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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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einmal der größte Geizhals je hätte vorstellen können. Aber da er wenig später kurz davorgestanden hatte, seinen Kopf zu verlieren, kam es ihm unhöflich vor, sich über den Ausgang der Dinge zu beklagen.
    »Ein edles Ansinnen«, flüsterte er. »Bedient euch.«

ANDERE ZEITEN
    H ochwürden stand in ihrer üblichen Haltung auf ihrem Balkon, die Hände wie immer auf die Brüstung gestützt, die an diesen Stellen ganz blank poliert war, und sah Curnsbicks Leuten zu, die eifrig mit der Errichtung seiner neuen Manufaktur beschäftigt waren. Schon jetzt überragte der hohe Rohbau das Amphitheater, das Neue blickte hinab auf das Alte, und Gerüste zogen sich wie Spinnweben an der Stelle entlang, wo einst Papa Rings Weißes Haus gestanden hatte. Ein widerwärtiges Gebäude, in jeder Hinsicht. Ein Gebäude, das jahrelang all ihren Hass, ihre Durchtriebenheit und ihre Wut auf sich gezogen hatte. Wie sehr vermisste sie es jetzt!
    Hochwürden hin oder her, sie war zur Königin von Fernland aufgestiegen, als Ring am Galgen mit dem Zappeln aufgehört hatte, aber kaum dass sie den Siegerkranz in Händen hielt, waren seine Blätter auch schon welk. Die Gewalt und die Brände hatten die Hälfte der Bevölkerung aus der Stadt vertrieben. Dann machten Gerüchte die Runde, laut denen die Goldfunde allmählich versiegten. Dann hieß es, es sei im Süden in der Nähe von Hoffnung zu einem Angriff gekommen, und plötzlich verließen die Leute Knick in Scharen. Da es nun niemanden mehr gab, gegen den man kämpfen musste, hatte sie die meisten ihrer Männer entlassen. Die hatten daraufhin verärgert gezündelt und auf ihrem Weg aus der Stadt noch einen guten Teil der Gebäude abgebrannt. Trotzdem standen noch etliche Häuser leer, und es kam keine Miete herein. Stadtgrundstücke und Gebietsansprüche in den Bergen, für die noch kurz zuvor getötet worden war, verloren über Nacht an Wert. Die Spielhallen und Freudenhäuser waren größtenteils zugenagelt, und nur noch vereinzelte Kunden fanden den Weg in Hochwürdens Würfelkirche, wo einst so viel Geld hereingekommen war, als ob sie eine Münzstätte betrieb.
    Knick gehörte nun ihr allein. Aber es war fast wertlos.
    Manchmal hatte Hochwürden das Gefühl, als hätte sie ihr Leben damit zugebracht, Dinge mit Schweiß, Blut und viel Mühe aufzubauen, um dann dabei zusehen zu müssen, wie sie wieder zerstört wurden. Durch ihre eigene Überheblichkeit, durch die Rachsucht anderer, und durch launenhafte Schläge dieses blinden Grobians, der sich Schicksal nannte. Einem Debakel nach dem anderen war sie entflohen. Hatte am Ende sogar ihren Namen abgelegt. Und auch jetzt noch hatte sie stets eine fertig gepackte Tasche bereitstehen. Sie leerte ihr Glas und schenkte sich nach.
    Das ist echter Mut. Die Enttäuschungen und gescheiterten Hoffnungen, die Schuld und die Schande, alle verursachten und empfangenen Wunden zu akzeptieren und in der Vergangenheit zu versenken. Neu anzufangen. Das Gestern zu verdammen und sich mit hoch erhobenem Kopf dem Morgen zu stellen. Wer solche Schicksalsschläge kommen sieht und entsprechende Vorkehrungen trifft und sich anpassen kann, dem gelingt es, zu Wohlstand zu kommen. Und daher hatte sie sich mit Curnsbick geeinigt und ihr hart erkämpftes kleines Imperium ohne ein böses Wort erneut geteilt.
    Daraufhin hatte Curnsbick ein leeres Bordell zu einer kleinen Manufaktur umgebaut, die verdammt groß aussah, als sie erst einmal fertig war, und die schwarzen Rauch erst aus zwei, dann aus drei Zinnschornsteinen spuckte, so dass das Tal an windstillen Tagen unter einer Dunstglocke lag und die wenigen Huren, die noch immer nackte Tatsachen auf ihren Balkonen präsentierten, sich vor dem Qualm lieber ins Innere ihrer Häuser zurückzogen.
    So, wie es aussah, würde seine neue Manufaktur doppelt so große Schornsteine bekommen. Das größte Gebäude im Umkreis von hundert Meilen. Sie wusste kaum, was dort eigentlich vor sich ging, außer, dass es irgendwas mit Kohle zu tun hatte. Tatsächlich war am Ende wenig Gold in den Bergen gefunden worden, aber dieses schwarze Zeug wurde in unfassbaren Mengen dort gefördert. Als die Schatten der Manufaktur langsam länger wurden, begann Hochwürden sich zu fragen, ob sie mit Ring auf der anderen Straßenseite nicht besser bedient gewesen war. Den hatte sie wenigstens verstanden. Aber Ring war nicht mehr da, und die Welt, über die sie gestritten hatten, war mit ihm dahingegangen, hatte sich aufgelöst wie Rauch im Wind.

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