Blutiger Spessart
gegen ihn verwendete, wenn er da so einfach hineinspazierte. Kurz entschlossen holte er den betäubten Wächter und schleppte ihn zur Tür. Dort legte er ihn ab. Langsam betätigte er die Klinke. Sie ging lautlos. Er wunderte sich, dass nicht abgeschlossen war. Anscheinend fühlten sich die Verbrecher sicher.
Kerner zog vorsichtig die Türe auf. Er konnte eine ziemlich steile Treppe erkennen, die in die Tiefe führte. Von unten drang ein diffuser Lichtschein herauf.
Ihm blieb keine andere Wahl, als sich den betäubten Mann über die linke Schulter zu wuchten. Mit der Rechten zog er seine Waffe und stieg langsam und fast lautlos die Treppe hinunter. Der Ohnmächtige hatte ein ziemliches Gewicht. Kerner begann trotz der Kühle zu schwitzen.
Wenig später konnte er fast den ganzen Kellerraum einsehen. Mit einem Blick erfasste er die Situation. Ein Mann in der Nähe von Steffis Bett, der ihm den Rücken zugedreht hatte, wandte sich überrascht um. Seine Schrecksekunde dauerte allerdings nichts lange. Er warf sich auf dem Absatz herum und riss eine Pistole aus dem Schulterholster. Gleichzeitig bewegte er sich auf Steffi zu.
Kerner reagierte blitzschnell. Er warf den Betäubten von der Schulter, riss mit beiden Händen den Revolver in die Höhe, ging leicht in die Hocke und feuerte zweimal schnell hintereinander. Die beiden Hohlspitzgeschosse trafen die Körpermitte. Der Mann kam nicht mehr zum Schuss. Er wurde von der Wucht der Projektile hart nach hinten gerissen und landete auf dem Boden.
»Waffe weg!«, brüllte Kerner ihn an und kam näher. Der Entführer stieß einen tierischen Schrei aus und richtete die Pistole unter Aufbietung aller Energie in Richtung Bett.
Aus einer Entfernung von knapp drei Metern feuerte Kerner auf die Schulter. Das Geschoss zertrümmerte das Schultergelenk. Die bewaffnete Hand sackte willenlos zu Boden. Die Pistole entglitt seinen Fingern.
Kerner machte zwei schnelle Schritte und kickte die Pistole zur Seite. Mit vorgehaltener Waffe trat er näher. Doch er sah sofort, dass von diesem Burschen nichts mehr zu befürchten war. Die beiden ersten Schüsse hatten den oberen Bauchraum getroffen und zeigten jetzt ihre volle Wirkung. Wenn er das richtig einschätzte, war nicht mehr viel zu machen. Trotzdem nahm er Emolinos Handy und rief die Notrufzentrale an. Er beschrieb genau, wo der Keller zu finden war, dann legte er ohne nähere Angaben zu seiner Person auf.
Schnell trat er an das Bett zu Steffi, die mit verdrehten Augen vor sich hin lallte. Er sah das Spritzbesteck auf dem Stuhl. Wahrscheinlich hatte der verdammte Kerl ihr gerade erst einen weiteren Schuss gesetzt. Kerner wollte keine Zeit verlieren, deshalb zerschoss er mit den beiden letzten Patronen, die er noch in der Waffe hatte, die Ketten der Handschellen. Ohne Zögern trat er zu dem Mann, den er oben niedergeschlagen hatte, und durchsuchte seine Taschen. Einen Augenblick später hielt er den Autoschlüssel des Geländewagens in der Hand. Mit Schwung warf er sich seine Freundin über die Schulter und hastete die Kellertreppe hinauf. Eilig trug er sie zum Geländewagen.
Kerner öffnete die Tür und legte Steffi vorsichtig auf den Rücksitz, dann schwang er sich hinters Steuer. Sein Motorrad konnte er später holen. Der Motor des Fahrzeugs sprang sofort an, und Kerner gab Gas. Ohne Mühe überwand er den Feldweg und bog in Richtung Dorf ab.
Mit überhöhter Geschwindigkeit durchquerte er erneut Massenbuch und fuhr so schnell es ging ins Maintal hinunter. Kurz vor Kleinwernfeld kamen ihm mit heulenden Sirenen und blinkenden Blaulichtern ein Notarztwagen und ein Rettungsfahrzeug entgegengerast. Dem angeschossenen Verbrecher werden sie wohl kaum noch helfen können, dachte er, konzentrierte sich dann aber auf die Straße.
Bei Gemünden überquerte Kerner den Main und steuerte in Richtung Lohr. Sein Ziel war das dortige Bezirkskrankenhaus, das auf Drogenfälle spezialisiert war. Hoffentlich war Steffi noch zu retten!
Fast ungebremst preschte er bis zum Eingang der Notfallambulanz durch. Mit quietschenden Reifen kam er schleudernd zum Stillstand. Dabei drückte er nachdrücklich die Hupe. Das laute Signalhorn alarmierte einen Krankenpfleger, der herausgesprungen kam.
Kerner stieg aus und erklärte ihm kurz, dass die Frau auf seinem Rücksitz vermutlich eine überhöhte Dosis Heroin gespritzt bekommen hatte.
Der Mann zögerte nicht lange. Er rannte durch den Eingang und kam wenige Augenblicke später mit einer fahrbaren Trage und
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