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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Matlock schon einen Verdächtigen?«
    »Es gibt ein paar potenzielle Täter, mit denen wir uns befassen, aber es wäre verfrüht zu sagen, dass Festnahmen unmittelbar bevorstünden.«
    Rose hob in einer hilflosen Geste die Arme und sagte zu Brackett: »Sehen Sie? Wie hilfreich war es denn dann?«
    »Lassen wir die Spielchen, Mr. Rose. Ich bin nicht hier, um Ihnen oder dem Detective die Zeit zu stehlen. Will die Staatsanwaltschaft einen Angeklagten zur Kooperation motivieren oder nicht?«
    »Wenn er sich des Bankraubs schuldig bekennt, bekommt er zehn Jahre.«
    »Zehn Jahre für eine Spielzeugpistole und einen IQ von achtundsiebzig? In dem Fall sehen wir uns vor Gericht wieder.«Brackett warf energisch seine Papiere in seinen Aktenkoffer und ließ ihn zuschnappen. »Er bekennt sich schuldig, eine versteckte Waffe dabeigehabt zu haben – selbst das ist ein Zugeständnis, da es sich um ein Spielzeug handelt. Zwei Jahre, allerhöchstens.«
    Rose schüttelte den Kopf. »Wir wollen auf dem Teppich bleiben, ja? Banküberfall, er kriegt sechs Jahre.«
    Brackett drehte sich zu seinem Mandanten um und schüttelte ihm sanft die Schulter. »Robert?«
    Hewitt setzte sich kerzengerade auf und blinzelte. »Oh, hi. Hab mich nurn bisschen ausgeruht.«
    »Der Staatsanwalt bietet sechs Jahre. Bei guter Führung wären Sie in vier Jahren draußen.«
    »Okay. Das klingt gut. Wow, träum ich oder was?«
    Im Hinausgehen musste Cardinal sich noch eine Standpauke über die gemeinsame Aufgabe von Polizei und Staatsanwaltschaft anhören, dafür zu sorgen, dass Kriminelle angemessen bestraft werden. »Bei der Polizei«, ließ er ihn wissen, »ist kein Platz für ein zu weiches Herz. Wenn Sie sich in jeden hineinfühlen wollen, hätten Sie Sozialarbeiter werden sollen.«
    Auf dem Parkplatz winkte Bob Brackett Cardinal mit seinen dicken Fingern zu. Auf seiner Glatze glänzten Regentropfen. Zwei uniformierte Polizisten schoben Robert Henry Hewitt auf den Rücksitz eines Streifenwagens. »Hat Rose Ihnen einen Vortrag gehalten?«
    »So was in der Art.«
    »Es tut dem Kerl weh, einen derart leichten Fall aufzugeben. Bei manchen Leuten hängt die Selbstachtung von der Zahl der Jahre ab, die sie jemandem aufbrummen können. Traurig irgendwo.«
    Der Streifenwagen hielt neben ihnen an, und der Polizeischüler hinterm Steuer sagte: »Der Bursche will noch was loswerden.«
    »Was gibt’s, Robert?«
    »Wollt mich nur gerne bei Ihnen bedanken, ja? Danke, danke, danke, Officer Cardinal! Mr. Brackett sagt, Sie ham mir so ungefähr genau zehn Jahre von meinem Leben gerettet, und ich werd Ihnen das nie nich vergessen, so lang wie ich lebe. Nie, nie nie, verstehn Sie? Ich vergess meine Kumpel nich. Kommt überhaupt nich infrage!«
    »Robert, am besten dankst du mir, indem du sauber bleibst.«
    »Oh, mach ich, Kumpel, ja? Ich werd so gut sein, dass sie mich schon wieder wegschicken müssen, bevor ich drin bin. Wirklich, danke, danke, danke!«
    Das Letzte, was Cardinal von Robert Henry Hewitt sah, war, wie ihn die Polizisten auf dem Rücksitz des Streifenwagens herumdrehten und er dabei stumm weiter Danke sagte, während der Wagen nach rechts in die MacIntosh einbog und Richtung Norden nach Algonquin Bay zurückfuhr.

10
     
    L ise Delorme ärgerte sich darüber, wie sie im Fall Matlock kaltgestellt worden war. Was Cardinal gesagt hatte, entsprach durchaus der Wahrheit: Sie hatte schon mit Musgrave zusammengearbeitet, und sie kamen gut miteinander aus, auch wenn er ein chauvinistischer Albtraum war. Aber nein, Chouinard wollte Cardinal, und Cardinal bekam den Fall, basta. Und solange Cardinal bis über beide Ohren im interessantesten Fall des Jahres steckte, würde Delorme sich um den üblichen Kram kümmern, der so anfiel.
    Sie hatte gerade an ihrem Schreibtisch gegessen, als aus dem St.-Francis-Krankenhaus ein Anruf mit einer Vermisstenmeldung hereinkam. Delorme hatte sich ein paar Einzelheiten notiert und versprochen, in zwanzig Minuten da zu sein.
    Vermisstenanzeige. Das Dumme an diesen Meldungen war, dass die Leute meistens überhaupt nicht verschwunden waren. Zumindest die Erwachsenen. In den meisten Fällen haben sie nur die Nase voll – von ihrem Partner, ihrem Job, ihrem Leben –, und dann kommt ihnen ein Wundermittel in den Sinn. Eine spontane Auszeit. Doch bei dieser Vermisstenanzeige gab es ein paar Anhaltspunkte, die eine unverzügliche Untersuchung nahe legten, obwohl die Vermisste – eine unverheiratete Frau in ihren Dreißigern – noch keine

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