Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
–, stolperte dann zur Seite und stürzte von der Brustwehr, prallte von den Felsen ab und blieb zusammengekrümmt neben dem Tor liegen.
    Die zwei Drachenleute, die das Tor schließen wollten, hatten nun ebenfalls Waffen gezogen. Alte Männer, wie sie jetzt sah, sehr alt. Jubair hieb mit seinem Säbel nach dem einen und schleuderte ihn mit einer Drehung gegen den Fels. Zwei Söldner wandten sich dem anderen zu und fällten ihn, fluchend, schlagend, tretend.
    Scheu starrte das Mädchen an, das sie getroffen hatte, wie es dalag. Nicht viel älter als Ro, vermutete sie. Vielleicht zur Hälfte mit Geisterblut in den Adern, jedenfalls nach der weißen Haut und der Form der Augen zu urteilen. Genau wie Scheu. Dafür kannst du dein Geisterblut verantwortlich machen. Sie sah hinunter, und das Mädchen sah zu ihr hoch, atmete schnell und flach, sagte nichts, die Augen ganz dunkel und feucht, und Blut war auf ihren Wangen. Scheus freie Hand öffnete und schloss sich nutzlos.
    »Hier!«, brüllte Jubair und hob eine Hand. Scheu hörte einen leisen Antwortruf. Sah, dass sich Männer hinter dem Tor den Berghang hinaufmühten. Coscas Männer, die Waffen gezogen. Erhaschte einen kurzen Blick auf Süß, vielleicht, der sich zu Fuß vorankämpfte. Die anderen Söldner stießen die Tore weit auf, um die Verstärkung durchzulassen. Tore aus Metall, vier Finger dick, die aber so leise aufschwangen wie ein Kistendeckel.
    »Gott ist mit uns«, sagte Jubair, dessen Grinsen mit Blut durchsetzt war.
    Gott vielleicht, aber Lamm war nirgendwo zu sehen. »Wo ist Lamm?«, rief sie und sah sich wilden Blickes um.
    »Weiß ich nicht«, war alles, was Savian herausbrachte. Er atmete schwer und stand vornüber gebeugt da. »Ist woanders langgegangen.«
    Sie rannte wieder los.
    »Warte!«, keuchte Savian hinter ihr her, aber für ihn war mit dem Rennen Schluss. Scheu hastete zum nächsten Haus und konnte mit ihrem pochenden Kopf gerade noch so weit denken, dass sie sich den Bogen über die Schulter schlang und ihr Kurzschwert zog. Sie wusste nicht genau, ob sie je ein Schwert im Zorn geschwungen hatte. Als sie diesen Geist umgebracht hatte, der Lief getötet hatte, vielleicht. Aber wenn sie jetzt drüber nachdachte, wusste sie das nicht mehr genau. Sie holte tief Luft und riss die Tierhaut beiseite, die vor dem Eingang hing, sprang dann in den Raum dahinter, die Klinge voran.
    Vielleicht hatte sie erwartet, Pit und Ro würden die Köpfe heben und in Tränen der Dankbarkeit ausbrechen. Stattdessen war da ein leeres Zimmer, und es war nichts weiter zu sehen als Lichtstreifen, die über einen staubigen Boden fielen.
    Sie stürmte in das nächste Haus, das ebenso leer war wie das erste.
    Dann rannte sie ein paar Stufen hinauf und durch einen Torbogen, der sich in der Felswand auftat. In diesem Raum gab es Möbel, vom Lauf der Zeit poliert, mit ordentlich gestapelten Schüsseln, aber kein Zeichen von Leben.
    Ein alter Mann kam aus dem nächsten Eingang gelaufen, prallte gegen Scheu, rutschte aus und stürzte, ein großer irdener Topf fiel aus seinen Händen und zerbrach auf dem Boden. Er kroch zur Seite, hielt einen zitternden Arm empor, murmelte etwas, verfluchte Scheu vielleicht, oder aber er bettelte um sein Leben, rief irgendeinen vergessenen Gott an, und Scheu hob das Schwert und sah auf ihn hinunter. Nur mit Mühe konnte sie sich davon abhalten, ihn umzubringen. Ihr ganzer Körper brannte darauf, aber sie musste die Kinder finden. Bevor Coscas Männer in diese Stadt einfielen und von Mordlust gepackt wurden. Sie musste die Kinder finden. Wenn sie überhaupt hier waren. Sie ließ den alten Mann in einen Eingang kriechen.
    »Pit!«, schrie sie mit brechender Stimme. Wieder die Treppe hinunter und in einen anderen düsteren, heißen, leeren Raum, mit einem Durchgang am Ende, der in ein anderes Zimmer führte. Es war der reinste Irrgarten. Eine Stadt, gebaut für viele Tausende, hatte Weinender Fels gesagt. Wie zur Hölle sollte sie hier drin zwei Kinder finden? Von irgendwoher erscholl Gebrüll, seltsam, widerhallend.
    »Lamm?« Sie schob sich das verschwitzte Haar aus dem Gesicht.
    Jemand stieß ein panisches Kreischen aus. Nun kamen Leute aus den Eingängen der niedrigen Häuser weiter unten gerannt, ein paar von ihnen trugen Waffen, andere Werkzeuge, eine grauhaarige Frau hatte einen Säugling in den Armen. Manche sahen sich entsetzt um, spürten, dass etwas nicht stimmte, wussten aber nicht genau, was. Andere rannten davon, weg vom Tor, weg von

Weitere Kostenlose Bücher