Blutiges Eis
Erleichterung.«
»Na, wie schön für Sie«, sagte Delorme. »Ich bin sicher, es hätte Dr. Cates nichts ausgemacht zu sterben, wenn sie gewusst hätte, wie gut Sie sich dadurch fühlen würden. Wahrscheinlich hätte sie es schon viel früher getan.«
»Sie können mich nicht wirklich verdächtigen, Detective. Ich bin ehrlicher, als es die meisten Menschen in dieser Situation wären.«
»Natürlich sind Sie das. Also wirklich, ich bin beeindruckt. Ach, und nebenbei, Sie waren tatsächlich hier und haben sich das Hockeyspiel angesehen, als sie getötet wurde, ja? Das haben Sie jedenfalls gesagt.«
»Das habe ich gesagt, und es ist die Wahrheit.«
»Dann erklären Sie mir mal, wieso Ihr Jeep Wrangler, Kennzeichen PAL 474, Montagnacht an der Northtown Mini-Mall in Algonquin Bay gesehen wurde? Kurz bevor Dr. Cates getötet wurde.«
Simmons stellte langsam seine Tasse auf den Tisch, so behutsam, dass es kein Geräusch machte. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Dann lehnte er sich vor und vergrub noch einmal sein Gesicht in den Händen.
»Das Gericht wird Ihre so genannte Ehrlichkeit kaum zu würdigen wissen, Corporal Simmons. Sie haben behauptet,Sie wären hier gewesen, als Winter ermordet wurde, aber das waren Sie nicht. Sie waren in Algonquin Bay.«
»Oh, mein Gott«, sagte Simmons unter seinen Händen. »Oh, gütiger Gott.«
16
S elbst das Eis konnte die Teenager nicht davon abhalten, an der Northtown Mini-Mall rumzuhängen. Unter dem Vordach der Cosmic Arcade standen mindestens ein halbes Dutzend Jugendliche, die ihre Zigaretten rauchten, sich anrempelten, laut rülpsten und sich nach allen Regeln der Kunst, wie sie Teenager vervollkommnet haben, widerwärtig benahmen.
Wie halten sie das bloß aus? dachte Delorme. Ich würde jedenfalls nicht um diese Jahreszeit mit nacktem Bauchnabel im Freien stehen. Andererseits würde ich es genauso wenig im Hochsommer tun.
Delorme und Craig Simmons waren mit getrennten Wagen hergefahren, und jetzt saß er neben ihr auf dem Beifahrersitz des Zivilfahrzeugs. Ihre Aufmerksamkeit galt nicht der Spielhalle. Die Northtown Mini-Mall beherbergte auch ein Geschäft für Computerzubehör, mehrere leere Ladenlokale und das Fantasy XXX Video.
Delorme und Simmons hatten nur Augen für den Videoshop. Das Neonschild ließ an der Windschutzscheibe, auf der das Eis geschmolzen war, verschwommene Rubine aufleuchten. Delorme machte die Scheibenwischer an, und das Geschäft war wieder deutlich zu sehen.
»Sie dürfen niemandem von der Sache erzählen«, sagte Simmons. »Niemals. Sie können sich wohl denken, dass ich bei der Polizei erledigt wäre.«
»Vorausgesetzt, es stimmt.«
»Ich bin sehr vorsichtig. Ich würde das nie in Sudbury oder Mattawa machen, wo mich die Leute kennen.«
»Vorsichtig? Wenn Sie nicht mal wissen, mit wem Sie da … Ich würde das nicht unbedingt als vorsichtig bezeichnen.«
Simmons malte ein Gesicht auf die Fensterscheibe neben sich. »Es ist nichts weiter als ein Spleen, klar? Deshalb brauchenSie mir nicht moralisch zu kommen. Es gibt ne Menge Leute, die das tun.«
»Ne Menge Männer, meinen Sie.«
Delorme sah auf die Uhr. »Es ist gleich halb zwölf. Ich wüsste nicht, wieso ich noch mit dem Burschen rechnen soll. Falls er überhaupt existiert.«
»Er hat gesagt, er kommt an drei, vier Abenden die Woche her. Er hat gesagt, wenn ich mich noch mal mit ihm treffen wollte, wär er wahrscheinlich da.«
»Drei-, viermal die Woche. Sie scheren sich offenbar wenig um Ihre Gesundheit, wenn Sie …«
»Da«, unterbrach sie Simmons, »das ist er.«
Er zeigte auf einen Mann mittleren Alters in einem beigefarbenen Regenmantel, der die Tür eines zerbeulten Caprice abschloss. Der Mann sah sich kurz auf dem Parkplatz um und steuerte den Videoshop an.
»Warten Sie hier«, sagte Delorme. Sie stieg aus dem Wagen und holte den Mann ein, bevor er im Laden war.
»Entschuldigen Sie, Sir. Ich muss mit Ihnen sprechen.« Der Mann drehte sich um und sah sie missbilligend an.
»Ist das Ihr Handschuh?« Delorme hielt einen braunen Lederhandschuh hoch.
»Wieso, ja, ich glaub schon.«
Er griff nach dem Handschuh, doch Delorme zog ihre Dienstmarke. »Ich hätte ein paar Fragen. Es dauert nicht lang.«
Der Mann machte einen Schritt zurück. »Was soll das? Wieso sollte ich Ihnen irgendwelche Fragen beantworten?«
»Weil Sie zufälligerweise ein Zeuge in einem Mordfall sind.«
»Mordfall? Ich hab keine Ahnung, wovon Sie reden.« Er ging an Delorme vorbei zu seinem
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