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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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gesunden Bein stand und er auf zwei sehr wackligen. »Hast du schon einen Plan?«
    »Dich umbringen und mich deines Körpers bemächtigen?«
    »Das ist immerhin noch besser als alles, was mir einfällt.« Er sah an den Seiten der Schlucht entlang und suchte nach einer Fluchtmöglichkeit, stolperte dann zu der vielversprechendsten Stelle, und Scheu humpelte neben ihm her, beide vor Schmerz und Anstrengung keuchend. Es wäre beinahe komisch gewesen, hätte er nicht gewusst, dass seine früheren Kollegen ganz in der Nähe sein mussten. Aber das wusste er. Und deswegen war ihm überhaupt nicht nach Lachen zumute.
    »Tut mir leid, dass ich dich hier reingezogen habe«, sagte sie.
    »Ich habe mich selbst hier reingezogen. Schon vor langer Zeit.« Er packte einen aus der Steilwand wachsenden Busch, aber der löste sich samt Wurzelwerk und ließ dabei jede Menge lose Erde herabregnen, von der ein großer Teil den Weg in Tempels Mund fand.
    »Lass mich hier zurück und hau ab«, sagte Scheu.
    »Verlockend …« Hastig sah er sich nach einer anderen Stelle um, an der sie vielleicht emporklettern konnten. »Aber das habe ich schon versucht, und es hat nicht besonders gut geklappt.« Er zerrte an ein paar Wurzeln, und jetzt prasselte Kies auf sie herunter. Die Böschung bot so wenig verlässliche Unterstützung, wie er selbst das jahrelang getan hatte. »Ich versuche, jetzt nicht mehr ständig dieselben Fehler zu machen …«
    »Und wie läuft das so für dich?« Sie schnaufte gequält.
    »Im Augenblick könnte es besser sein.« Der obere Rand der Schlucht war nur ein paar Schritt über seiner Hand, aber es hätte genauso gut eine Meile sein können, es gab keine …
    »Hey, hey, Tempel!«
    Ein einzelner Reiter kam in gemächlichem Schritt die Straße entlanggetrabt, zwischen den beiden Furchen, die von den Wagenrädern hinterlassen worden waren. Jeder war inzwischen dünner als noch bei ihrem Aufbruch in Starikland, nur Brachio irgendwie nicht. Als er sie fast erreicht hatte, zügelte er sein Pferd, beugte seinen massigen Körper über das Sattelhorn und sprach auf Styrisch weiter. »Das war eine ganz schöne Verfolgungsjagd. Hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.«
    »Hauptmann Brachio! Welch eine Freude!« Tempel drehte sich so, dass er zwischen Scheu und dem Söldner stand. Ein lächerlicher Anflug von Edelmut, und es war ihm schon fast selbst ein wenig peinlich. Dennoch spürte er, wie Scheu seine Hand nahm, die Finger klebrig von Blut, und war dankbar dafür, auch wenn sie das vielleicht nur tat, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Hinter ihm rieselte noch ein wenig mehr Erde den Hang herab, und als er sich umsah, entdeckte er über ihnen einen weiteren Reiter, der einen geladenen Flachbogen locker in Händen hielt. Tempel merkte, dass seine Knie zitterten. Gott, er wäre so gern ein tapferer Mann gewesen. Und wenn auch nur für diese letzten Augenblicke.
    Brachio trieb sein Pferd gemächlich weiter voran. »Ich habe dem Alten immer gesagt, dass Ihnen nicht zu trauen ist, aber der hatte ja eine Schwäche für Sie.«
    »Gute Rechtskundige sind eben schwer zu finden.« Tempel sah sich um, als ob sich ganz plötzlich eine Möglichkeit zur Rettung offenbaren würde. Das geschah jedoch nicht. Er gab sich alle Mühe, ein wenig Selbstbewusstsein in seine krächzende Stimme zu legen. »Bringen Sie uns zu Cosca, dann kann ich diese Angelegenheit vielleicht bereinigen …«
    »Diesmal nicht.« Brachio zog mit metallischem Klingen seinen schweren Säbel, und Scheus Griff um Tempels Finger wurde fester. Sie mochte die Worte nicht verstanden haben, aber eine blanke Klinge braucht nun einmal keine Übersetzung. »Cosca ist auf dem Weg, und ich denke, er hätte gern schon alles in trockenen Tüchern, wenn er kommt. Also mit anderen Worten, dass Sie dann tot sind, falls Sie sich das gefragt hatten.«
    »Ja, das hatte ich mir schon gedacht«, krächzte Tempel. »Als Sie Ihren Säbel zogen. Aber vielen Dank für die Erklärung.«
    »Das ist doch das Mindeste. Ich mag Sie, Tempel, ich konnte Sie schon immer gut leiden. Sie sind jemand, den man leicht ins Herz schließt.«
    »Aber Sie werden mich trotzdem töten.«
    »Sie sagen das so, als gäbe es eine andere Möglichkeit.«
    »Ich bin selbst schuld. Wie immer. Aber …« Tempel fuhr sich über die Lippen und löste seine Hand aus Scheus Griff, sah Brachio in die müden Augen und versuchte, wieder einmal diesen aufrichtigen Blick heraufzubeschwören. »Vielleicht könnten Sie das

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