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Blutinsel

Blutinsel

Titel: Blutinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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ins Bild.
    » Ava, Gabriel, wo seid ihr? « Logan schaute auf die Kanzel des Leuchtturms, doch auch dort war niemand zu sehen. Ihm wurde unheimlich. Was sollte der Stauerhaken im Auge des hölzernen Seemannes, der zweifellos den Piratenkapitän Belfour darstellte? War Gabriel mit seinem Werk nicht zufrieden und hatte ihn die Wut darüber dazu getrieben, die Figur zu verunstalten? Und war es Zufall, dass Malcom Hurst ausgerechnet zu der Zeit behauptete, den Geist des Piratenkapitäns gesehen zu haben, wo Gabriel an dieser Skulptur arbeitete? Hatte sich Gabriel vielleicht einen üblen Scherz mit dem Schäfer erlaubt?
    Er fasste an das Holz und stellte fest, dass es trocken war. Außerdem wog diese Figur bestimmt hundert Pfund. Wie sollte sie Gabriel durch den Regen und den Sturm über das Verdana Upland bewegen? Nein, dieses mannshohe Stück Holz hatte in den letzten Tagen diesen Schuppen nicht verlassen. Verständnislos schüttelte Logan den Kopf. Er ging zurück zu seinem Wagen und holte sein Gewehr. Er fühlte sich damit ein klein wenig sicherer, doch diesmal hängte er es nicht über seine Schulter, diesmal behielt er es in den Händen, als er das Haus betrat. Zimmer um Zimmer durchsuchte er. Im Schlafzimmer war die rechte Seite des Bettes zerwühlt, die andere noch vollkommen unberührt. In der Küche standen noch zwei Tassen auf dem Tisch, doch ansonsten war alles ordentlich aufgeräumt und sauber. Sauber, bis auf die zwei Schmutzränder, die ein schlammiger Stiefelabdruck auf dem Teppich im kleinen Flur hinterlassen hatte.
    » Ava, Gabriel, wo steckt ihr nur, ich bin es, Logan! «
    Auch im Haus Totenstille! Er ging hinaus und zum Leuchtturm. Die Tür war abgeschlossen. Gabriel schloss die Tür immer ab, denn niemand hatte etwas in seinem Turm zu suchen. Zwar war der Leuchtturm längst ausgemustert, dennoch sorgte ein Lichtsensor dafür, dass sich bei Anbruch der Nacht die Elektronik in Bewegung setzte und einen grellen Strahl hinaus über das Wasser schickte. Außerdem befand sich die gesamte Elektronik des modernen Seefunks unter dem Dach des Turms.
    » Gabriel, jetzt komm schon, ich bin nicht zum Scherzen aufgelegt! «
    Doch Gabriel und auch Ava antworteten nicht. Logan umrundete den Leuchtturm und schlug den Weg zu den Klippen ein, wo Gabriel vor ein paar Jahren seine erste übergroße Skulptur geschaffen hatte. Ein Holzkreuz, beinahe drei Meter hoch. Die Balken aus einer amerikanischen Weißeiche hatte er bei ihm im Laden bestellt, und Logan hätte ihm das Holz auch angeliefert, doch Gabriel hatte es sich nicht nehmen lassen, selbst für die Abholung zu sorgen. Als Logan aus dem Schatten des Leuchtturms trat, traute er seinen Augen nicht. Das Holzkreuz stand nicht mehr an der Stelle, an der es Gabriel aufgestellt hatte, sondern lag auf dem steinernen Fels vor den Klippen. Und noch etwas lag dort. Logan hastete näher. Auf dem Kreuz lag ein menschlicher Körper, nein, er hing vielmehr am Kreuz, so wie Jesus. Der alabasterfarbene Leib war mit Wunden übersät. Lediglich mit einer Unterhose bekleidet, die Glieder mit langen Zimmermannsnägeln aus Darkington, das Stück zu zwei Dollar zwanzig, ans Kreuz genagelt, lag der leblose und ausgemergelte Körper da. Logan trat ein Stück näher und umrundete das Kreuz. Sein Blick fiel auf das Gesicht des Gekreuzigten. Dort wo sich die Augen befunden hatten, gähnten nur noch leere Höhlen. Dunkle Ränder über die Wangen ließen erahnen, wo sich das Blut seinen Weg zum Boden gesucht hatte. Doch der Regen hatte es längst fortgewaschen und in die Erde gespült.
    Logan ließ das Gewehr fallen. » Gabriel! « , schrie er laut, bevor er auf die Knie sank und sich übergab.
    Hell’s End, Hell’s Kitchen Island, Maine,
    14 . März 2007 , 11 . 50 Uhr (Mittwoch)
    Admiral Anthony Broon, einst ein verdienter Navy-Offizier und schon bald an die achtzig Jahre alt, hatte sich die Insel für seinen Lebensabend ausgesucht, um noch immer jeden Tag das Rauschen des Meeres zu hören und die salzige Luft in seinen Lungen zu spüren. Eine Insel, so sagte er immer, ist fast wie ein Schiff. Sie hat einen Bug, sie hat ein Heck, und sie schwimmt wie ein Schiff auf dem Wasser. Der Admiral saß an dem großen runden Tisch neben dem Tresen und zog mit den alten Seemannsgeschichten von Captain Black und seiner grausamen Piratenbrut jeden Anwesenden in seinen Bann. Alle, bis auf Mia, die hier und da den Kopf ob der blutrünstigen Geschichten schüttelte, hörten dem alten Mann zu, der sich

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