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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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hatte ein Faible für rote Binder und gestärkte weiße Hemden mit roten Hosenträgern, in denen er – wenn er seinen üblichen blauen Blazer einmal nicht anhatte – wie eine knackneue kanadische Flagge aussah.
    Er wandte sich eben an eine Gruppe, die sich um einen langen Eichentisch versammelt hatte – eine irgendwie groteske Versammlung, wie Cardinal fand. Dem länglichen Rose zur Seite saß, die Nase wie eine Haselmaus dicht an der Tischplatte, Robert Henry Hewitt, auch unter dem Namen Wudky bekannt. Sodann Bob Brackett, sein kostenloser Rechtsbeistand – von täuschend plumper, harmloser Erscheinung, in Wahrheit aber ein beinharter Strafverteidiger. Und schließlich Cardinal selbst, der überzeugt war, dass man ihm ansah, wie unbehaglich er sich fühlte, denn während er normalerweise sehr genau wusste, auf welcher Seite er stand, hegte er in diesem Moment gewisse Zweifel.
    »Ich muss Ihnen von vornherein sagen«, erklärte Rose, »dass ich bei diesem Fall nicht beabsichtige, mich auf einen Deal einzulassen. Wieso sollte ich? Der Beweislage nach –und wir haben erdrückende Beweise – ist Robert Henry Hewitt eines bewaffneten Raubüberfalls schuldig. Und nicht nur höchstwahrscheinlich, sondern ganz außer Zweifel, mit tödlicher Sicherheit. Wir haben sein Schuldbekenntni…«
    »Aber sicher doch. Abgelegt ohne Rechtsbeistand.«
    »Mr. Brackett, lassen Sie mich ausreden. Wir haben das Schuldbekenntnis Ihres Mandanten. Wir haben das Bargeld aus dem Rucksack. Wir haben das Tuch mit dem Schottenmuster, das er über das Gesicht gezogen hatte. Wir haben seine Forderungsnotiz in seiner verheerenden, doch unverkennbaren Handschrift und Orthographie – auf der Rückseite seines früheren Haftbefehls, der zufälligerweise auch noch seinen Namen und seine Anschrift liefert. Wieso sollten wir einen Deal machen?«
    Bob Brackett lehnte sich gegen den Konferenztisch. Er trug makellose Nadelstreifen; man sah ihn nie anders – vielleicht, weil sie seiner voluminösen Erscheinung die Kontur verliehen, die ihr ansonsten gänzlich abging. Dabei waren Nadelstreifen natürlich in der Anwaltszunft durchaus nichts Ungewöhnliches – im Gegensatz zu dem goldenen Ring, der an Bob Bracketts linkem Ohrläppchen prangte, und das bei einem untersetzten Mann Mitte fünfzig mit Halbglatze. Er hatte nie geheiratet, und in einer Kleinstadt wie Algonquin Bay hätte das allein schon genügt, um Gerüchte zu nähren. Setzte man noch einen goldenen Ohrring drauf, und das Geraune wurde deutlich lauter. Nicht, dass es etwas ausmachte; seinen Mandanten wäre es herzlich egal gewesen, wäre Bob Brackett im Tutu zur Verhandlung erschienen; Hauptsache, er boxte sie raus.
    »Kommen Sie schon, Mr. Rose«, sagte er. Er sprach leise, vernünftig, freundlich. »Haben Sie keinen Berufsstolz? Sind Sie wirklich so verzweifelt auf Erfolge angewiesen, dass Sie partout einen geistig zurückgebliebenen jungen Mann für fünfzehn Jahre hinter Gitter bringen wollen?«
    »Sorgen Sie dafür, dass er sich schuldig bekennt, und ich plädiere auf zehn.«
    Brackett drehte sich zu Cardinal um. Cardinal war darauf eingestellt, seine Meinung zum Fall Matlock darzulegen und dabei Wudkys Kooperationsbereitschaft zu unterstreichen. Doch leider wollte Brackett auf etwas anderes hinaus. »Detective Cardinal, soviel ich weiß, haben Sie bei Ihnen im Kommissariat einen Spitznamen für meinen Mandanten.«
    Cardinal hüstelte, teils vor Staunen, teils, um Zeit zu gewinnen. »Ich glaube nicht, dass wir das hier diskutieren sollten, oder? Ich dachte, wir wollten nur …«
    »Haben Sie im Kommissariat einen Spitznamen für meinen Mandanten oder nicht?« Brackett wich keinen Moment von seinem freundlichen Plauderton ab.
    »Detective Cardinal ist hier nicht im Zeugenstand«, sagte Rose.
    »Das ist kein Kreuzverhör.«
    »So war es auch nicht gemeint. Wenn ich ihn ins Kreuzverhör nehme, wird es ihm nicht entgehen. Für den Augenblick stelle ich ihm nur eine einfache Frage.«
    »Wir haben für eine Menge unserer Kunden Spitznamen«, sagte Cardinal. »Sie sind nicht für die Öffentlichkeit gedacht.«
    »Ihre anderen Kunden, wie Sie sie zu nennen belieben, interessieren mich nicht. Wie bitte lautet der Spitzname meines Mandanten?«
    »Wudky.«
    »Wudky. Ein ungewöhnlicher Kosename. Könnten Sie das bitte für uns buchstabieren?«
    »W, D, K.«
    »W, D, K. Auch eine ungewöhnliche Rechtschreibung. Wofür stehen die Buchstaben?«
    »Das würde ich lieber nicht sagen, solange Robert im

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