Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)
näher heran.
»Darf ich mal?«, fragte er den Besitzer der Zeitung und wechselte in seinen irischen Akzent.
»Bedien dich«, erwiderte der Mann mit freundlichem Lächeln.
Doyle las noch einmal die Schlagzeile und überflog rasch den Artikel über den Tod des Priesters und seiner Frau.
»Furchtbare Geschichte«, kommentierte der Mann neben ihm mit einem Nicken in Richtung Zeitung.
»Der hat’s nicht besser verdient«, meinte Doyle geradeheraus und lächelte den anderen an. »Die letzten fünf oder sechs Jahre hat er nichts anderes getan, als unser Anliegen schlechtzureden.«
»Dann willst du mir jetzt wohl auch erzählen, dass seine Frau es ebenfalls verdient hat«, reagierte der Mann gereizt.
Doyle zuckte die Achseln und tat so, als lese er die Zeitung.
Überleg dir, was du sagst. Nicht übertreiben.
»Vielleicht hat sie’s ja verdient«, sagte er gleichgültig. »Sie und diese Kerle in Stormont. Was mussten die sich einmischen? Was bringt die auf die Idee, sie könnten die ganze verdammte Welt zurechtbiegen?«
»Ach, du bist ja nicht ganz dicht«, meinte der Mann mit einer wegwerfenden Handbewegung.
»Was ist los, George?«
Eine andere Stimme mischte sich in die Unterhaltung ein. Sie gehörte einem hochgewachsenen braunhaarigen Mann, der am Tresen lehnte, als brauchte er eine Stütze. Er sprach ein wenig undeutlich, was Doyle verriet, dass der Mann schon zu viel getrunken hatte.
Perfekt, dachte er.
»Der Kerl hier«, sagte der Besitzer der Zeitung, indem er mit dem Daumen auf Doyle zeigte. »Er meint, der alte Pithers hätte es verdient.«
»Der und die anderen auch«, erklärte Doyle laut. »Für wen halten die sich überhaupt? Friedensplan. Zum Teufel damit. Es ist ein Jammer, dass sich die IRA mit den verfluchten Briten und den Protestanten an einem Tisch zusammensetzt. Die hätten weitermachen sollen wie bisher.«
»Wie lange lebst du schon in dieser Stadt, Mann?«, wollte der Betrunkene wissen. Er schob sich an seinem Kameraden vorbei. »Lange genug, um die beschissenen Bomben hochgehen zu sehen und zu erleben, wie sie die Leute abknallen? Es gab eine echte Chance, Frieden zu schließen, und diese Scheißrebellen, oder wie die sich nennen, haben sie kaputtgemacht.«
Alles klar, Sonnenschein. Der Köder ist gelegt, und du hast nach ihm geschnappt. Jetzt muss ich nur noch die Angel einholen.
»Na und?«, erwiderte Doyle spöttisch. »Ich hoffe, die legen noch ein paar mehr um.« Er hob sein Glas zu einem Trinkspruch. »Auf die Rebellen«, sagte er lächelnd.
»Du Arschloch«, fauchte der Betrunkene und ging auf ihn los.
Bingo!
Doyle trat von der Bar zurück und wich dem Angriff mit Leichtigkeit zur Seite aus, doch der Mann fuhr zu ihm herum und machte Anstalten, Doyle zu schlagen.
»Hört auf damit«, rief der Mann hinter dem Tresen, als er bemerkte, dass sich Ärger zusammenbraute.
»Du hast ’n ziemlich großes Maul«, knurrte der Betrunkene und funkelte Doyle an.
»Dann stopf es mir doch, du Scheißer«, krächzte er und wartete auf den unvermeidlichen Angriff. Doyle wich einen Schritt in Richtung des freien Pooltischs zurück, auf dem zwei Queues lagen.
»Lass ihn, Tommy«, meinte jemand weiter vorne am Tresen, aber der Betrunkene konnte seine Wut nicht bändigen. Der Schnaps hatte seinen Verstand vernebelt.
»Ich reiß dir deinen beschissenen Kopf ab«, zischte er Doyle zu.
»Na los, dann tu’s doch!«
Der Mann stürzte sich auf ihn.
Von seinem Platz an einem Ecktisch beobachtete Billy Dolan die Szene interessiert.
37
Der Angriff wirkte unbeholfen.
Doyle wich der Attacke des Betrunkenen mühelos aus, während sich seine Hand um eines der Queues auf dem Billardtisch schloss.
Als der Mann zu Doyle herumwirbelte, hielt der das lange Stück Holz fest umklammert und schwang es mit brutaler Gewalt. Der Schlag traf seinen Gegner mitten ins Gesicht. Das dicke Ende des Queues stieß voll gegen den Mund und zerschmetterte ihm zwei Vorderzähne. Der Schmelz löste sich ab, und ein Zahn wurde aus dem Kiefer gerissen und in die Unterlippe getrieben. Blut spritzte aus der scheußlichen Wunde, und der Mann fiel auf die Knie und hielt beide Hände vor das klaffende Loch. Er stöhnte vor Schmerzen, während ihm andere zu Hilfe kamen.
Doyle erwog, ihm mit dem Queue einen Schlag auf den Kopf zu verpassen, doch schließlich warf er es beiseite und konzentrierte sich auf die beiden anderen Männer am Tresen, die vor Beginn der Schlägerei auf der Seite seines Gegners gestanden hatten. Einer
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