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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Knisternde Spannung erfüllt die Luft, und deine ganze Haut wird hypersensibel, bereit, jeden Atemzug zu spüren, jedes kleine Kitzeln, das eine Kugel ankündigen könnte, die kurz davor ist, dein Fleisch zu durchdringen.
    Die 51s beherrschen den südlichen Teil des Barrios, ein keilförmiges Revier, dessen Spitze direkt auf die Plaza Centro deutet. Das dickere, hintere Ende macht beinahe die Hälfte des engsten Stücks dieser Ansammlung von Bruchbuden aus -die Rassenfanatiker meiner schönen Stadt nennen diesen Abschnitt meistens Cholo Central, oder, um es politisch etwas korrekter auszudrücken, „dieses beschissene Dreckloch“.
    Ich ließ den Blick über die mit Schlaglöchern übersäte Straße gleiten. Aus der Bodega an der Ecke dröhnte spanische Truckermusik, und auf jeder Veranda lümmelten Cholos herum -mexikanische Gangster. In der übernächsten Einfahrt stand ein altmodischer orangefarbener Dacia Nova, unter dessen Motorhaube gerade jemand seinen Kopf steckte. Zwei Männer in Flanellhemden, die bis auf den obersten Knopf offen standen, und mit Corona-Bierdosen in der Hand erteilten schlaue Ratschläge. Es roch nach einem Mix aus Frijoles und Schweiß, Bier und Kümmel, Chilisoße und dem heißen brennenden Wachs der Gebetskerzen. Über allem lag das Aroma von Armut -ein scharfer Geruch nach Verzweiflung, Marihuana und altem Essen.
    Theron knallte seine Tür zu. Hier fiel er kein bisschen aus dem Rahmen – sein dunklerer Teint und seine fremdartige Knochenstruktur ließen ihn zum Mestizen werden, zum Nachkommen eines weißen und eines indianischen Elternteils – statt nur als „so ein Dunkelhäutiger“ durchzugehen.
    „Willst du das wirklich durchziehen?“, fragte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. „Ich mache nur, was nötig ist. Warum machst du dich mit deiner Nase nicht nützlich und suchst mir einen der 51s?“
    „Die komplette Straße hier gehört ihnen, Jägerin. Aber wir werden uns mit Ramon treffen.“
    „Dem Alphatier?“ Ich fragte gar nicht erst, woher er all sein Wissen hatte – immerhin war er ein Wer, und das hier war sein Stadtteil. Die meisten Werwesen von Santa Luz leben entweder am Rand des Barrios oder in dem engen Streifen zwischen dem Barrio und dem Mayfair Hill, wo die Häuser schon seit Generationen denselben Familien, Rudeln und Schwärmen gehören.
    „Der Leutnant hier. Wenn du schön brav und höflich bist, bekommst du von ihm freies Geleit. Überlass das Reden mir.“
    „Würde mir auch gar nicht anders einfallen.“ Ich setzte mir die Sonnenbrille auf, und das Silber in meinem Haar klimperte. Das Gefühl, dass alle Augen auf mich gerichtet waren, ließ sich mit den Händen greifen. Mir stellten sich die Nackenhaare auf, und die Narbe prickelte heiß und feucht. Sie strömte eine beinahe lebendige Hitze aus, wie eine Blüte, die sich im Sonnenlicht öffnet.
    Sie wächst nicht! Red dir das gar nicht erst ein.
    Stattdessen dachte ich über den Organ-Schwarzmarkt nach. Ich würde mich bei Gelegenheit mit Sullivan und Badger treffen müssen, falls ich das tun konnte, ohne sie in Gefahr zu bringen. Außerdem überlegte ich einmal mehr, warum eine Höllenbrut mitten während eines Kampfes in ein Scurfnest geplatzt kam – und die Erklärung fiel mir auf einmal wie Schuppen von den Augen, sodass ich für gute fünf Sekunden lang mitten im Schritt verharrte.
    „Jill?“ Theron warf mir über die Schulter hinweg einen fragenden Blick zu. Das Morgenlicht zauberte glühende Strähnen in sein dunkles Haar. „Alles im grünen Bereich?“
    „Scurf greifen Höllenbrut nicht an. In ihrem Dämonenblut sind weder Hämoglobin noch die richtigen Proteine für die Viren.“
    Theron fand meine Offenbarung wenig beeindruckend. „Ach, tatsächlich?“
    Plötzlich wünschte ich, Saul wäre hier. Er hätte meine Gedankengänge sofort verstanden. „Was bedeutet, dass jemand die Scurf vielleicht als Köder benutzt hat. Ein Nachtschatten, der sie nicht nur im Griff hatte, sondern auch wusste, dass ich sie mit Werwesen aufspüren würde.“
    „Und?“ Theron verschränkte die Arme. Seine Körpersprache war eindeutig: Zeitverschwendung!
    „Also gibt es wahrscheinlich jemanden, der vom Scurfvirus profitiert. Niemand würde mich einfach so mitten in einer Scurfansammlung lynchen, nur weil ich ihm auf den Geist gehe. Jemand macht irgendwie Geld damit, und es könnte eine Verbindung zu diesem anderen Fall geben. Geldgier ist ein starkes Motiv. Und was ist es, das Scurf so gefährlich

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