Blutkirsche
auf meiner Wiese liegen, anstatt den Leuten hinterherzurennen und mir Lügengeschichten anzuhören. Im gleichen Augenblick wurde ihr bewusst, dass etwas mit ihr geschehen war.
Sie trafen Frau Fiori tatsächlich in ihrem Garten an. Sie werkelte an einer zerfallenen Trockenmauer, als Anne und Marco den Garten betraten.
Anne sah sich um. Buchsbäume und einheimische Gehölze dienten als Sichtschutz. Ein Rosenspalier spannte sich über Eingang und Tor. Gerundete Beete, anscheinend frisch eingesät, wechselten mit Rabatten, in denen Pfingstrosen, Mohn- und Kornblumen wuchsen, dazwischen Walderdbeeren als Bodendecker. Die Beete wurden von kleinen Buxussempervirens-Büschen umrandet. Ein Himbeerheckenspalier, nahe der Laube, schützte vor Einblicken der Nachbarn. Das Konzept eines Bauerngartens, so deutete Anne die Bepflanzung.
An einem weiß blühenden Quittenbaum hing eine Schaukel. Ein Bobby Car stand auf der Terrasse. Unter einem Apfelbaum, in einem Sandkasten mit aufgedeckter Plane, lagen Schäufelchen, kleine Eimer und Sandförmchen, so als ob jeden Augenblick ein kleines Mädchen oder ein Bub hinter einer Hecke hervorspringen und Juchhu rufen würde.
„Frau Fiori, Kripo Stuttgart, schön dass wir Sie hier antreffen!“
„Hallo! Ja, ausnahmsweise. Eigentlich bin ich krankgeschrieben.“ Wilma legte einen großen Sandstein ab und wischte sich hektisch die Hände an einer grünen Schürze ab, die sie über einer schwarzen Jogginghose und einem hellblauem T-Shirt trug. Ihre Füße steckten in Plastikclogs.
„Hm, was Ernstes?“ Marco musterte Wilma Fiori genauer. Eigentlich sah sie nicht krank aus, eher unruhig, nervös wirkte sie, sie kaute auf ihren Lippen.
„Nein, nur eine kleine Erkältung. Damit ich die Patienten nicht anstecke ...“
|102| „Sie sind Krankenschwester?“ Anne tat so, als ob sie die Aussage notierte, obwohl sie den Beruf von Frau Fiori aus dem Melderegister kannte.
„Ja, ich bin Krankenschwester“, antwortete Wilma.
„Frau Fiori, wir sind hier, weil der Vorsitzende Ihres Vereins und Ihr Gartennachbar am Samstag ermordet wurde, und hätten ein paar Fragen dazu!“, begann Anne die Schrebergärtnerin zu vernehmen.
Wilma Fiori sah entsetzt aus. „Ja, wirklich schrecklich, ich habe die rot-weißen Absperrbänder gesehen und es in der Zeitung gelesen. Furchtbar!“
„Kannten Sie Herrn Kohl näher?
Wilma zuckte mit den Achseln. „Wie man eben so den Gartennachbarn kennt.“
„Hatten Sie Streit mit ihm?“
„Nein, warum sollte ich? Er ging seines Weges und ich meinen.“
„Wo waren Sie Samstag, den 9. Mai, morgens zwischen sechs und zehn Uhr?“, fragte Anne.
„Lassen Sie mich mal überlegen: Ich hatte meinen freien Tag. An dem Samstag joggte ich im Wald am Kräherwald und bin dann nach Hause.“
„Sind Sie da ganz sicher?“, hakte Anne nach.
„Natürlich!“, entgegnete Wilma.
„Sie waren also wo am Samstag zwischen sechs und zehn Uhr?“
„Samstag, Joggen in der Nähe des Reitstalls im Feuerbacher Tal und dann zu Hause. Sonntag ebenso, weil ich krank wurde.“
„Kann das jemand bestätigen?“
Wilma Fiori zögerte. „Nein, ich lebe allein. Außerdem bin ich erst heute früh zum Arzt gegangen und habe mich arbeitsunfähig schreiben lassen.“
„Ach so.“ Anne sah Wilma an und forschte in ihrem Gesicht nach Anzeichen von Lügen.
„Okay, das wär’s für heute, falls Ihnen noch was einfällt, ein Anruf genügt“, bemerkte Marco süffisant.
Beim Blick in die Laube bemerkte Anne, dass es aufgeräumt und sauber aussah. Auf einer Eckbank thronte ein Teddy. Als sie den Garten verließ, fiel es ihr auf, dass um das Frühbeet, neben einem voll erblühten Kirschbaum, ungewöhnlich viele Fliegen schwirrten.
„Frag doch mal die Daten über Frau Fiori ab. Kinder, Lebenspartner, Ehemann und so weiter. Ich möchte da was überprüfen. Sie sagt, sie lebe allein, aber da lagen überall Kinderspielsachen herum, das erscheint mir |103| nicht schlüssig. Ich kann mich auch irren, aber irgendetwas stört mich an ihr.“ Als sie wieder in ihr Auto stiegen, wirkte Anne nachdenklich.
Nachdem die beiden Polizisten gegangen waren, atmete Wilma tief durch. Das ging ja gerade noch mal gut! Zu tief saß bei ihr die Angst, entdeckt zu werden. Und an allem trug Ricardo Schuld.
Als es Wilma klar wurde, dass sie einen riesengroßen Fehler gemachte hatte, als sie Ricardo heiratete, war es zu spät.
Nur zu gerne hatte sie sich von seinem Äußeren täuschen lassen.
„Mein
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