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Blutiger Sand

Blutiger Sand

Titel: Blutiger Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kneifl
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deiner Stelle bleiben lassen. Düng lieber die Wüste.“
    Ich habe in meinem Leben schon so manch schmutzige Toilette benutzt. Doch als ich den kleinen Raum hinter der Baracke, gleich neben der provisorischen Küche betrete, dreht sich mir der Magen um. Die Tortilla kommt mir angesichts des vollgeschissenen Klos wieder hoch. Auf dem halb verfliesten Boden stehen kleine gelbliche Lacken. Neben der Tür liegt ein Schlauch. Das eine Ende ist an einem Wasserhahn befestigt, das andere hängt in einem Eimer. Ich fasse den Schlauch nicht an. Werfe die Tür hinter mir zu und mache ein paar Schritte hinaus in die Wüste. Erleichtere meine Blase hinter einem kleinen Busch. Es ist bereits dunkel.
    Jamie erzählt Orlando gerade von seinen Abenteuern im Ersten Golfkrieg, als ich zu ihnen zurückkehre.
    Orlando fallen schon die Augen zu.
    „Warum legst du dich nicht hin? Ich komme gleich nach.“
    „Ich brauche eine Taschenlampe.“
    „Wir haben eine zweite im Handschuhfach. Bring auch unsere anderen Sachen ins Zelt“, sage ich zu ihm.
    Ich höre mir weiter Jamies Kriegsgeschichten an. Er ist ein guter Geschichtenerzähler, übertreibt aber bestimmt das eine oder andere. Obwohl ich es für nicht angebracht halte, muss ich lachen, als er mir erzählt, wie er mit einem alten Motorrad komplett eingeraucht in eine Bar in Bagdad gerast ist, direkt durch die Fensterscheiben. Auch die Geschichte, wie er und seine Kameraden, dieses Mal auf Speed, vor ein paar kleinen Kindern geflohen sind, weil die ihnen wie riesige Monster erschienen sind, finde ich komisch.
    Zu fortgeschrittener Stunde fragt er mich, was wir eigentlich in dieser gottverlassenen Gegend zu suchen hätten. „Touristen lieben zwar das Death Valley, aber nicht ausgerechnet diese Gegend hier. Oder seid ihr Charles-Manson-Fans?“ Er lacht allein über seinen blöden Witz.
    „Nicht wirklich. Allerdings interessiere ich mich für Kriminalfälle“, sage ich mit ironischem Unterton. „Hat hier nicht vor einigen Jahren mal ein Raubüberfall stattgefunden?“
    „Wer hat dir das erzählt?“
    Volltreffer, denke ich bei mir. „Ein Bekannter. Warst du damals schon in dieser Gegend?“
    Jamie verneint. „Ich hab davon gehört. Tom hat mir erzählt, dass die früheren Besitzer erschossen worden sind. Ich war zu der Zeit in Afghanistan im Einsatz. Warum interessierst du dich für diese alte Geschichte?“
    „Ich weiß auch nicht. Vielleicht weil meine Eltern vor zwanzig Jahren auf einem Campingplatz in der Nähe von Amarillo ermordet worden sind. Ihre Mörder wurden lange nicht gefasst. Erst vor kurzem hat das FBI einen der beiden festgenommen.“
    „Wahnsinn! Nach so vielen Jahren? Das ist cool.“
    „Derselbe Mann hat höchstwahrscheinlich auch den Doppelmord auf dieser Tankstelle hier begangen. Es gibt beim FBI in Las Vegas eine Cold-Case-Abteilung. Die Detectives dort leisten gute Arbeit. Wir haben gestern lange mit einem von ihnen geredet.“
    Meine Worte scheinen ihn nicht sonderlich zu beeindrucken. Er nimmt wieder die kleine Pfeife aus der Brusttasche seines Jeanshemdes und zündet sie an.
    „Willst du auch einen Zug?“
    „Marihuana?“
    Er schüttelt den Kopf.
    „Was sonst?“
    „Crack. Probier mal, es ist absolut das Beste. So gut hast du dich noch nie in deinem Leben gefühlt, glaub mir.“
    Ich lehne dankend ab. Greife nach meinem Whiskyglas.
    Jetzt ist mir alles klar. Jamies Erzählungen werden mit jedem Zug, den er macht, abenteuerlicher und aufregender. Dieses chemische Zeugs aus Kokainsalz und Natron wirkt extrem schnell, allerdings nur kurz, höchstens fünf bis fünfzehn Minuten, deswegen muss man auch dauernd nachlegen. Als ehemalige Barkeeperin weiß ich über Crack Bescheid. Gesteigerte Aufmerksamkeit, gesteigertes sexuelles Verlangen, starker Redezwang, Neigung zu Selbstüberschätzung und Größenwahn …
    Eine knatternde alte Harley hält vor unserem Tisch.
    Tom, der jetzt eine Lederjacke über seinem nackten Oberkörper trägt, steigt ab. Ich wundere mich über das Motorrad. Hat er nicht vor ein paar Stunden mit seinem Pick-up den BMW in die nächste Stadt abgeschleppt?
    „Bring mir ein Bier“, sagt er zu Jamie, „und dreh das Gewinsel ab. Ich kann Elvis nicht ausstehen.“
    „Möchtest du den King weiter hören?“, fragt Jamie mich.
    Ich schüttle den Kopf.
    „In the Ghetto“ erinnert mich an das Begräbnis meiner Eltern. Damals war ihr Lieblingssong an ihrem offenen Grab gespielt worden.
    „Bring mir was zum Essen, Weib“, schreit

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