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Blutkirsche

Blutkirsche

Titel: Blutkirsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Weitbrecht
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Espressobars oder hing zu Hause vor dem Fernseher rum. Wenn sie müde aus der Klinik kam, erledigte Wilma nach wie vor alleine die Hausarbeit. Ihre Füße waren geschwollen, und sie kam sich wie eine rollende Kugel vor.
    Ricardo ließ sich wie ein Pascha bedienen, er ließ alles so liegen, wie er es benutzt hatte. Wilma räumte es weg. Er zerstörte ihre Ordnung, seine Nachlässigkeit machte sie wütend.
    Stolz streichelte Ricardo ihren Bauch und erzählte den Nachbarn, wie sehr er sich auf das Kind freue. „Ich bin schließlich Italiener, Papa sein liegt mir im Blut!“
    Jedes Mal hätte Wilma laut aufschreien können: Dein Machogehabe liegt dir im Blut! Aber sie unterdrückte ihre schlechte Laune, das Kind in ihr sollte nichts mitbekommen.
    Ihr Mann bemerkte nichts. Wenn sie einen besonders miesen Tag gehabt hatte, küsste er sie auf die Wange und meinte: „Was ist los mit dir? Wir bekommen ein Bambino! Morgen helfe ich dir beim Putzen.“
    ‚Morgen‘ kam einmal, aber am nächsten Tag hatte Ricardo seine guten Vorsätze wieder vergessen.
    Zweifel machten sich bei Wilma breit. Liebte Ricardo sie überhaupt? Während der Schwangerschaft hatte er sie fast nie angerührt, bei der Geburt fehlte er. Angeblich weil er kein Blut sehen konnte, und hinterher würde es ihm schwerfallen, mit ihr Sex zu haben, verteidigte er sein Wegbleiben.
    Wilma kam sich verlassen vor. Warum hatte er sie überhaupt geheiratet? Wenn jemand so gut aussah wie er, konnte er jede heiraten, vor allen Dingen eine vermögende Frau. Wilmas Misstrauen nahm jeden Tag zu. Sie beobachtete jede seiner Regungen, kontrollierte seine Taschen und die gespeicherten Nummern auf seinem Handy.
    Wenn er eine andere hatte, dann versteckte er die Beweise sehr gut.
    Sie fühlte, dass nicht nur Ricardo sich veränderte, sondern auch mit ihr ging eine Wandlung vor. Sie fiel wieder zurück in ihr altes Kontrollmuster, wollte einen Menschen nur für sich alleine haben, ihn mit niemandem teilen müssen.
    Schon drei Monate nach der Geburt ging Wilma wieder arbeiten.
    Sie brauchten das Geld. Dominik, ihr Sohn kam in die Tagesstätte.
    Kurzfristig hatte Ricardo ein Engagement für eine Saison in einer anderen Stadt gefunden. Vor Sehnsucht hielt Wilma es manchmal nicht |106| aus, sie nahm nachts das Baby zu sich ins Bett und drückte es fest an sich.
    Als ihr Mann zurückkam, und sie den Koffer mit der Schmutzwäsche auspackte, weil Ricardo ihn achtlos zur Seite gestellt hatte, fiel ihr ein schwarzer Stringtanga in die Hände. Ihrer war es nicht!
    Zur Rede gestellt, wich Ricardo aus. Es sei ein Theaterrequisit, er hätte keine Ahnung, wie das in seinen Koffer gelangt wäre.
    „Für wie blöd hältst du mich“, schrie Wilma. „Welche Schlampe ist es?“ Es kam ihr vor, als wäre dies die Strafe für ihr Verhältnis mit dem verheirateten Arzt. Sie spürte, dass ihre Ehe wie feines Glas zersprang, und sie konnte es nicht verhindern.
    Als hätte sich bei Ricardo eine Ungetreuen-Schleuse geöffnet, blieb er nun öfter nachts weg. Wilma telefonierte ihm auf seinem Handy hinterher, aber nur die Mailbox war eingeschaltet. Sie schickte SMS-Nachrichten, die unbeantwortet blieben.
    „Ich weiß gar nicht, was du willst, ich lerne mit Kollegen Texte und Rollen“, antwortete er auf ihre Vorhaltungen.
    „Welche Rolle? Die des Casanovas?“, fragte Wilma spitz.
    Sie kam sich ausgewrungen wie ein alter Spüllappen vor. Wenn nicht Dominik gewesen wäre, hätte Wilma sich scheiden lassen. Aber ihr Sohn hing an seinem Vater, er lief auf ihn zu und strahlte ihn an, krähte „Papa, Papa“, wenn Ricardo ihn auf den Arm nahm, um mit ihm zu albern.
    Hinter dem Hochhaus in Botnang, in dem sie wohnten, gab es zwar eine handtuchschmale Grünanlage, aber das Spielen darin war für Kinder verboten.
    „Dominik sollte lernen, dass die Erdbeeren nicht auf dem Supermarktregal wachsen“, erklärte Wilma und wurde Mitglied im Schrebergartenverein.
    Ihre Parzelle konnte sie zu Fuß oder mit dem Rad durch den Wald erreichen.
    Ricardo fand den Schrebergarten „spießig“. Er half nur ungern und gab vor, keine Zeit zu haben – Wilma nahm Dominik im Fahrradkindersitz mit und gärtnerte.
    Im März vor zwei Jahren, als Ricardo auf das Kind aufpassen sollte, weil Wilma die Nachtschicht übernehmen musste und erst morgens heimkommen würde, geschah es:
    Laut Polizeibericht kam Ricardos Auto mit 120 km/h im Feuerbacher Tal, wo nur 60 km/h erlaubt war, nachts von der nassen Fahrbahn ab und prallte gegen

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