Blutinsel
auf, wenn sie dich haben. Außerdem bin ich ja auch noch da. Wenn ich dich jetzt erschieße, dann kräht kein Hahn mehr nach dir. «
Frank Duval überlegte. Im Grunde genommen hatte der Fremde recht, ohne Hilfe war es wohl unmöglich, die Barren wieder in den Verkehr zu bringen und echte Dollars dafür zu kassieren. Doch wie würde der Mann mit der Waffe reagieren, wenn er ihm eingestand, dass er nicht wusste, wo sich das Gold befand? Er musste zumindest zum Schein darauf eingehen und Zeit gewinnen. Der Mann auf der Fähre war zweifellos Wesley Tylers Kontaktmann.
» Okay, Partner, aber es gibt noch jemand, den wir mit ins Boot nehmen müssen, sonst haben wir keine Chance « , antwortete Duval.
» Dachte ich mir, du meinst bestimmt Tyler Ashcroft « , versetzte der Schatten.
» Du glaubst doch nicht, dass ich dir das jetzt sage « , entgegnete Duval. » Ich habe nicht den weiten Weg gemacht, damit du mich jetzt abknallst. Ohne mich wirst du nicht einmal in die Nähe des Goldes kommen. «
» Schon klar, Partner, übrigens Ashcroft ist mit seiner Fähre aufs Festland gefahren, er kommt erst morgen wieder. «
Duval lächelte verwegen. Er würde abwarten, den Kerl könnte er immer noch beseitigen. Dennoch war er sich sicher, dass Ashcroft der Dritte im Bunde war … Tyler Ashcroft. Wie einfach es doch gewesen wäre, Wesley Tylers Komplizen ausfindig zu machen. Der eine trug den Vornamen, den der andere als Nachnamen benutzte. Keine besonders originelle Idee für eine Tarnung, wenngleich die Geheimhaltung auch über Jahre hinweg funktioniert hatte.
» Ich habe Hunger « , antwortete Frank Duval, um vom Thema abzulenken.
» Gut, warten wir noch ein wenig, dann ziehen wir los.«
» Eigentlich arbeite ich nur mit Leuten zusammen, die ich kenne. «
» Ron, du kannst mich Ron nennen « , antwortete der Schatten, und wieder war das krächzende Lachen zu vernehmen. » Ich finde, das ist ein sehr schöner Name. «
33
South Bench, Hell’s Kitchen Island, Maine,
21 . März 2007 , 20 . 45 Uhr (Mittwoch)
Nic Tyson erwachte aus seiner tiefen Ohnmacht. In seinem Kopf veranstaltete ein Schwarm Hornissen ein Wettrennen. Als er sich aufrichtete, wurde ihm schwindlig. Einen Augenblick verharrte er sitzend im feuchten Gras des Verdana Uplands in der Nähe des Leuchtturms von South Bench. Er dachte darüber nach, was passiert war, doch alles, an das er sich noch erinnerte, war ein dunkler Schatten, der sich direkt vor ihm aus der Dunkelheit geschält hatte. Dann wurde er von einem harten Schlag am Kopf getroffen und verlor die Besinnung. Er fuhr sich über die Stirn und fühlte die klebrige Feuchtigkeit, als er sich über das Gesicht wischte. Das Blöken der Schafe drang zu ihm herüber. Er erinnerte sich, dass er sich zum Austreten vom Lager entfernt hatte. Dan Boyd war zurückgeblieben, und dann stand plötzlich der Schatten direkt vor ihm. Als er versuchte, sich aufzurichten, schien sein Kopf platzen zu wollen. Die Kopfschmerzen wurden unerträglich, und sein Magen verkrampfte. Er beugte sich zur Seite und spie das Abendessen in hohem Bogen heraus. Schweiß brach aus seinen Poren und vermischte sich mit der klebrigen Flüssigkeit auf seiner Backe. Er wartete eine Weile, bis sich sein rasendes Herz beruhigte und sich das flaue Gefühl in seinem Magen langsam verzog. Er wagte einen zweiten Versuch. Diesmal vorsichtiger. Als er wie ein Schaf im Vierfüßerstand durch das kalte und feuchte Gras krabbelte, berührten seine Hände den kalten, metallischen Gegenstand. Er griff nach seiner Maglite-Stabtaschenlampe und richtete sich wie in Zeitlupe auf. Erst als er stand, unsicher und schwankend, und sich die erneute Schmerzattacke in seinem Kopf verzogen hatte, knipste er sie an. Der gleißende Strahl durchschnitt die finstere Nacht. Das Licht erfasste die nahen Leiber der Schafe, und er zuckte erschrocken zusammen. Nicht weit von ihm entfernt, im Gras, lag ein braunes Knäuel. Unsicher, mit zitternden Beinen, ging er darauf zu, bis er erkannte, was da lag. Virginia, die treue Hündin, und die wenigen weißen Flecken in ihrem Fell waren blutig rot. Nic Tyson fuhr die Furcht in die Glieder, zitternd vor Angst schaute er sich um und schwenkte die Lampe hin und her. War der Schatten noch hier, war es Belfour, der gekommen war, um sich das nächste Opfer zu holen? Und wo war Dan?
Leise und mit unsicherer Stimme begann er zu rufen. Die Antwort blieb aus, sein Rufen wurde lauter, bis die Schafe ängstlich davonstoben. Er wandte sich
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