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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Rator fühlte sich ihr gegenüber schuldig.
    Er nickte stumm und schaute zurück auf Hagmu. Der Kriegsoger schien gefunden zu haben, wonach er suchte. Mit Gewalt riss er den Lederbeutel von Mogdas Gürtel, wog ihn einen Moment in seiner Hand. Das gesunde Auge kniff er zusammen, als ob er durch die Tierhaut hindurchblicken könnte. Er packte den Beutel an der Naht und riss ihn auseinander. Der schwarze Kristall fiel auf Mogdas blutverschmierte Brust. Rator erkannte den Stein wieder, es war derselbe, den Mogda Gnunt gegeben hatte, als Andenken für den Kampf gegen Eliah. Hagmu griff sich den Splitter und hielt ihn hoch. Der schwarze Stein in seiner Augenhöhle schien zu funkeln. Nicht nur die blaue Flamme reflektierte sich darin, es war noch etwas anderes. Tränen quollen zwischen Fleisch und Stein aus Hagmus Augenhöhle. Tränen, die aussahen, als ob sie aus purem Licht bestünden. Hagmus Faust umklammerte den schwarzen Stein, dann stieß er ihn hinab.
    Rators Herz setzte einen Moment aus, als ob es seine Brust war, die von dem Splitter durchbohrt wurde. Er starrte auf Mogdas Leichnam. Der Splitter steckte tief in dessen Brust, dort, wo früher sein Herz schlug. Hagmu wich keuchend zurück, hielt sich an der Lehne des Throns fest und kniete daneben, den Blick zu Boden gerichtet.
    Der Splitter in Mogdas Brust versackte langsam, wie ein Stein, den man ins Moor warf. Nach einem Augenblick war nichts mehr von ihm übrig als ein schwarzer Fleck auf der Brust. An der Stelle, wo der verbogene Bronzespeer aus seinem Körper ragte, zischte und brodelte es. Blut vermischte sich mit flüssigem Metall. Beißender Geruch stieg Rator in die Nase. Der Schaft des Speeres neigte sich und fiel klirrend zu Boden. Die flüssig gewordene Bronze versickerte in der Wunde und wurde von dem schwarzrot geronnenen Blut übertüncht. Knochen barsten im Körper seines Freundes, Schnitte und Schürfwunden schlossen sich. Der schwarze Fleck auf seinem Herz, der von dem schwarzen Splitter übrig geblieben war, verformte sich, zog sich in die Länge, teilte sich wie die Triebe einer jungen Pflanze und wucherte über den Körper. Von Zeit zu Zeit drangen sie in den Körper ein, um sich an anderer Stelle wieder herauszuwinden. Blut ergoss sich über die Linien, färbte einige Teile rot oder vermischte sich mit dem Schwarz. Die Linien schienen den ganzen Körper bedecken zu wollen, sie zierten sogar Mogdas Hals. Eine wanderte unter seinem Kinn entlang, kroch über die Wange und endete plötzlich an der Schläfe. Einige Stellen verblassten wieder, und erst jetzt erkannte Rator, was sie wirklich waren: Runen wie die, die auch er auf dem Köper trug, nur waren sie zahlreicher und in Rot und Schwarz gefärbt. Jeder Kriegsoger trug diese Bemalung, sie war heilig. Nur wurde die an seinem Körper wie auch bei den anderen von einem Orkschamanen tätowiert und war nicht wie bei Mogda durch eine unsichtbare Hand entstanden. Weder er noch seine Kameraden wussten, was die Runen zu bedeuten hatten, für sie waren es nur Zeichen der Zusammengehörigkeit und Symbole Tabals.
    Von den zahlreichen Wunden an dem Leichnam war nichts mehr zu sehen, selbst die Prellungen schienen verschwunden. Mogda wirkte, als ob er schlief - bis der Brustkorb sich hob und anschwoll, als ob er platzen wollte. Einen Augenblick lang verharrte er so, dann stieß er seinen Atem zwischen bebenden Nasenflügeln mit einem tiefen Brummen heraus. Sein Mund öffnete sich einen Spalt und gab einen gequälten Laut von sich. Hände und Füße zuckten, suchten Halt auf dem steinigen Boden und ließen ihn zur Seite rollen. Mühsam erhob sich Mogda und schlurfte auf den Thron zu. Er sackte in sich zusammen und ließ sich auf den Herrschersitz fallen wie ein alternder König.
    »Mogda sein Tabal«, hörte sich Rator selbst sagen.

43
Die Götter erwachen

    Mogdas Glieder schmerzten, doch war es nicht so wie sonst, wenn er vom Kampf geschunden oder nach einem Sturz wieder zur Ruhe kam und sich seine Blessuren besah. Der Schmerz war taub und schien nicht zu ihm zu gehören. Er hatte Schwierigkeiten zu atmen. Etwas steckte in ihm - kalt und eisig. Er würgte und hustete. Scharfkantig schnitt es durch seine Kehle und kroch in seinem Hals nach oben. Er hustete ein letztes Mal, bekam den Fremdkörper in den Mund und spie ihn aus. Klirrend hüpfte der kleine Bronzezylinder auf den Steinen umher und rollte in einen Felsspalt. Mogda erinnerte sich nur noch wie aus einem Traum an den Speer des Riesen, der ihn

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