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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Routinearbeit erledigte.
    Airport Hill und Cunningham Road hatten wieder Strom, dessen hatte Cardinal sich als Erstes vergewissert. Aber er hatte der Versuchung widerstanden, raufzufahren und nach seinem Vater zu sehen. Catherine würde Stan anrufen; bei ihr wurde er nicht gleich kratzbürstig. Wieder zu Hause zu sein hatte Cardinal mit einer eigenartigen inneren Ruhe erfüllt – nicht von Dauer, das wusste er, aber er genoss sie, als er an seinem Schreibtisch saß und in die Stille des frühen Morgens lauschte.
    Diese Stille wurde jäh unterbrochen, als eine Stimme vom Eingang her quer durch den Raum brüllte: »Widerwärtig! Wer hat denn dieses idiotische Wetter bestellt? Kaum bin ich mal zwei Wochen weg, und schon bricht die ganze Stadt zusammen.« Und das bei zehn auf dem Lautstärkenregler, mit der klirrend schrillen Stimme von Detective Ian McLeod, Cardinals früherem Partner, älterem Kollegen und paranoider Nervensäge.
    McLeod war Ende fünfzig, ein bulliger, unflätiger Muskelprotz unter einer ergrauenden roten Haarkrause. Seit kurzem und aus Gründen, die nur er kannte, hatte McLeod sich angewöhnt, seine Kollegen mit Doktor anzureden. Cardinal fand das ziemlich irritierend, doch das meiste an McLeod war irritierend.
    »Dr. Cardinal ist auf Visite, wie man sieht. Oder operieren Sie heute? Vielleicht holen Sie einem hoffnungslos komatösen Straftäter ein Geständnis heraus?«
    »Schön wär’s. Wie war’s in Florida?«
    »Florida war phantastisch. Jede Menge Sonne. Und da unten wärmt sie sogar! Tolles Essen! Aber es wimmelt von Kubanern und alten Opas. Ich sag Ihnen, es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn Sie zurückkommen und sehen, wie die Leute ohne Stock laufen – die meisten zumindest. Der halbe Sunshine State ist über achtzig, und die andere Hälfte spricht kein Englisch.«
    Delorme hielt die Hand über die Sprechmuschel des Telefons. »Um Himmels willen, McLeod, ich versuche gerade zu arbeiten.«
    »Und dann sind da noch die Frankokanadier.« McLeod wies mit dem Kinn auf Delorme. »Da kann man auch gleich zu Hause bleiben. Wimmelt nur so von denen. Kommt man sich vor wie bei der Arbeit.«
    McLeod warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf den Stuhl neben Cardinal und quetschte ihn über ihre beiden Fälle aus. Delorme hatte ihr Telefonat beendet, und sie erzählten ihm die ganze Geschichte, einschließlich ihrer Reise nach Montreal.
    »Gottverdammt«, sagte McLeod mehrfach in verwundertem Ton. Und als sie fertig waren: »Ich fass das mit den Bären nicht. Ich meine, ich hab ja schon davon gehört, dass Beweise vernichtet werden, aber das geht ja wohl ein bisschen zu weit.« Irgendwann schlenderte er zu seinem eigenen Schreibtisch hinüber, wo er wenig später ins Telefon brüllte.
    Cardinals Telefon klingelte. Musgrave war am anderen Ende.
    »Ich hab dem FBI endlich ein paar Informationen aus der Nase ziehen können«, sagte er. »Ich weiß nicht, womit die Jungs ihr Geld verdienen, Informationen weiterzuleiten scheint jedenfalls nicht dazuzugehören.«
    »Haben sie was über Shackley rausgerückt?«
    »Auf einmal gibt’s endlich ’ne Akte zu Shackley. Wie’s aussieht, hat unser schwarzes Schaf 1992 mal wegen ’ner kleinen Erpressungsgeschichte gesessen. Hat versucht, einen früheren Agenten und Kollegen, einen Mann namens Diego Aguilar, dranzukriegen, der an der Golfküste Kokain geschmuggelt hat und der ganz zufällig nebenbei für die CIA gearbeitet hat. Shackley gehörte zu demselben Team, in dem er arbeitete. Als es Shackley dreckig ging, hat er Aguilar um Hilfe gebeten. Als der sich aber wenig großzügig und hilfsbereit zeigte,drohte Shackley, ihn mit seinem Drogenhandel auffliegen zu lassen. Hatte sogar Kopien von Überwachungsvideos als Beweismittel.«
    »Und sein Opfer hat es einfach ausgesessen? Oder ist er zur Polizei gegangen?«
    »Noch besser. Bei diesem Aguilar hat sich Shackley ein biss chen verschätzt. Er hatte nicht gemerkt, dass der Kerl immer noch für die CIA arbeitet, inzwischen allerdings als Kommunikationsnetz-Berater für Länder in Lateinamerika. Also hat Aguilar sich einfach mal eben bei Langley beschwert, und schon schnappt sich die örtliche Polizei den Erpresser. Hat für den kleinen Stunt sechs Jahre gekriegt.«
    Cardinal ging zu Delormes Schreibtisch hinüber und stellte den FLQ-Schnappschuss auf ihre Tastatur.
    »Musgrave sagt, Shackley hat gesessen, weil er versucht hat, einen taffen Kerl zu erpressen, der für die CIA gearbeitet hat. Das wär ein Motiv.

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