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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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mähten sich durch die Reihen der Feinde wie eine Sense durch Gras, doch sie scherten sich um nichts und niemanden. Durch ihre Hand starben nicht nur unzählige Feinde, sondern auch Verbündete. Sobald sie das Schlachtfeld betraten, wurde aus dem Kampf ein Gemetzel, das niemanden verschonte. Es war egal, ob man klug oder stark, feige oder mutig war, ein Blutbad hatte seine eigenen Gesetze.
    Rator war jedoch nicht im Krieg, und das tiefe, lang anhaltende Hornsignal hatte für ihn keine Bedeutung. Irgendjemand musste es gehört haben und wusste, was zu tun war. Der Ton war fast verklungen, da begann das armdicke Tau, sich weiter von der Decke zu senken und den Käfig in Rators Reichweite zu bringen.
    Das Seil stoppte abermals, und Rator konnte gerade das Ende einer herunterhängenden Kette erreichen. Wenn man daran zog, entfernte man einen Splint aus dem Boden des Käfigs, und das Essen fiel herunter. Rator zögerte. Warum so einen Aufwand für ein paar Brote und etwas Grünzeug? Hatten seine Gönner Angst vor ihm? Wollte man verhindern, dass er in den Korb kletterte und mit nach oben fuhr?
    Rator zog an der Kette. Der Boden des Käfigs tat sich auf, und die Lebensmittel stürzten herab. Der Oger bemühte sich noch nicht einmal, auch nur etwas davon aufzufangen. Gelangweilt schaute er einem Kohlkopf hinterher, der vom obersten steinernen Podest hinunterrollte. Das Essen würde gut und gerne eine Woche reichen, wenn man sich damit abfand, dass nichts davon wirklich auf die Speisekarte eines Ogers gehörte.
    Deprimiert schaute Rator auf den Kadaver des toten Wolfes. Mehr als eine Mahlzeit war von dem Tier nicht mehr übrig, wenn das Fleisch nicht sogar bereits faul war. Er würde es einfach länger über dem Feuer rösten, dann schmeckte es zwar nach verbranntem Pech, aber man wurde jedenfalls nicht krank davon. Wenn er nur an seine Waffe herankäme, dann würde es jeden Tag Wolfsfleisch geben.
    Quietschend schwangen die Gitterböden des Käfigs hin und her. Die Luke an der Höhlendecke öffnete sich kein zweites Mal, dafür wurde aber der Käfig nach kurzer Zeit wieder heraufgezogen und verschwand alsbald in der Dunkelheit.

18
Gastfreundschaft

    Es war noch früh am Morgen. Die nächtliche Kälte hatte die Feuchtigkeit aus dem Boden gesogen und diese als dichten Nebel über die Küstenregion gelegt. Sanft hörte man die Wellen ans Ufer schwappen und die Schreie der Möwen, wenn sie hinter einem der Fischerboote herflogen und nach Abfällen Ausschau hielten. Der Nebel war undurchdringlich. Die Sicht reichte kaum einen Steinwurf weit, und nur ab und zu lösten sich alte Eichen und kahle Felsen aus ihm heraus, zogen vorbei und tauchten dann wieder in den Schleier ein.
    Hagmus lederner Brustschild sowie der Beinschutz und die Riemen um Arme und Beine waren von der Feuchtigkeit aufgequollen und stumpf. Sein eingefettetes filziges Haar trotzte hingegen der Nässe, und er spürte, wie kalte Tropfen daran herunterrannen und die Kopfhaut benetzten. Sein weißer Atem stand vor seinem Mund wie ein Banner. Er hielt an und drehte sich um. Stumm und mit eisigen Mienen folgte ihm sein kleines Heer. Fast ein Dutzend Krieger hatte ihn die Flucht aus dem brennenden Wald gekostet. Die Flammen und der Rauch hatten ihnen den Atem genommen. Halb erstickt und mit Brandwunden übersät, schafften es einige von denen, die den Anschluss zu dem Haupttrupp verpasst hatten, dennoch aus dem Inferno heraus und warfen sich keuchend in den kleinen Fluss. Hüttenbauer versammelten sich daraufhin um sie. Brüllend, mit hoch erhobenen Forken und Schaufeln, kreisten sie die schwer verletzten Oger ein. Ihr Mut reichte dennoch nicht aus sie anzugreifen. Erst als einer der Priester den ersten Schlag wagte, droschen die anderen mit auf die vermeintlichen Feinde ein. Jubelschreie kündeten von dem Tod der Oger.
    Ganz taub durch die eisige Kälte des Steines in seiner Augenhöhle, wischte Hagmu sich über das Gesicht. Nach so vielen Jahren nässte die Wunde immer noch und erinnerte ihn schmerzhaft an die Heimtücke der Menschen. Jetzt war die Zeit gekommen, den Hüttenbauern zu zeigen, mit wem sie sich eingelassen hatten. Sie mussten bestraft werden für all das, was sie den Ogern angetan hatten - was sie ihm angetan hatten.
    Er würde ein Zeichen setzen, das Zeichen Tabals - den brennenden Turm. Jeder sollte sehen, was es hieß, die Kinder Tabals nicht zu fürchten. Seine Rache würde die Stadt treffen, die sie Sandleg nannten.
    Seit zwei Tagen hatte Hagmu die

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