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Blutkirsche

Blutkirsche

Titel: Blutkirsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Weitbrecht
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einen Baum. Ihm selbst passierte nichts, außer ein paar |107| Prellungen und Schnittwunden im Gesicht. Aber Dominik war tot. Nicht angeschnallt, schoss er wie ein Projektil durch die Windschutzscheibe. An der Unfallstelle, in die Wiese vor dem Baum, stellte Wilma ein kleines Holzkreuz auf. Jedes Mal, wenn sie dort vorbeifuhr, spürte sie den Schmerz und es zerriss ihr fast das Herz.
    Im Prozess tat Ricardo reumütig und wurde zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.
    Obwohl er oft trauerte und am Grab weinte, konnte Wilma ihm nicht verzeihen. Ricardo hatte ihr das Liebste genommen, ihren Sohn. An manchen Tagen glaubte sie, verrückt zu werden. Der Hass, der in ihr brodelte, war ihr Überlebenselement geworden. Nach außen hin hielt sie zu Ricardo, aber es würde nie mehr so sein wie vorher. Ihr Plan reifte ein Jahr lang.

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    Der Feuerbacher Weg galt als gute Adresse. Wenn jemand dort wohnte, brauchte er sich über seinen Score, der für die Bewertung seiner Kreditwürdigkeit als Maßstab galt, keine Gedanken zu machen. Nicht dass Mike Fink je darüber nachdachte, er hatte seiner Meinung nach bisher gut gelebt, und wenn es nach ihm ginge, würde er es auch in den nächsten Jahren tun. Von Natur aus sparsam, perfektionierte er seit seiner Kindheit diese Tugend bis hin zu einem gewissen Geiz. Nur so hatte er es geschafft, dass auf seinem Konto ein ansehnliches Sümmchen lag, und er gedachte, es auch noch zu vermehren. In letzter Zeit gab es allerdings einige Ausgaben, denn bei der Konzeption und Umsetzung seines Japangartens hatte er nicht gespart. Deshalb konnte und wollte er ihn auch nicht aufgeben, obwohl er schon daran gedacht hatte, der schwelenden Fehde zu entfliehen. Aber wie er mittlerweile den Vorsitzenden kennengelernt hatte, würde der seinen Garten nicht in der Höhe ansetzen, die dem tatsächlichen Wert entsprach. Tatsächlich hatte es in nächster Nachbarschaft zu seiner Parzelle dazu Beispiele gegeben, wie er erfahren hatte.
    Den Triumph, seine Pagode abzureißen, würde er Harry Kohl nicht gönnen. Vielleicht gab es ja einen anderen Weg, um die Angelegenheit endlich zu bereinigen.
     
    Mikes Eigentumswohnung lag in einem der Terrassenhäuser genau gegenüber des ehemaligen Bungalows von Theodor Heuss, dem ersten Bundespräsidenten der jungen Republik.
    Natürlich wohnte Heuss nicht mehr da, auch keine Nachkommen, sondern das Haus beherbergte ein Museum, das besonders in der ,Langen Nacht der Museen‘ stark frequentiert wurde. Dann wachte die Gegend aus ihrem Dornröschenschlaf auf, während in regelmäßigem Turnus der Shuttle-Bus die Besucher ausspuckte.
    Unterhalb des Feuerbacher Weges befand sich die Anlage des Tennisclubs Weißenhof, in dem jährlich der Stuttgarter Mercedes Cup ausgetragen wurde. Durch den Zaun des Courts sah Mike hin und wieder die angereisten Prominenten, erkennbar an den riesigen Sonnenbrillen, die |109| selbst bei schlechtem Wetter und mangelnder Sonne getragen wurden. Die Nobelkarossen und Luxuswohnmobile, für die ein Normalbürger sich schon ein Eigenheim leisten konnte, stauten sich auf der Straße und dem kleinen Parkplatz, auf dem sonst nur Fahrschulen mit ihren Klienten das Einparken übten.
    Als Michael Stich oder Andre Agassi sich um den Pokal stritten – an Boris Becker konnte Mike sich schon nicht mehr erinnern, aber wahrscheinlich hatte er dort auch gespielt – haftete dem Tennisspielen das Image der Exklusivität an. Zu jener Zeit galt Mike noch als Yuppie und begehrter Junggeselle, er spielte selbst und verfolgte die Matchs. Aber jetzt war sein Interesse verflogen. Zumal seine Knie das abrupte Stoppen nicht mehr so recht mitmachten.
    Mike konnte heute nicht mehr verstehen, dass er früher zu diesem Kreis gehört hatte. Ihn nervte das Schickimicki-Gehabe der angeblichen Celebrities. Ohne das übliche Embrassé – Küsschen rechts und links auf die Wange, dann wieder rechts – ging es heutzutage überhaupt nicht mehr. Das oberflächliche Geschnatter der Damen über Mode und den Shoppingschnäppchen bei Boss und den Outlet-Stores in Metzingen, wohin sie von einem eigens dafür abgestellten Chauffeur gefahren wurden, ging ihm auf den Wecker.
    Seitdem er sich den fernöstlichen Religionen zugewandt hatte, hatten sich seine Prämissen verlagert. Mike konzentrierte sich auf die drei Säulen der Qigong-Philosophie: Atmung, Bewegung, Geist. Mit sich und seinem Garten wäre er richtig zufrieden und glücklich gewesen, wenn ihm dieser Harry Kohl nicht

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