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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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wispernder Dampf, Heulen und Lachen leckte durch die Wände. Das Lachen war dabei das Schlimmste.
    »Lamm?«
    Sie tastete sich vorsichtig zu dem Durchgang am Ende des Flurs und drängte sich gegen die Wand. Ein heißer Luftzug wehte an ihr vorüber. Wieder schob sie sich das nasse Haar aus den brennenden Augen, schüttelte Schweißtropfen von den Fingerspitzen und nahm ihren ganzen, ausgefransten Mut zusammen. Für Pit und Ro. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Sie trat durch das Tor, und ihr blieb der Mund offen stehen. Eine riesige Leere tat sich vor ihr auf, eine große Spalte, ein Abgrund im Innern des Berges. Auf einem Gesteinssims befanden sich Werkbänke, Ambosse und Schmiedewerkzeuge. Dahinter gähnte eine schwarze Kluft, die von einer Brücke überspannt wurde, die keine zwei Schritt breit war, ohne Geländer, und die sich durch die Dunkelheit zu einem zweiten Sims und einem weiteren Durchgang in etwa fünfzig Schritt Entfernung hinüberschwang. Die Hitze war vernichtend, und die Brücke wurde an der Unterseite von Feuern angestrahlt, die weit außer Sicht in der Tiefe grollten. In den Felswänden schimmerten Kristalladern, und alles Metall in der Höhle, von den Hämmern und Ambossen und Eisenbarren bis zu ihrem eigenen Schwert schimmerte wie in einer Eisenschmelze. Scheu schluckte, als sie sich vorsichtig an den schrecklichen Abgrund herantastete und sah, dass die gegenüberliegende Felswand weit, weit, weit nach unten abfiel. Als ob es sich hier um obere Bereiche der Hölle handelte, die von den Lebenden nie betreten werden sollten.
    »Da hätte man doch wohl wirklich ein Geländer anbringen können«, raunte sie.
    Waerdinur stand auf der Brücke hinter einem großen, viereckigen Schild, auf dessen Oberfläche ein Drache eingearbeitet worden war, und daneben zeigte sich die helle Spitze einer Speerklinge, die den Weg versperrte. Ein Söldner lag tot vor ihm, ein anderer versuchte, sich auf sicheren Boden zurückzuziehen und stocherte wild mit einer Hellebarde herum. Ein dritter kniete nicht weit von Scheu entfernt und spannte einen Flachbogen. Waerdinur sprang vor und durchbohrte den Hellebardenträger mühelos mit seinem Speer, dann machte er einen Schritt nach vorn und schubste den Mann von der Brücke. Er stürzte geräuschlos ins Leere. Nichts war zu hören. Weder von seinem Fall, noch von einem Aufprall auf den Boden.
    Der Drachenmann richtete sich wieder auf, die untere Kante des großen Schilds schlug scheppernd auf die Brücke, als er ihn kurz abstellte, und über seine Schulter rief er Worte, die Scheu nicht verstand. Hinter ihm eilten Menschen durch die Schatten – Alte und auch Kinder. Ein Mädchen rannte als Letzte hinter den anderen her.
    »Ro!« Scheus Schrei war wie tot in der pulsierenden Hitze, und das Mädchen rannte weiter, bis es von den Schatten auf der anderen Seite der Brücke verschluckt wurde.
    Waerdinur hielt weiter aus, duckte sich hinter seinen Schild und beobachtete sie über den Rand hinweg, und sie knirschte mit den Zähnen und stieß ein frustriertes, wütendes Zischen aus. Da war sie so nahe herangekommen, und nun ging es nicht mehr weiter.
    »Nimm das, Arschloch!« Der letzte Söldner hob seinen Flachbogen, doch der Bolzen prallte von Waerdinurs Drachenschild ab und fiel ins Dunkle, drehte sich trudelnd, ein winziger orangefarbener Splitter in der tintenschwarzen Leere. »Nun, der kommt nicht weit.« Der Bogenschütze fischte einen weiteren Bolzen aus seinem Köcher und machte sich daran, den Bogen wieder zu spannen. »Wenn noch ein paar weitere Schützen herkommen, kriegen wir ihn, früher oder später. Ist verdammt noch mal kein Problem …«
    Scheu sah aus dem Augenwinkel etwas blitzen, und der Söldner sackte vor der Mauer zusammen, von Waerdinurs Speer durchbohrt. Er sagte: »Oh«, rutschte in eine sitzende Haltung, legte seinen Bogen sorgfältig auf dem Boden ab. Scheu trat gerade einen Schritt auf ihn zu, als sie eine sanfte Berührung an der Schulter spürte.
    Lamm war hinter ihr, aber das war keinesfalls beruhigend. Er hatte seinen Mantel irgendwo verloren und stand in seiner Lederweste da, schien nur aus Narben und hervortretenden Sehnen zu bestehen. Sein Schwert war in der Mitte abgebrochen, die gesplitterte Klinge mit Blut bedeckt, das bis zu seinem Ellenbogen reichte.
    »Lamm?«, flüsterte sie. Er sah sie nicht einmal an, schob sie nur mit dem Arm beiseite, und ein feuriges Glühen flammte in seinen schwarzen Augen auf, die starr auf die andere Seite der

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