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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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krächzte Scheu.
    Ein anderes Pferd kam heran. Im Sattel, die Hände über dem Horn gekreuzt und das kurze Haar leicht windzerzaust rund um das ernste, scharf geschnittene Gesicht, saß Corlin. »Eine angenehme, hoffe ich.«
    »Ein bisschen spät.« Scheu nahm Tempels schlaffe Hand und zog sich daran hoch. »Aber ich denke, damit können wir leben.«
    Pferde erschienen am Rand des Tals, vielleicht drei Dutzend Reiter, alle gut bewaffnet und teilweise sogar mit Rüstungen ausgestattet. Es waren Männer und Frauen, alte und junge, wobei Tempel einige Gesichter aus Knick wiedererkannte, während er andere noch nie zuvor gesehen hatte. Drei oder vier hielten halb ausgezogene Bögen in den Händen. Sie waren nicht direkt auf Tempel gerichtet, aber auch nicht direkt in eine andere Richtung. Einige Leute zeigten ihre nackten Unterarme, und auf diesen Unterarmen waren Tätowierungen. Auf den Untergang der Union. Tod dem König. Erhebt euch!
    »Rebellen«, flüsterte Tempel.
    »Du hattest schon immer ein Talent dafür, das Offensichtliche in Worte zu fassen.« Corlin glitt aus dem Sattel, trat Brachios Fuß aus dem Steigbügel und wandte seine Leiche mit dem Stiefel um, so dass er glubschäugig in den Himmel glotzte, das dicke Gesicht mit Dreck verschmiert. »Ist dein Arm schlimm verletzt?«
    Scheu zog den zerfetzten Ärmel ein wenig mit den Zähnen zurück und offenbarte einen langen Schnitt, der noch nässte; das Blut rann bis zu ihren Fingerspitzen. Bei diesem Anblick bekam Tempel weiche Knie. Oder vielmehr noch weichere. Es war erstaunlich, dass er sich überhaupt noch auf den Beinen hielt. »Brennt ein bisschen«, sagte Scheu.
    Corlin zog einen Verband aus ihrer Tasche. »Man könnte meinen, wir hätten das schon mal erlebt, was?« Sie sah Tempel mit ihren blauen, blauen Augen an, während sie Scheus Arm mit der Binde umwickelte. Als ob sie niemals blinzelte. Tempel hätte das nervös gemacht, wenn er überhaupt noch Nerven gehabt hätte. »Wo ist mein Onkel?«
    »In Leuchtberg«, krächzte er, während die Rebellen abstiegen und ihre Pferde die steilen Hänge hinunterführten und überall lose Erde ins Rutschen brachten.
    »Lebendig?«
    »Das wissen wir nicht«, sagte Scheu. »Sie haben herausgefunden, dass er Conthus war.«
    »Tatsächlich?« Corlin packte Tempels schlaffe Hand und schloss sie um Scheus Handgelenk. »Halt das mal.« Dann knöpfte sie sich ihren Mantel auf.
    »Lamm ist zurückgeritten, um ihn zu retten, aber sie wurden entdeckt. Deswegen haben wir den Wagen geklaut. Süß hat die Pferde wild gemacht, damit sie etwas Zeit … bekommen … würden …«
    Corlin zog den Mantel aus und warf ihn über den Hals ihres Pferdes, und ihre sehnigen Arme waren von der Schulter bis zum Handgelenk blau vor Buchstaben, Wörtern und Parolen.
    »Ich bin Conthus«, sagte sie und zog ein Messer aus ihrem Gürtel.
    Es entstand eine Pause.
    »Oh«, sagte Tempel.
    »Ah«, sagte Scheu.
    Corlin, oder Conthus, schnitt den Verband mit einer schnellen Bewegung durch und befestigte ihn dann mit einer Nadel. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete sie nun die Trümmer des Wagens und ließ den Blick auf all dem Gold ruhen, das im Schnee funkelte. »Sieht aus, als wärt ihr zu Geld gekommen.«
    Tempel räusperte sich. »Ein bisschen. Die Honorare für Rechtskundige sind kürzlich sehr gestiegen …«
    »Wir könnten ein paar Pferde gebrauchen.« Scheu entwand ihren bandagierten Unterarm Tempels Griff und bewegte die Finger. »Nicomo Cosca wird nicht weit hinter uns sein.«
    »Ihr könnt dem Ärger einfach nicht aus dem Weg gehen, was?« Corlin klopfte Brachios Reittier gegen den Hals. »Wir haben zufällig zwei übrig. Aber die kosten eine Kleinigkeit.«
    »Du hast wahrscheinlich keine Lust zu feilschen?«
    »Mit dir? Ich glaube nicht. Betrachten wir es doch einfach als einen großzügigen Beitrag zur Befreiung von Starikland.« Sie nickte ihren Gefolgsleuten zu, und die kamen schon mit Säcken und Satteltaschen heran. Ein großer Kerl stieß Tempel mit der Schulter beinahe um, so eilig hatte er es. Ein paar andere krochen auf allen vieren herum und sammelten das Gold ein, das rund um den zerstörten Wagen auf der Erde lag. Andere drängten sich ins Innere, und schon bald war zu hören, wie sie die Gitter aufbogen und die Kisten aufbrachen, um den Schatz des Drachens zu stehlen, der nun zum dritten Mal in einer Woche den Besitzer wechselte.
    Es war noch nicht lange her, da hatte Tempel einen Reichtum besessen, wie ihn sich nicht
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