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Blutkirsche

Blutkirsche

Titel: Blutkirsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Weitbrecht
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liegen?“
    Natalie nickte und fast mechanisch ging sie in die Laube und holte aus einem Schränkchen ein buntes Sommerkleid hervor. Wie ein kleines Kind streckte sie schüchtern ihre mageren Arme in die Höhe. Wilma zog ihr das Kleid über. Unter seinen kurzen Ärmeln lugte das T-Shirt hervor. Das Oberteil wirkte mit der hinten gebundenen Schleife wie eine Empirebluse und sah mit den Jeans modisch aus. Trugen junge Mädchen jetzt nicht so etwas? Nur die Blutspritzer auf den weißen Sneakers störten.
    |174| „Steck alles, was du anhast, zu Hause in die Waschmaschine. Auch die Turnschuhe! Hörst du! Den Rest hier erledige ich, sobald die Luft rein ist. Ich werde in meinem Garten einen günstigen Augenblick abwarten.“
    Nun würde sie ihre Parzelle noch länger behalten müssen. Wilma hoffte, dass Frau Möhrles Information nur auf Geschwätz basierte. Und wenn nicht ...? Keine Panik, dachte Wilma, das wird sich finden.
    „Du warst heute den ganzen Tag daheim, verstehst du? Du weißt von nichts! Dein Vater musste plötzlich verreisen und du meldest ihn nach ein paar Tagen als vermisst!“
    Wieder rüttelte Wilma das Mädchen, das noch immer teilnahmslos wirkte, aber dann folgsam sein Fahrrad nahm, es durch das untere Gartentor auf den Waldweg schob und zwischen den Laubbäumen verschwand.
     
    Wilma erinnerte sich, dass sie seit der Ankunft von Mike Fink in Nummer 15 wie auf Kohlen gesessen hatte. Aber sie fand keine Gelegenheit, die Axt und Hacke zu holen und Harry Kohl zu verstecken, auch nicht nachdem Fink gegangen war. Den toten Körper alleine zu wuchten, wäre ihr nicht schwergefallen, schließlich hob sie jeden Tag Kranke aus dem Bett. Aber nachdem sie erneut vor dem Tor von Nummer 13 stand, es gerade öffnen wollte, hatte sie Albert Rösler durch den Wald in Richtung Anlage stapfen sehen. Er ging nicht auf sein Gütle zu, sondern steuerte geradewegs sie und den Toten an. Blitzschnell duckte sie sich und schlich im Schutz ihrer Buchsbaumhecke zurück.
    Nach einer Weile hatte Wilma durch die Fensterläden ihrer Laube gespickt. Sie bemerkte, dass Rösler ungewöhnlich hastig aus der Nachbarparzelle torkelte, so als ob er betrunken sei. Ändern konnte sie nun nichts mehr, jetzt hieß es abwarten, bis die Luft rein war. Wenn Rösler tatsächlich den toten Harry Kohl gefunden hatte und die Polizei rief, wie lange Zeit würde vergehen, bis diese kam? Es war zu gefährlich, inzwischen noch einmal den Versuch zu wagen, die Leiche zu bergen und zu vergraben.
    Wilma hatte sich umgezogen. Den Jogginganzug konnte sie wegwerfen. Selbst wenn die Blutflecken herausgingen, blieb es ein Restrisiko. Sie hatte einmal gelesen, dass es heute möglich war, Blut mithilfe chemischer Substanzen und einer speziellen Lampe auch nach dem Waschen sichtbar zu machen.
    |175| Sie versteckte den Anzug in einer rostigen Tonne und legte Reisig darüber, später wollte sie ihn zusammen mit der Axt und der Hacke vergraben. Verbrennen ging nicht, ihr Gartenwart würde gleich auftauchen und sie auf den Verstoß der Gartenordnung hinweisen. Einen Augenblick war sie versucht, den Sportanzug mit nach Hause zu nehmen und dann in den Mülleimer zu werfen. Aber auch das schien ihr zu brenzlig. Jemand könnte sie dabei sehen, den Kuttereimer untersuchen – im Hochhaus gab es eine alte Nachbarin, die durchwühlte die Tonnen nach Verwertbarem – Wilma hatte sie schon mehrfach dabei beobachtet. Zur Altkleidersammlung geben ging auch nicht. Falls die Kleiderspende sortiert würde, könnten die Spuren der Flecke jemandem auffallen. Ihn irgendwo in der Pampa abzulegen, fand Wilma unmöglich, schließlich war sie ordentlich und umweltbewusst. Im gleichen Augenblick fiel Wilma das Paradoxon auf:
    Sie trennte ihren Müll, vermied überflüssige Verpackung, fuhr ein Teilzeitauto und bezog Ökostrom, war korrekt in ihrem Beruf – aber sie war eine Mörderin.
    Sich tatenlos hinzusetzen, hielt sie nicht aus. Sie verließ die Hütte, stellte die Schale mit den vorgezogenen Kürbis-Pflänzchen auf ihren Terrassentisch und begann zittrig zu pikieren. Plötzlich erklang eine Polizeisirene, sie heulte zwar noch weit entfernt, aber Wilma sah erschrocken auf. Sie ließ überstürzt ihr Pflanzholz fallen, überprüfte das verriegelte Gartentor und versteckte sich wieder in ihrer Laube. Durch die angelehnten Fensterläden schien schwach die Sonne herein. Mit angezogenen Beinen hatte sie sich auf ihre Eckbank gekauert, den Teddybär ihres Sohnes umklammert.
     
    Während

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