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Blutiger Sand

Blutiger Sand

Titel: Blutiger Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kneifl
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noch da. Sie werden sicher nicht zulassen, dass Tom uns was antut.“
    „Weil sie eine Indianerin ist und Jamie auf dich steht? Du bist und bleibst eine Romantikerin, Kafka. Die stecken doch alle drei unter einer Decke.“
    „Ich habe Tom für morgen in Aussicht gestellt, in die nächste Stadt zu fahren und fünfhundert Dollar von meinem Konto abzuheben, um eines seiner Autowracks zu kaufen. Eine Kuh, die man melken kann, bringt man nicht um.“
    „Du redest wie ein echtes Cowgirl.“
    Ich umarme ihn lachend.
    „Hast du ihnen erzählt, dass ich eine Romni bin?“
    Orlando antwortet nicht gleich. Ich stupse ihn an. „Das macht nichts, ich will es nur wissen.“
    „Als du in der Küche warst, hat Jamie mich gefragt, ob du auch aus Österreich bist. Er hat dich für eine Irin gehalten, wegen deiner roten Haare. Ich hab ihm gesagt, dass du eine Zigeunerin, eine Romni bist …, war das ein Fehler?“
    „Nein. Mach dir keine Sorgen. Schlaf jetzt. Ich übernehme die erste Wache. Ich kann sowieso nicht schlafen.“
    Bewaffnet mit einer Flasche Mineralwasser verlasse ich das Zelt und schleiche Richtung Bar. In der Baracke brennt kein Licht mehr. Im Schutz des ausrangierten Doppeldeckers putze ich mir die Zähne.
    Plötzlich vernehme ich Claires Stimme: „Lass mich in Frieden!“ Ich höre die Angst, die bei ihren energischen Worten mitschwingt. Aber ich kann sie nicht sehen.
    „Du Arschloch!!“, schimpft sie.
    Kurz darauf ein lautes Kreischen: „Nein! Nicht mit der Flasche! Damit hast du mich schon einmal aufgeschlitzt!“
    Werde ich gerade akustisch Zeugin einer Vergewaltigung? Der Schmerzensschrei, der ihren Worten folgt, dringt mir durch Mark und Bein.
    Soll ich ihr zu Hilfe eilen? Ich hasse mich dafür, dass ich zögere. Schimpfe mich eine verdammte Voyeurin.
    Eine Männerstimme. Jamies Stimme?
    „Macht nicht solchen Lärm! Wir sind nicht allein.“
    „Halt dich da raus. Einer muss es dieser Squaw ja richtig besorgen.“
    „Du darfst gerade reden. Dass du zuletzt einen hochgekriegt hast, ist mindestens zehn Jahre her.“
    Ich verlasse mein Versteck hinter dem Flieger, bin wild entschlossen, mich einzumischen.
    Eine halbnackte Claire kommt auf mich zugerannt.
    „Kann ich dir helfen?“
    „Hau ab! Schnell!“
    Verwirrt und entsetzt eile ich zurück zu unserem Zelt.
    Warum lässt sich Claire das von ihrem Mann gefallen? Oder ist Tom gar nicht ihr Mann? Ist sie mit Jamie zusammen? Oder gar mit beiden? Ich beschließe, Orlando lieber nichts von der ekelhaften Szene zu erzählen, sonst fürchtet er sich noch mehr.
    Als ich mich neben ihn lege, höre ich ihn leise und ruhig atmen. Die Schreierei dürfte ihn nicht geweckt haben. Ich kann nicht einschlafen. Am liebsten würde ich diesen schrecklichen Ort sofort verlassen. Aber wir sitzen hier nun mal fest. Ich spüre meine Wangen feucht werden. Tränen der Wut und der Hilflosigkeit.
    Das Geräusch des Generators, der die Bar und den Wohnwagen zusätzlich mit Strom versorgt, und die monotonen Geräusche der Wüste schläfern mich schließlich doch ein. Plötzlich schrecke ich wieder auf.
    „Tapp, tapp, tapp …“ Geräusche, die wie Schritte klingen, dringen an mein Ohr. Der Mond scheint genau auf unser Zelt. Ich komme mir vor wie eine lebende Schaufensterpuppe in einer hell beleuchteten Auslage.
    Ich rüttle Orlando wach und halte gleichzeitig die andere Hand auf seinen Mund.
    Erschrocken fährt er hoch. Ich deute ihm, mir sein Taschenmesser zu geben. Er kapiert nicht, was ich will.
    Ich greife nach seinem Schweizer Messer, das er unter der Decke fest umklammert. Gehe in die Hocke, ziehe in Sekundenschnelle den Reißverschluss unseres Zeltes auf und springe mit dem Messer in der Hand ins Freie.
    Keine Menschenseele weit und breit. Wind ist aufgekommen. Wahrscheinlich hat er die Heringe zum Klappern gebracht.
    Die Wüste erstrahlt silbern im Mondlicht. Merkwürdige Geräusche. Tierlaute, denke ich, während ich wie eine Idiotin mit der aufgeklappten Klinge des Schweizer Messers in der Hand dahocke und auf die dunklen Silhouetten der verfallenen Häuser starre.
    Plötzlich bilde ich mir ein, dass sich bei der Scheune ein Schatten bewegt.
    „Orlando“, flüstere ich aufgeregt.
    „Was ist?“
    „Dort drüben bei der Scheune, in der Tom die Autos repariert, da ist jemand.“
    Orlando kommt mit dem Wagenheber in der Hand aus dem Zelt gekrochen.
    „Den hab ich sicherheitshalber mitgenommen.“
    „Du bist ein Genie. Bleib bei mir. Wenn er näher kommt, springst du

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