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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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Hauptmann Dimbik folgten ihm.
    Hochwürden fasste Lorsen mit sanftem Griff am Arm. »Herr Inquisitor Lorsen, ich protestiere.«
    Er erwiderte ihren gereizten Blick. »Meine liebe Frau Hochwürden, ich protestiere seit Monaten. Und das hat mir auch nichts genützt.«
    Cosca schien das halbe Dutzend grimmiger Schläger nicht zu beachten, die an beiden Seiten des Eingangs herumlungerten. Aber Kogg bemerkte sie durchaus, als er nach den anderen die Treppe erklomm, und wie er Hells besorgten Blick entnahm, hatte der sie auch gesehen. Vielleicht war die Kompanie den Schergen vor Ort zahlenmäßig überlegen, und die Nachhut rückte über die Ebene heran, so schnell die Leute laufen konnten, aber der Gedanke an einen Kampf, jetzt und hier, gefiel Kogg nicht.
    Fürs Kämpfen hatte er schließlich generell nichts übrig.
    Hauptmann Dimbik zupfte sich seine Uniform ordentlich zurecht. Auch wenn sie vorn ganz dreckverschmiert war. Auch wenn die Nähte allmählich aufgingen. Auch wenn er zu keinem Heer mehr gehörte, zu keiner Nation, und für keine Überzeugung oder Prinzipien kämpfte, an die ein geistig gesunder Mensch hätte glauben mögen. Auch wenn er sich völlig verloren fühlte und verzweifelt den bodenlosen Selbsthass und das Selbstmitleid zu verbergen versuchte, das er empfand.
    Besser ordentlich angezogen als zerknittert.
    Die Spielhalle hatte sich seit seinem letzten Besuch verändert. Der große Saal war größtenteils geräumt worden, so dass nun in der Mitte eine große Fläche knarrender Dielen frei blieb. Die Würfelspiel- und Kartentische waren an die Wand gerückt, die Frauen weggeschickt, die Kunden verschwunden. Es waren nur noch ungefähr zehn von Hochwürdens Schergen anwesend, deutlich sichtbar bewaffnet und wachsam unter den leeren Mauernischen postiert, ein Mann wischte am Tresen die Gläser aus, und in der Mitte des Raums befand sich ein einziger Tisch, der frisch poliert worden war, auch wenn er noch immer deutliche Gebrauchsspuren zeigte. Tempel saß dort vor einem Stapel Dokumente und wirkte seltsam gelassen, als er Dimbiks Männer bemerkte, die hereinstürmten und ihn umringten.
    Konnte man sie überhaupt noch Männer nennen? Sie waren unglaublich zerlumpt und ausgemergelt, und ihre Moral, die nie stark ausgeprägt gewesen war, hatte inzwischen ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. Nicht, dass sie jemals besonders vielversprechende Vertreter der menschlichen Rasse gewesen wären. Dimbik hatte einmal vor langer Zeit versucht, sie an ein wenig Disziplin zu gewöhnen. Nach seiner Entlassung aus dem Heer. Nach dieser Blamage. Er erinnerte sich düster, als ob er die Szene durch einen Raum voller Dampf betrachtete, an diesen ersten Tag in Uniform, wie er elegant vor dem Spiegel gestanden hatte, aufgeputscht von lauter herrlichen Geschichten über soldatische Heldentaten und in dem sicheren Bewusstsein, dass eine strahlende Offizierskarriere auf ihn wartete. Niedergeschlagen zupfte er die speckigen Überreste dieses edlen Tuchs noch einmal zurecht. Wie hatte er nur so tief sinken können? Nicht einmal Abschaum war er, sondern der Befehlsempfänger von Abschaum.
    Er sah dem berüchtigten Nicomo Cosca zu, wie der über die freie Fläche inmitten des Saales schritt und seine verbogenen Sporen klirrten, die Augen bohrend auf Tempel gerichtet und das rattenähnliche Gesicht voll rachelüsternem Hass verzerrt. Natürlich ging er zunächst zum Tresen, wohin auch sonst? Er nahm eine Flasche, zog den Korken mit den Zähnen heraus und gurgelte dann ein gutes Viertel ihres Inhalts in einem Zug hinunter.
    »Hier ist er also!«, schnarrte der Alte. »Der Kuckuck in unserem Nest! Die Schlange von unserem Busen! Die … die …«
    »Die Made in der Kacke?«, schlug Tempel vor.
    »Warum nicht, wenn Sie das selbst schon so formulieren? Was hat Verturio gesagt? Fürchte niemals deine Feinde, aber stets deine Freunde. Ein weiser Mann, weiser als ich, keine Frage! Ich hatte Ihnen verziehen! Ich hatte Ihnen verziehen , und wie haben Sie mir das gedankt? Ich hoffe, Sie machen sich Notizen, Sworbreck! Sie können vielleicht eine kleine Parabel vorbereiten, über den Mythos der Wiedergutmachung und den Preis des Verrats.« Der Schreiber beeilte sich, seinen Bleistift hervorzuziehen, während Coscas grimmiges Lächeln verblasste, bis nur noch die Grimmigkeit übrig blieb. »Wo ist mein Gold, Tempel?«
    »Ich habe es nicht.« Der Rechtskundige hielt den Papierstapel in die Höhe. »Aber ich habe das hier.«
    »Hoffentlich ist es
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