Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
ratterten die Räder des großen Wagens über den Boden, Dreckspritzer bissen in ihre Wange, sein verzerrtes Gesicht kam immer näher und näher und näher …
    Sie riss den Kopf nach vorn und schlug ihre Zähne in seine Nase, biss zu, biss und biss, und ihr Mund war voll salzigem Blutgeschmack, und er brüllte und wand sich und versuchte zurückzuweichen, und dann, plötzlich, fiel sie hintenüber, der Atem fuhr pfeifend in ihre Brust, sie rutschte über die Brustwehr und schlug seitlich gegen den Wagen, und der Atem drang stöhnend wieder aus ihrer Brust, als ihr Messer mit metallischem Klappern gegen den Wagen knallte und auf die Straße fiel – und es ihr irgendwie gelang, sich noch mit einer Hand festzuklammern, die Sehnen in ihrer Schulter so angespannt, dass sie glaubte, sie würden jeden Augenblick reißen.
    Zappelnd schwang sie sich herum, die Straße raste unter ihr dahin, und sie stieß mit zusammengebissenen Zähnen wilde Laute aus und schlug mit den Beinen, während sie versuchte, das Geländer auch wieder mit der anderen Hand zu fassen zu bekommen. Fast hatte sie es geschafft, als sie wieder zur anderen Seite geschleudert wurde, das herumwirbelnde Rad ihren Stiefel streifte und sie fast vom Wagen gerissen hätte. Sie probierte es noch einmal und konnte die Brüstung nun zumindest mit den Fingerspitzen erreichen; Stück für Stück bewegte sie ihre Hand weiter, stöhnte und wimmerte und hatte fast schon keine Kraft mehr, aber sie ließ sich nicht unterkriegen. Keuchend zog sie sich schließlich wieder bis auf die Brustwehr.
    Ihr Gegner taumelte noch übers Dach. Um seinen Hals lag ein Arm, und Tempels Gesicht war ganz nah an seinem, beide keuchten mit zusammengebissenen Zähnen. Sie sprang den Söldner an, fiel halb hin, packte mit beiden Händen den Arm, mit dem er das Messer führte, und drehte ihn um, zog ihn nach unten, zog mit aller Kraft, und seine Hängebacken zitterten, aus der verletzten Nase quoll Blut, seine Augen glitten zur Spitze seines Messers, die sie nun gegen ihn richtete. Er sagte etwas auf Kantesisch, schüttelte den Kopf, immer wieder dasselbe Wort, aber sie hatte keine Lust zuzuhören, selbst wenn sie seine Sprache verstanden hätte. Er keuchte, als die Spitze den Stoff seines Hemds durchdrang und sich in seine Brust bohrte, und sein Mund klaffte auf, als die Klinge tiefer hineinglitt, bis ganz ans Heft, und sie auf ihn drauffiel und Blut aufs Wagendach sickerte.
    Sie spürte etwas in ihrem Mund. Seine Nasenspitze. Hastig spuckte sie das Stückchen Knorpel aus und murmelte an Tempel gewandt: »Wer lenkt denn jetfft eigentlich?«
    Der Wagen kippte, tat einen knirschenden Satz, und Scheu flog durch die Luft.
    Tempel stöhnte, als er sich auf den Rücken rollte, um in den Himmel hinaufzugucken, die Arme weit ausgestreckt, der Schnee angenehm kühl an seinem bloßen Nacken …
    »Uh!« Er setzte sich auf, verzog angesichts verschiedener stechender Schmerzen das Gesicht und sah sich wilden Blickes um.
    Eine flache Schlucht, deren Wände aus streifig abgesetztem Gestein und Erde und einzelnen Schneeflecken bestanden, in der Mitte die Straße, links und rechts davon unebenes Gelände, mit Felsbrocken durchsetzt und mit Dornengestrüpp überwachsen. Der Wagen lag ein Dutzend Schritt entfernt auf der Seite, eine Tür fehlte, die andere stand sperrangelweit offen, eines der nach oben ragenden Räder war verschwunden, das andere drehte sich noch leicht. Die Deichsel war abgerissen, und die Pferde rannten immer noch weiter, ganz offensichtlich entzückt von ihrer plötzlichen Freiheit, waren schon ein ganzes Stück die Straße entlang und kaum noch zu sehen.
    Die Sonne tastete sich gerade bis auf den Grund der Schlucht und fiel schimmernd auf Gold. Eine Spur aus Schätzen von etwa dreißig Schritt führte bis zu dem verunglückten Wagen. In der Mitte des ganzen Reichtums saß Scheu.
    Er rannte los, rutschte aus und bekam eine gute Portion Schnee in den Mund, spuckte eine kleine Goldmünze aus und hastete zu ihr hinüber. Sie versuchte aufzustehen, hatte sich aber mit ihrem zerrissenen Mantel in einem Dornengestrüpp verfangen und sank wieder zu Boden, als er sie erreichte.
    »Mein Bein ist im Arsch«, stieß sie durch die zusammengebissenen Zähne hervor. Das Haar pappte ihr am Kopf, und Blut lief über ihr Gesicht.
    »Kannst du es bewegen?«
    »Nein. Deswegen sagte ich ja im Arsch .«
    Er legte den Arm um sie und schaffte es mit Mühe, sich mit ihr zusammen aufzurichten, bis sie auf ihrem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher