Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
Vom Netzwerk:
Hintern setzte sich das Tier in Bewegung.
    »Ihr solltet Euch mehr um den Hof kümmern, sonst ist er bald nur noch eine Lagerstätte für Goblins«, schrie der Junge aus sicherer Entfernung, drehte sich dabei aber noch nicht einmal um, sondern gab dem Gaul die Sporen.
    »Oder für Schlimmeres«, murmelte Hagrim.
    Das Pferd war gerade zwischen den alten knorrigen Bäumen verschwunden, da flog eine Schaufel im hohen Bogen vor Hagrims Füße. Sie verfehlte ihn nur um ein paar Fuß. Kurz darauf erhob sich Mogda aus dem Grab. Cindiel beobachtete mit Staunen, wie kraftvoll und mühelos der Oger seinen Körper aus der tiefen Kuhle schob. Sie hatte Mogda etwas zu dick und ein wenig träge in Erinnerung, doch anscheinend hatte das Leben in den Bergen seinem Körper gutgetan, was man von seinem Gemüt nicht gerade behaupten konnte.
    Bedrohlich schritt Mogda auf Hagrim zu. Er hob die Schaufel auf und hielt sie dem Geschichtenerzähler hin. »Zu tief für ein Grab«, wiederholte er knurrend die Worte des Jungen.
    »Was soll ich damit?«, fragte Hagrim störrisch.
    »Ich kenne ein Sprichwort, das gut zu deinem angeblichen Begräbnisritual passt.«
    »Und?«, fragte Hagrim spöttisch.
    »Ist das Grab zu groß für ein, lege lieber zwei hinein.« Mit diesen Worten schlug Mogda dem Alten den Schaufelstiel vor die Brust. Hagrim blieb nichts anderes übrig, als nach der Schaufel zu greifen, damit der Schlag ihm nicht die Rippen brach.
    »Du wirst es zuschaufeln, wenn ich Usil hineingelegt habe, oder selbst darin liegen«, drohte Mogda und verschwand in Richtung Schuppen.
    »Und was dann?«, rief Cindiel ihm nach.
    Mogda sprach zu ihr, während er in der Scheune verschwand. »Der Junge war hier, um Schergen für den Krieg zu suchen. Ein Heer von tausend Mann und eine ganze Stadt gegen siebzig Oger hört sich nicht gerade ausgewogen an. Ich ziehe in Betracht, mich den Menschen anzuschließen, ansonsten ist Sandleg wohl verloren.«

17
Der Spalt

    Langsam und kaum sichtbar sickerte das Wasser durch den granitartigen Fels der Höhlendecke. In kleinen Rinnsälen kroch es am Gestein herab, suchte sich den leichtesten Weg und schwemmte dabei Stück für Stück kleine Kalkablagerungen mit sich, die wie milchige Splitter aussahen. Zu guter Letzt sammelte sich die Feuchtigkeit an den Enden der Felsspitzen zu großen schweren Tropfen, die sich träge vom Fels lösten und in die Tiefe stürzten.
    Rator schreckte aus dem Halbschlaf hoch und riss fluchend an der Kette um sein Fußgelenk. Der Ring aus Eisen um seinen Knöchel fühlte sich an wie eine eisige Umklammerung. Rator war es gewohnt, Metall auf seiner Haut zu spüren. Egal, ob es die Nieten seines Brustpanzers waren, die bronzenen Bandagen um seinen Unterarm oder eine blanke Klinge in seinem Hosenbund, irgendwann hatte sich das Metall so weit erwärmt, dass er es nicht mehr spürte. Dieser Ring jedoch tat nichts dergleichen. Eher noch hatte Rator das Gefühl, er wolle ihm die Wärme aus dem Körper ziehen.
    Fortwährend spürte er die Fessel, und wenn es nicht die Kälte war, schien sie das eine Mal zu eng und kurz darauf wieder zu weit zu sein, sodass sie bei jeder Bewegung an seinem Knöchel scheuerte. Und als ob dies alles noch nicht genug der Marter war, hielten ihn die ständigen Tropfen von der Höhlendecke wach. Egal, wie er sich hinlegte, egal, welchen Schutz er sich suchte, der Tropfen fand immer wieder den Weg in sein Gesicht.
    Rator hasste nicht die Feuchtigkeit, nicht das Wasser, das sich in kleinen Pfützen gesammelt hatte und seinen Durst löschte, er hasste den Tropfen. Er war sich sicher, dass es immer derselbe Tropfen war, der sich von der Decke löste, genau zwischen Nasenflügel und Auge zerplatzte und dann wieder seinen Weg zurück an die Decke suchte, um sich erneut auf ihn zu stürzen.
    Rator hätte sich selbst verfluchen können. Wie hatte er so leichtgläubig sein können und sich an dieses Eisen fesseln lassen, nein, sich selbst daran gefesselt? Was war, wenn der Riese ihn angelogen hatte oder die Zeit bis zur Ankunft von Tabal noch ewig hin war? Vor Wut brüllend, riss er an der Kette. Schrittlänge um Schrittlänge zog er die blanken Ringe aus dem Pechtümpel und ließ sie vor seine Füße fallen. Die Kette hatte kein Ende, aber seine Wut klang mit der Erschöpfung, welche die Tätigkeit brachte, langsam ab. Er sank auf die Knie und grub die Hände tief in den Berg aus Kettengliedern. Zu schwer war das Metall, um es fortzutragen, und noch viel schwerer würde es

Weitere Kostenlose Bücher