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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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von den Propellerflügeln erschwert, und es war zu dunkel, um von oben viel zu sehen.
    Als sie über Bracebridge flogen, tippte Delorme mit dem behandschuhten Finger ans Fenster. »Keine Autos!«, rief sie Cardinal zu.
    Es stimmte. Der Highway zog sich wie ein blassgraues Band zwischen den Bergen hindurch, vollkommen leer. Eine Geisterautobahn.
    Dennoch verlief der Helikopterflug so reibungslos, dass man kaum verstand, wieso der Linienflug gestrichen worden war – bis sie landeten. Der Pilot stieg als Erster aus und fiel platt auf die Nase; die Rollbahn war eine einzige dicke Eisfläche. Außer zwei Mann Wachpersonal und einem einsam dreinschauenden Mann vom Wartungsdienst war der Flughafen wie ausgestorben.
    »Das ist unheimlich«, sagte Delorme. »Genau wie in einem Traum, den ich früher dauernd hatte.«
    Die Frau des Piloten wartete mit laufendem Motor auf dem Parkplatz. Cardinal und Delorme lehnten das Angebot, sie mitzunehmen, dankend ab – dummerweise, wie sich herausstellte. Der Wagen, den Delorme am Flughafen gelassen hatte, war zu einer Eisskulptur gefroren. Sie brauchten eine halbeStunde, um die Türen aufzubekommen, was ihnen mit ein paar Hämmern gelang, die sie sich von dem Wartungsmann hatten ausleihen können.
    Es war ein frustrierendes Unterfangen. Cardinal fiel mehrmals auf die Knie, und seine Sehnsucht, nach Hause und ins Warme zu kommen, nahm mit jeder Minute zu. Delorme trotzte der Schwerkraft mit Leichtigkeit und fiel nicht einmal hin, sondern leistete effiziente Arbeit, auch wenn sie sich in ein paar Flüchen Luft machte, das erste Französisch, das Cardinal je gelernt hatte – auf dem Spielplatz, nicht in der Schule.
    Der Highway in die Stadt war gefährlich, auch wenn viel Salz gestreut war. An den Straßenrändern und Rinnsteinen standen verlassene Fahrzeuge in abenteuerlichen Winkeln zur Fahrbahn verstreut. Nirgends waren Fußgänger zu sehen. Ein einziges weiteres Auto leistete ihnen auf der Straße Gesellschaft, ein roter Minivan direkt vor ihnen, der mehrfach in die Böschung zu rutschen drohte.
    Es war halb zehn, als Delorme endlich in die Madonna Road einbog. Knapp hundert Meter hinter der Abzweigung musste sie vor einem riesigen Ast stehen bleiben, der von einer vereisten Pappel abgebrochen war. Cardinal kannte den Baum genau. Im Sommer, nach einem heftigen Schauer, hing der Ast immer am tiefsten herunter, und im August streifte er im Vorbeifahren zuweilen das Autodach. Kein Wunder, dass das Ding abgebrochen war; es steckte in einer gut anderthalb Zentimeter dicken Eishülle. Als Cardinal ihn an den Straßenrand zog, klang es, als wenn tausend Knöchelchen zersplitterten.
    »Hören Sie«, sagte er, nachdem er wieder eingestiegen war. »Wegen dem, was ich gesagt habe – gestern Nacht.«
    Delorme starrte angestrengt auf die Straße vor ihr, das Gesicht bleich in einem Streifen Mondlicht. »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken.«
    »Es tut mir leid, dass ich es überhaupt gesagt habe. Das war unprofessionell, und ich möchte nicht, dass uns das irgendwie im Wege steht.«
    »Wird es nicht, jedenfalls nicht, was mich betrifft.« De lorme kam langsam zum Stehen. »Ich glaube, bei dem Eis traue ich mich nicht auf Ihre Einfahrt.«
    »Dann ist also alles in Ordnung?«
    »Vollkommen«, sagte Delorme.
    Cardinal dachte, sie würde noch etwas sagen, aber sie starrte nur geradeaus und wartete, dass er ausstieg.
    »Dann bis morgen«, sagte er.
    »Ja, bis morgen.«
    Catherine hatte auf der Einfahrt Salz gestreut, doch es war immer noch schwer, die Steigung hochzulaufen, ohne hinzufallen. Er musste sich am Geländer der Hintertreppe festhalten.
    »Catherine?«, rief er, als er in die Küche trat.
    Catherine kam herein und umarmte ihn. »Ich fürchte, du kommst in eine Massenveranstaltung. Tess und Abby sind hier. Drüben in Ferris haben sie keinen Strom mehr, deshalb hab ich Sally und sie eingeladen, zu uns zu kommen.«
    »Über Nacht?«
    »Sie sind ohne Heizung in ihrer Wohnung. Gott sei Dank haben wir den Holzofen. Die halbe Stadt ist ohne Heizung.«
    »Hi, John.« Sally Westlake, eine stämmige Blondine in einem Rentier-Sweatshirt, winkte ihm aus dem Wohnzimmer entgegen. »Tut uns leid, hier so reinzuplatzen.«
    »Nein, nein. Das macht gar nichts, Sally. Bleibt so lange, wie ihr wollt. Wie lange seid ihr denn schon ohne Strom?«
    »Seit gestern Nacht. Jedes Mal, wenn sie ihn wieder anhaben, bricht er ihnen nach einer halben Stunde wieder zusammen.«
    »Ist es nur in Ferris? Auf der Airport

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