Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)
Augen wirkten in diesem Moment wie saphirfarbene Suchscheinwerfer.
»Du hast recht«, stimmte er schließlich mit tiefer, grollender Stimme zu. »Ich weiß tatsächlich, was getan werden muss, aber das macht es nicht leichter. So lange ich zurückdenken kann, haben wir die britische Regierung immer als unseren Feind betrachtet. Es sind ihre Soldaten, die auf unseren Straßen patrouillieren, es ist ihre Politik, die in den sechs Grafschaften regiert. Aber jetzt ist das alles anders. Der Feind trägt keine kakifarbene Uniform mehr. Wir haben jetzt keinen Streit mit den Briten oder mit den beschissenen Protestanten. Wahrscheinlich befinden sich schon längst britische Agenten in Irland. Wenn ja, ist es mir eigentlich egal. Das hier ist unser Problem, und wir werden es auf unsere Art lösen.« Er räusperte sich und hielt sich dabei eine Hand vor den Mund. »Wir wissen, dass Maguire und seine Männer für die Schießerei in Stormont verantwortlich sind. Wir wissen, dass sie Pithers und dessen Frau erschossen haben. Was wir nicht wissen, ist, warum sie es getan haben.« Er sah sich im Raum um. »Wir müssen herausfinden, wer sie dafür bezahlt hat. Ich stimme Joe zu: Was sie angerichtet haben und noch anrichten können, hat dem Image der IRA schweren Schaden zugefügt. Deswegen müssen wir sie erwischen. Sie erwischen und erledigen.« Er lächelte schmallippig. »Wir kämpfen nicht länger gegen die Briten. Wir kämpfen gegen uns selbst.«
»Was glaubst du, wer dahintersteckt, Jerry?«, fragte Rice.
»Wahrscheinlich die beschissenen Protestanten«, fluchte Hagen.
»Warum sollten sie?«, fragte Coogan herausfordernd. »Sie wollten den Frieden hier mehr als die meisten anderen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Ehrlich nicht. Aber wer immer auch dahintersteckt, wusste ganz genau, was er tut. Wir sind alle wieder in dem Stadium angekommen, dass wir uns gegenseitig nicht trauen. Wenn nicht schnell etwas unternommen wird, gehen die Beziehungen den Bach runter, und wir stehen wieder ganz am Anfang.«
»Vielleicht wär das gar nicht so schlecht«, murmelte Hagen.
»Red keinen Scheiß, Joe«, schnappte Coogan. »Wir können diesen Krieg gegen die Briten nicht unendlich lange führen, und außerdem hat man unsere Forderungen erfüllt. Wir haben alle viel zu lange gekämpft, um den Punkt zu erreichen, an dem wir jetzt stehen. Nicht nur wir, sondern auch unsere Väter und Großväter. Wir hatten gewonnen .« Er musterte Hagen eisig und fixierte den Mann mit der ganzen Eindringlichkeit seines Blicks. »Wenn wir Maguire erwischen, dann hat sich all das Leid im Laufe der Jahre gelohnt. Aber wir müssen schnell sein.«
»Wie viele Männer hat er bei sich?«, fragte Rice.
»Vier oder fünf«, sagte Hagen. »Wir kennen ihre Namen.«
Coogan nickte, und Hagen zählte sie wie aus der Pistole geschossen auf.
»Billy Dolan. Damien Flynn. Paul MacConnell und Michael Black. Und natürlich Maguire selbst. Es könnten noch ein paar mehr sein, aber das glaube ich nicht.« Hagen leerte sein Glas.
»Wie ich schon sagte, wahrscheinlich haben die Briten auch jemanden auf sie angesetzt«, meinte Coogan. »Aber es ist wichtig, dass wir sie zuerst finden.« Sein Blick wanderte in Richtung des Mannes in der gegenüberliegenden Ecke des Raums. Bisher hatte dieser nichts gesagt, sondern lediglich dagesessen und zugehört, ohne eine Miene zu verziehen. Seine Gesichtszüge wirkten wie aus Granit gemeißelt. Die Augen, mit denen er Coogan betrachtete, verbargen sich halb unter schweren Lidern. Die Falten auf seiner Stirn sahen aus, als hätte jemand eine Gabel über die Haut gezogen. Auch um die Augenwinkel gab es tiefe Furchen. Er wirkte älter als die 27 Jahre, die er tatsächlich auf dem Buckel hatte.
»Wir kriegen sie«, betonte Simon Peters mit leiser Stimme. »Ich habe bereits Männer auf sie angesetzt. Auf ihre Wohnungen und ihren letzten bekannten Aufenthaltsort. Wir kriegen sie.«
»Und ihre Auftraggeber«, erinnerte ihn Coogan.
Peters nickte.
»Was ist mit den Briten?«, fragte er. »Du glaubst, sie haben Maguire bereits Männer auf den Hals gehetzt. Was ist, wenn sie uns in die Quere kommen?«
Coogan rieb sich für einen Moment nachdenklich das Kinn.
»Legt sie auch um«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
36
Das Klacken der Billardkugeln konnte man über den Lärm, der aus der Jukebox drang, kaum hören.
Sean Doyle saß am Tresen von The Standing Stones und betrachtete abwechselnd die anderen Gäste und den
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