Blutinsel
passte so überhaupt nicht zu Chester, aber vielleicht war es auch nur ein Gerücht.
Sam Haverman spähte in das Büro. » Malcom, bist du hier? « , fragte er, doch er erhielt keine Antwort. Wahrscheinlich streunte irgendwo eine Katze herum. Er ging weiter und suchte den ehemaligen Aufenthaltsraum auf, in dessen Mitte sich noch immer eine gemauerte Bank befand. Rechts zweigten die Duschen ab, denn nach einem Arbeitstag bei Seafood war eine Dusche unumgänglich gewesen, wollte man nicht zehn Meilen gegen den Wind nach Fisch stinken.
» Hallo Malcom, wo bist du? « , flüsterte Sam Haverman und betrat den Aufenthalts- und Umkleideraum, in dem selbst die Metallspinde abgeholt worden waren.
» Malcom? «
Ein lautes Knarren ließ ihn herumfahren. Im Schein der Taschenlampe sah er die Gestalt, die vor dem Zugang zum Aufenthaltsraum stand. In ihrem wallenden Mantel, mit dem Südwester auf dem Kopf wirkte sie wie ein Gespenst, Sam fuhr zusammen, er spürte einen Stich in der Herzgegend.
» Was … was … wer bist du? « , stammelte Sam und erkannte im Schein der Taschenlampe den Stauerhaken in der Hand des unheimlichen Fremden.
Sam wandte sich um und versuchte zu entkommen, doch der Fremde hetzte ihm nach, er spürte ihn in seinem Nacken. Noch bevor er den Kopf drehen konnte, traf ihn ein heftiger Schlag im Rücken. Es brannte höllisch, als sich die Spitze des Hakens tief zwischen seine Schulterblätter grub. Wie vom Blitz getroffen, blieb er stehen, ein Seufzer kam noch über seine Lippen, bevor er zu Boden ging.
Als er wieder erwachte, brannte sein Körper wie Feuer, er wollte etwas sagen, aber in seinem Mund steckten glühende Kohlen. Er schaute in das gleißende Licht einer Taschenlampe und schloss die Augen, so blieb es ihm erspart, im letzten Augenblick seines Lebens mit ansehen zu müssen, wie sich der Stauerhaken tief in seine Stirn grub. Er starb unter Schmerzen, doch er blieb stumm, nur ein undefinierbares Röcheln drang durch den Geschmack von Blut aus seiner Kehle. Sein letzter Gedanke galt Chester, und ihm wurde klar, dass sich Chester niemals selbst hätte umbringen können, denn das verbot ihm alleine schon sein Glaube.
Parish Hall, Hell’s Kitchen Island, Maine,
20 . März 2007 , 07 . 15 Uhr (Dienstag)
Der Lärm mehrerer Hubschrauber weckte die Bewohner von The Village noch bevor die Sonne aufgegangen war. Die Nationalgarde war auf dem Anmarsch. Cathy blickte aus dem Fenster und beobachtete Noah Fleischman, der draußen vor der Gemeindehalle einen Offizier der Nationalgarde begrüßte. Logan stand daneben und reichte dem Nationalgardisten die Hand.
Brian trat an ihre Seite. » Solche Aufschneider « , brummte er.
» Wen meinst du? «
» Diese Marshalls « , antwortete Brian. » Die suchen einen Mann und mobilisieren eine ganze Armee, und wir suchen einen Serienmörder und sind zu zweit. Wenn wir so aus dem Vollen schöpfen könnten, dann hätten wir das Schwein schon längst. «
» Du arbeitest für die Polizei von Portland und die Marshalls für die Regierung. Bist du so weit? «
Brian nickte.
» Dann lass uns aufbrechen, wir haben noch viel zu tun. «
Cathy verließ das Büro, Brian folgte. Als sie durch das große Portal der Gemeindehalle nach draußen traten, empfing sie ein milder Frühlingstag. Noch bevor sie Logans Pick-up bestiegen hatten, fuhr ein blau-weiß gestreifter Ford Maverick des Yarmouth Police Departments vor das Gebäude.
» Warte mal « , sagte Cathy. » Ich glaube, das ist unsere Verstärkung. «
» Vier Mann, die Marshalls haben über einhundert « , lästerte Brian.
» Besser als nichts « , versetzte Cathy und stieg noch einmal aus. Ein Sergeant salutierte, als sie ihm ihren Ausweis zeigte. Kurz sprach sie mit dem Officer, dann führte sie ihn in die Gemeindehalle, die Kollegen folgten. Brian wartete beinahe zehn Minuten, bevor Cathy wieder zu ihm in den Wagen kam.
» Ich habe sie kurz eingewiesen und ihnen den Bericht zu lesen gegeben « , erklärte Cathy. » Sie sind bis auf Weiteres zum Schutz der Leute hier auf die Insel abgeordnet. Ich hoffe, ihre Anwesenheit schreckt den Täter ab, denn ich habe keinen Bock mehr auf weitere Leichen. «
Brian startete den Wagen. Über den Shepherd Trail fuhren sie hinaus zur Peterson Grange, wo sie sich Randy Saltner zur Brust nehmen wollten.
» Ich bin gestern Abend noch einmal die Akten durchgegangen « , eröffnete Cathy die Unterhaltung. » Unsere Opfer sind alle im gleichen Alter und haben bis auf Jefferson bei der
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