte mich richtig wütend.
Er schrieb:
"Ich fasse es nicht, dass du dich umwandeln lässt. Mit mir wäre alles besser
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