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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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macht?“
    „Sie sind ansteckend“, antwortete er gelangweilt. Aber dann legte er den Kopf leicht schief und wurde hellhörig.
    „Und sie fressen Menschenfleisch. Gäbe es einen besseren Weg, Leichen verschwinden zu lassen?“ Zu mutmaßen, dass die beiden Fälle miteinander zu tun hatten, gefiel mir absolut nicht, aber man konnte es nun mal nicht einfach so von der Hand weisen. Außerdem lernt man als Jäger schon früh, dass nicht zu mutmaßen auch bedeutet, keinesfalls das Mögliche auszuschließen. „Mordversuche von Nachtschatten und Normalos, während ich an einem Schatten- und einem normalen Fall arbeite, könnten sehr wohl darauf hindeuten, dass die beiden zusammenhängen.“
    „Das sind eine Menge Mutmaßungen.“ Theron kratzte sich die Stirn und dachte nach. Seine dunklen Augen waren in die Ferne gerichtet.
    „Sobald mir was Besseres einfällt, stürze ich mich darauf.“ Als er weiterging, trottete ich im Gleichschritt neben ihm her, und gemeinsam steuerten wir auf ein heruntergekommenes Haus aus Lehmziegeln zu, das zwischen einer Tankstelle und einer schäbigen Mietskaserne eingezwängt war, die den Großteil des Blocks einnahm. Der winzige Rasenstreifen vor dem Haus war voller Unkraut, aber sauber. Der Gehsteig vor dem Tor aus Maschendraht war frisch gefegt und mit Florida Water besprenkelt, zumindest wenn man von dem Hauch von Orangenparfüm in der Luft ausging.
    Interessant. Andererseits stößt man im Barrio auf allerhand … interessante … Dinge.
    Theron hielt mir das Tor auf, und das Gefühl, beobachtet zu werden, wurde stärker. Es juckte mir in den Fingern, nach meiner Pistole zu greifen, aber ich ließ die Hände betont lässig baumeln. Dass ich merkwürdig aussehe, weiß ich selbst. Mitten im heißesten Sommer im schwarzen, knielangen Ledertrenchcoat rumzulaufen ist nicht gerade der beste Weg, harmlos zu wirken. Außerdem war da noch das Silber in meinen langen dunklen Locken, die das Licht reflektierten. Und auch meine blasse Haut trug nicht dazu bei, mich optisch der Umgebung anzugleichen.
    Die Veranda knarrte unter meinen Stiefeln und Therons Gewicht. Er öffnete die Fliegentür und klopfte, dann hörte ich im Haus leise, behutsame Geräusche. Ich spitzte die Ohren. Nur Menschen.
    Der Gedanke, dass ich mit dem Rücken zur Straße stand, bescherte mir eine Gänsehaut. Es war zu ruhig, gespenstisch still, abgesehen von der lauten Rancheromusik, die noch immer zu hören war. Es war die Art von Ruhe, die eintritt, bevor Schüsse fallen und Menschen zu schreien anfangen.
    Die Tür öffnete sich, und ein junger Cholo mit einem Filzhut, einem weißen Anzughemd, roten Hosenträgern und einer schicken Kakihose mit einer rasiermesserscharfen Bügelfalte musterte uns misstrauisch. Sein Gesicht hätte auch einem alten Kodex entstammen können – es hätte sich gut unter einem Kopfschmuck aus Vogelfedern gemacht. Dunkle Augen blickten mich an, ließen den Blick über meinen Körper wandern und entließen mich wieder, wanderten stattdessen zu Theron hinüber. „He, gato, que ondo?“
    „Que ondo, Bruder.“ Theron grinste doch tatsächlich und zeigte eine Menge weißer Zähne. „Ist Ramon da?“
    „Wer ist die puta?“
    „Das hier ist la senora bruja gründe de Santa Lux, cahron. Pass also auf, was du sagst. Ist Ramon nun da oder darf ich in der Cantina warten?“
    „Bruja grande?“ Der Junge schnaubte. Ein zweites Mal sah er sich mein Gesicht an. Ich ließ die Sonnenbrille ein Stück weit meine Nase herunterrutschen und starrte ihn aus meinen zweifarbigen Augen an, als würde ich Gewehrläufe auf ihn richten.
    Das Ergebnis war zufriedenstellend. Urplötzlich trübte die chemische Reaktion, ausgelöst von Angst, den gesunden Geruch des jungen Mannes, und er warf mir den bösen Blick zu. „Madre de dios!“, murmelte er und schaute eilig wieder weg und hin zu Theron.
    „Ramon“, sagte der Wer leise und bestimmt. „Es ist ernst.“
    Der Cholo gab den Eingang frei. „Mi casa, su casa, gato. “
    Aber der Schweiß auf seiner Stirn strafte ihn Lügen.
    Keine Bange, Kleiner. Ich bin harmlos. Zumindest für dich. Aber das sagte ich ihm nicht, sondern folgte Theron über die Schwelle und in die stille Kühle eines echten Lehmziegelbaus. Der Boden war gefliest, und meine Stahlabsätze verursachten ein lautes Klacken.
    „Die Schießeisen“, forderte der Junge im Dämmerlicht des Eingangs. Meine Augen passten sich rechtzeitig an die veränderten Lichtverhältnisse an, um seine schnelle Geste

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