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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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tiefen Streich über seinen Rücken und den Schnee, der kalt, kalt sein Gesicht berührte, als er stürzte.
    Hufe sprangen über ihn hinweg, umkreisten ihn, ließen weißen Staub auf ihn herunterwirbeln. Er versuchte aufzustehen, kam aber nur mühsam auf alle viere und zitterte, so anstrengend war das. Sein Rücken wollte sich nicht mehr strecken lassen, so viel Schmerz, alles brannte, und er wimmerte und wütete und war hilflos, seine Tränen schmolzen winzige Löcher in den Schnee unter seinem Gesicht, und jemand packte ihn an den Haaren.
    Brachio stieß dem Jungen das Knie in den Rücken und drückte ihn in den Schnee, zog ein Messer heraus und schnitt ihm die Ohren ab, wobei er sich alle Mühe gab, das so ordentlich wie möglich zu tun, was gar nicht so einfach war, weil der Bursche noch zappelte und gurgelte. Dann wischte er das Messer im Schnee ab und schob es wieder in seinen Waffengurt, dachte kurz darüber nach, dass ein Waffengurt voller Messer eine verdammt nützliche Sache in seinem Geschäft war, und fragte sich wieder einmal, wieso sich das nicht mehr durchgesetzt hatte. Vielleicht war der Junge noch am Leben, als Brachio das Gesicht verzog und seinen massigen Körper schnaufend wieder in den Sattel schwang, aber der ging nirgendwo mehr hin. Nicht nach dem Säbelhieb, den er ihm verpasst hatte.
    Brachio lachte leise, als er seine Trophäen betrachtete, und als er zum Lager hinunterritt, dachte er bei sich, wie schön sie sich dazu eignen würden, seine Töchter zu erschrecken, wenn Cosca ihn reich gemacht hatte und er endlich nach Puranti zurückkehren würde. Echte Geisterohren, das war doch was! Er stellte sich das Lachen der Mädchen vor, wenn er sie durch den Salon jagte, wobei sie in seiner Vorstellung immer noch klein waren, und der Gedanke machte ihn traurig, dass sie schon fast erwachsene Frauen seien würden, wenn er sie wiedersah.
    »Wohin geht nur die Zeit?«, brummte er vor sich hin.
    Sworbreck stand am Rand der Siedlung und sah mit offenem Mund zu, wie die Reiter die letzten Wilden in den Wald jagten. Er war ein komischer kleiner Knilch, aber Brachio hatte sich allmählich richtig an ihn gewöhnt.
    »Sie sind doch ein gebildeter Mann«, rief er, als er näher herankam, und hielt die Ohren hoch. »Was soll ich am besten mit denen machen? Sie trocknen? Einlegen?« Sworbreck antwortete nicht, sondern stand nur da und guckte so komisch aus der Wäsche, als wollte ihm gerade übel werden. Brachio schwang sich aus dem Sattel. Es gab noch viel zu tun, aber er wollte verdammt sein, wenn er sich jetzt hetzen ließ; er war jetzt schon außer Atem. Sie waren alle nicht mehr so jung wie früher, dachte er. »Kopf hoch«, sagte er. »Wir haben doch gewonnen, oder nicht?« Er gab dem Schreiber einen Klaps auf die mageren Schultern.
    Sworbreck taumelte, streckte die Hand aus, um sich abzustützen, fühlte Wärme und erkannte, dass er seine Finger in die dampfenden Eingeweide eines Wilden gesteckt hatte, die sich von dem Körper getrennt hatten, der ein gutes Stück entfernt lag.
    Cosca nahm einen weiteren, langen Schluck aus seiner Flasche – hätte Sworbreck irgendwo gedruckt gelesen, wie viel Schnaps der Alte inzwischen täglich in sich hineingoss, hätte er die Information als dreiste Lüge abgetan – und drehte den Leichnam mit dem Fuß auf die andere Seite, rümpfte dann die leicht gerötete Nase und wischte sich den Stiefel an der Wand der nächsten Hütte ab.
    »Ich habe gegen Nordmänner gekämpft, gegen Kaiserliche, Unionisten, Gurkhisen, alle möglichen Styrer und eine Menge andere, von denen ich nie rausgekriegt habe, wo sie eigentlich herkamen.« Cosca stieß einen Seufzer aus. »Und vom Drachenvolk muss ich leider sagen, dass es als Gegner stark überschätzt wird. Das können Sie so zitieren.« Sworbreck konnte gerade eben eine neue Welle von Übelkeit niederkämpfen, während der Alte weiterplapperte. »Aber andererseits kann man auch oft die Tapferkeit selbst gegen einen Mann einsetzen, wenn man einen sorgfältig durchdachten Hinterhalt vorbereitet hat. Kühnheit, wie Verturio so schön gesagt hat, ist die Tugend des toten Mannes … Ah. Sie sind ein wenig … unpässlich. Manchmal vergesse ich, dass nicht jeder mit solchen Szenen so vertraut ist. Aber Sie wollten doch eine Schlacht miterleben, oder nicht? Schlachten sind … nicht immer ruhmreich. Ein General muss Realist sein. Der Sieg hat Priorität, verstehen Sie?«
    »Natürlich«, murmelte Sworbreck zu seiner eigenen Überraschung.

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