Blutiges Eis
dann haben Sie beschlossen, die Leiche loszuwerden. Sehr originell, das muss man Ihnen lassen. Aber was immer passiert ist, sieht es ganz danach aus, dass Sie wegen Totschlags verurteilt werden. Wir mögen eine Weile brauchen, bis wir die Beweisführung wasserdicht haben, aber wir haben schon mal einen guten Anfang.«
Bressard stellte seine Colaflasche auf den Tisch und drehte sie langsam zwischen den Fingern. Cardinal griff sie sich und schmetterte sie in den Papierkorb, wo sie scheppernd landete.
»Das war’s«, sagte Cardinal und stand auf. »Ich wollte Ihnen helfen, aber Sie machen alles nur noch schlimmer für sich. Wenn Sie uns nicht ein paar überzeugende Argumente liefern, warum wir Sie nicht wegen Mordes anklagen sollen, lassen Sie uns keine andere Wahl. Der Staatsanwalt hat den Papierkram schon auf dem Tisch; er wartet nur auf unseren Bescheid, wie kooperativ Sie sich gezeigt haben.«
Bressard bewegte keinen Muskel.
»Herrgott noch mal«, sagte Cardinal. »Gehen wir.«
Er langte nach Bressards Ellbogen, doch bevor er ihn packen konnte, warf Bressard ihm einen schmerzerfüllten Blick zu und sagte: »Ich hab ein ernstes Problem.«
Das ist eine rekordverdächtige Untertreibung, dachte Cardinal,sagte aber nichts. Er ließ sich wieder auf den Stuhl fallen und sagte nur: »Schießen Sie los.«
»Wenn ich nichts sage, dann kommen Sie mir mit Ihren paar Indizien, die Sie gegen mich in der Hand haben, und buchten mich lebenslänglich ein – und Sie fragen nicht lange, ob ich’s gewesen bin oder nicht.«
»Sie haben ihn an die Bären verfüttert, Paul. Da gibt’s nicht mehr viel zu fragen.«
»Dann hätte ich mal ne Frage.«
»Schießen Sie los.«
»Was genau könnten Sie mir in Sachen Zeugenschutz anbieten? Könnte ich einen neuen Namen bekommen, irgendwohin umsiedeln?«
Cardinal stieß einen Seufzer aus. Seit Kanada 1996 sein Kronzeugengesetz verabschiedet hatte, träumte jeder Schlägertyp, der mal entfernt mit dem organisierten Verbrechen in Berührung gekommen war, davon, zum Kronzeugen zu avancieren und für seine Aussage eine neue Identität und ein hübsches kleines Cottage an einem weit entfernten See zu bekommen.
»Auf Zeugenschutzmaßnahmen habe ich keinen Einfluss, Paul. Die Mounties entscheiden, wer dafür in Frage kommt, und das Programm ist entschieden unterfinanziert. Ich würde mir da nicht die allergrößten Hoffnungen machen.«
»Wieso zum Teufel sollte ich Ihnen dann Petrucci servieren?«
»Wollen Sie etwa behaupten, Sie haben den Kerl für Petrucci getötet?«
»Ich hab überhaupt niemanden getötet. Ich hab Sie nur was gefragt. Wenn ich ins Kittchen wandere, krieg ich wenigstens lebenslänglich. Bei Petrucci einen hübschen Seeblick von unten.«
»Das heißt, Sie wollen für ihn ins Gefängnis? Seine Strafe absitzen? Sie sind ja netter, als ich gedacht habe, Paul. Gibt bestimmtnicht viele, die ihr ganzes Leben einem Burschen wie Petrucci opfern würden. Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, und ich frage mich nur, wie sehr er es Ihnen danken wird.«
»Sie, Sie reden nur immerzu, Cardinal. Für Sie steht nichts auf dem Spiel. Für mich steht alles auf dem Spiel.«
»Sie machen einen Fehler mit Petrucci. Ich bin kein Experte für organisiertes Verbrechen – dafür ist Gott sei Dank die RCMP zuständig –, aber eines kann ich Ihnen sagen: Leon Petrucci ist nicht Don Corleone. Leon Petrucci steht entfernt, und ich betone, entfernt mit den Carbones in Hamilton in Verbindung. Sie unterstützen ihn bei ein paar Vorhaben hier oben gegen Beteiligung, aber sie legen keine Leute für ihn um, und ich glaube nicht, dass sie ihn sonderlich vermissen würden, wenn er aus dem Verkehr gezogen würde.«
»Was bieten Sie mir dann, falls ich mitspiele?«
»Machen Sie sich lieber klar, was Sie bekommen, wenn Sie nicht mitspielen. Sie werden wegen Mordes sitzen. Einen Mord, den Sie, wie Sie behaupten, nicht begangen haben. Wenn Sie uns helfen, Leon Petrucci hopszunehmen, sind Sie immer noch ein an der Tat Beteiligter, aber ich würde den Staatsanwalt bitten, Ihre Anklage auf so etwas wie Vergehen an einer Leiche zu reduzieren oder wie immer zum Teufel das Gesetz so etwas definiert.«
»Ich soll mich vergangen haben? Sie Ferkel, ich bin doch nicht pervers.«
»Ich meinte nur, dass Sie die Leiche entsorgt haben. Sie haben den Kerl an die Bären verfüttert, richtig?«
»Na schön, ich hab ihn an die Bären verfüttert. Aber ich will nicht, dass irgendjemand das Gerücht in die Welt setzt, ich
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