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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Er war an dem Punkt angekommen, da er Cosca instinktiv in allem beipflichtete, ganz gleich, wie verdorben, albern oder unglaublich dessen Äußerungen gerade sein mochten. Er fragte sich, ob er je einen Menschen auch nur annähernd so gehasst hatte wie den alten Söldner. Oder ob er je von einem anderen Menschen so sehr in jeder Hinsicht abhängig gewesen war. Zweifelsohne bestand durchaus ein Zusammenhang zwischen beidem. »Der Sieg hat Priorität.«
    »Die Verlierer sind immer die Schurken, Sworbreck. Nur Sieger können Helden sein.«
    »Da haben Sie natürlich völlig recht. Nur Sieger.«
    »Es gibt nur eine gute Art des Kämpfens, nämlich die, bei der Ihr Feind draufgeht und Sie noch genug Atem zum Lachen haben …«
    Sworbreck hatte das Gesicht des Heldentums sehen wollen, und stattdessen hatte er das Böse erblickt. Es erblickt, damit gesprochen, direkte Tuchfühlung gehabt. Das Böse hatte sich als keine großartige Sache herausgestellt. Keine hochfahrenden Kaiser mit großen Plänen für die Unterjochung der ganzen Welt. Keine hämisch lachenden Dämonen, die sich im Schoß der Welt in der Dunkelheit zusammenrotteten. Es waren vielmehr kleingeistige Menschen mit ihren kleingeistigen Taten und ihren kleingeistigen Gründen. Es waren Selbstsucht und Achtlosigkeit und Verschwendung. Es waren Pech, Unfähigkeit und Dummheit. Es war Gewalt, losgelöst von Gewissen oder dem Bewusstsein für die Folgen. Es waren sogar hehre Ideale und nichtswürdige Methoden.
    Er sah Lorsen geschäftig zwischen den Toten herumwuseln. Der Inquisitor drehte sie um, damit er die Gesichter sah, versuchte, mit wedelnder Hand den allmählich dünner werdenden, stinkenden Rauch zu vertreiben, und zog den Leichen die Ärmel über den Unterarmen hoch und suchte nach Tätowierungen. »Ich kann keine Anzeichen für Rebellen entdecken!«, fauchte er in Coscas Richtung. »Nur diese Wilden!«
    Dem Alten gelang es, die Lippen lange genug von der Flasche zu lösen, um zurückrufen: »In den Bergen, hat unser Freund Cantliss gesagt! An ihren sogenannten heiligen Stätten! In dieser Stadt, die sie Aschrang nennen! Wir werden sofort mit der Verfolgung beginnen!«
    Süß sah von den Toten auf und nickte. »Weinender Fels und die anderen warten schon auf uns.«
    »Dann wäre es doch unhöflich von uns, unsere Abreise zu verzögern! Vor allem, da unsere Feinde gerade eine solche Schlappe erlitten haben. Wie viele haben wir getötet, Freundlich?«
    Der Feldwebel wackelte mit seinem dicken Zeigefinger, während er versuchte, die Leichen zu zählen. »Ist schwer zu sagen, was hier zu einem Stück zusammengehört.«
    »Wenn nicht sogar unmöglich. Zumindest können wir Superior Pike mitteilen, dass seine neue Waffe ein großer Erfolg war. Zwar hatte sie keine so großen Auswirkungen wie die Mine, die ich einmal unter der Festung von Fontezarmo gezündet habe, aber andererseits haben wir auch keine so großen Mühen damit gehabt, nicht wahr? Es wurde einfach Sprengpulver benutzt, Sworbreck, um einen hohlen Ball hervorzuschleudern, der dann bei der Sprengung lauter Splitter herabregnen lässt – bumm!« Cosca schob beide Hände mit den Innenflächen nach außen vor, um die genannte Aktion zu illustrieren. Was völlig unnötig war, da die Beweise für die Effektivität der neuen Waffe überall auf der Straße verteilt lagen, blutig und zerfetzt und in einigen Fällen kaum noch als menschlich zu erkennen.
    »So sieht also Erfolg aus«, hörte Sworbreck Tempel raunen. »Hab ich mich oft gefragt.«
    Der Rechtskundige sah es. So, wie er dieses Schlachthausszenario mit seinen weit aufgerissenen schwarzen Augen betrachtete, die Kinnmuskeln verkrampft, der Mund leicht verzogen. Es war ein kleiner Trost zu wissen, dass es einen weiteren Mann in dieser Truppe gab, der in besserer Gesellschaft vielleicht als anständig hätte durchgehen können, aber er war ebenso hilflos wie Sworbreck. Sie konnten nichts tun außer zuzusehen, und – indem sie nichts taten – selbst zu Tätern zu werden. Aber wie hätte man hier Einhalt gebieten können? Sworbreck kauerte sich zusammen, als ein Pferd vorbeigaloppierte und ihn mit blutigem Schnee bespritzte. Er war ein Einzelner, allein, und noch dazu kein Kämpfer. Seine Feder war seine einzige Waffe, und so groß die Schreiber ihre eigene Macht auch einschätzen mochten, in einem Duell konnte sie gegen Axt und Rüstung nichts ausrichten. Zumindest das hatte er in den letzten Monaten begriffen, wenn auch sonst nichts.
    »Dimbik!«,

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