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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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Dreckskerl Inquisitor Lorsen! Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass sie sich mit Ihrem Kopf zufriedengeben werden?«
    Tempel schluckte. »Ich fürchte, nein.«
    »Das fürchte ich auch. Aber in Ermangelung eines besseren Vorschlags muss ich ihnen das vielleicht trotzdem anbieten.«
    »Rein zufällig …« Tempel fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »… hätte ich einen Vorschlag.«
    Hochwürden packte Tempel am Hemd und zog ihn zu sich heran. »Einen guten? Den besten, den ich je gehört habe?«
    »Das bezweifle ich ernsthaft, aber unter den gegebenen Umständen … Haben Sie dieses Abkommen noch?«
    »Ich bin müde«, sagte Korporal Hell, der unbeeindruckt auf die zusammengewürfelten Hütten von Knick blickte.
    »Joh«, knurrte der alte Kogg erwidernd. Er musste die Augen mit Gewalt offen halten. Seine Lider waren schwer von den Ausschweifungen der letzten Nacht, dem Schrecken, den die durchgegangenen Pferde verursacht hatten, dem anstrengenden Fußmarsch und dem anschließenden harten Ritt.
    »Und dreckig«, sagte Hell.
    »Joh.« Der Rauch der Feuer der letzten Nacht, der Dreck, in den sie sich geworfen hatten, um den Pferden auszuweichen, und dann noch die stetigen Schlammspritzer der galoppierenden Reittiere, hinter denen sie hergetrabt waren.
    »Und wund«, sagte Hell.
    »Keine Frage.« Das lag wieder an den Ausschweifungen und dem Ritt, außerdem war Kogg in den Bergen gestürzt, und die alte Wunde am Hintern tat sowieso immer weh. Man hätte ja gar nicht glauben sollen, dass ein Pfeil im Hintern einem das ganze Leben zur Hölle machen würde, aber so war es nun mal. Arschrüstungen. Die waren der Schlüssel für ein gutes Söldnerleben.
    »Es war ein verdammt anstrengender Feldzug«, sagte Kogg.
    »Wenn man dieses Wort überhaupt auf ein halbes Jahr anwenden kann, in dem wir nichts gemacht haben außer Reiten, Saufen, Morden und Rauben.«
    »Worauf würdest du es denn sonst anwenden?«
    Hell dachte kurz darüber nach. »Stimmt auch wieder. Aber sag mal, hast du schon mal einen schlimmeren erlebt? Du bist doch schon seit Jahren bei Cosca.«
    »Im Norden war’s kälter. In Kadir war’s staubiger. Dieses letzte Hickhack da in Styrien war blutiger. Da gab es mal sogar eine Revolte der Kompanie.« Er rückte die Handschellen an seinem Gürtel zurecht. »Da hat er dann damit aufgehört, die Leute in Ketten zu legen, und ist dazu übergegangen, bei jedem Verstoß sofort zu hängen. Aber genau genommen nicht. Nee, was Schlimmeres hab ich noch nicht erlebt.« Kogg zog ein wenig Rotz hoch, schob ihn genüsslich im Mund herum, um ein gutes Gespür für seine Konsistenz zu bekommen, dann lehnte er sich ein wenig zurück und spuckte ihn durch das offene Fenster einer der elenden Hütten.
    »Ich hab noch nie jemanden gesehen, der so spucken konnte wie du«, sagte Hell.
    »Das ist’ne Frage der Übung«, erklärte Kogg. »Wie alles im Leben.«
    »In Bewegung bleiben!«, brüllte Cosca über seine Schulter hinweg von der Spitze der Kolonne zu ihnen herüber. Wenn man achtzehn Mann eine Kolonne nennen konnte. Aber immerhin zählten sie zu den Glücklichen. Der Rest der Kompanie kämpfte sich vermutlich noch zu Fuß über das Hochplateau. Jedenfalls die, die noch am Leben waren.
    Hells Gedanken gingen offenbar in dieselbe Richtung. »Haben ’ne Menge gute Leute verloren in den letzten Wochen.«
    »Gut ist vielleicht ein bisschen übertrieben.«
    »Du weißt schon, was ich meine. Kann gar nicht glauben, dass Brachio nicht mehr da ist.«
    »Der ist ein echter Verlust.«
    »Und Jubair.«
    »Bei dem schwarzen Drecksack tut’s mir allerdings nicht leid, dass er seinen Kopf nicht mehr auf den Schultern trägt.«
    »Er war ja ein komischer Typ, das stimmt, aber ziemlich nützlich, wenn man in der Klemme saß.«
    »Da möchte ich lieber gar nicht erst in eine Klemme geraten.«
    Hell sah ihn von der Seite an, dann ließ er sein Pferd ein klein wenig zurückfallen, so dass die anderen ihn nicht hörten. »Seh ich genauso. Ich will nach Hause, das ist meine Meinung.«
    »Wo ist denn für solche wie wir zu Hause?«
    »Na gut, dann eben irgendwo anders hin. Bloß nicht hier.«
    Kogg betrachtete das Durcheinander aus Holz und Ruinen, aus dem Knick bestand. Der Ort war noch nie angetan gewesen, einen kultivierten Menschen zu entzücken, jetzt noch weniger als früher, nachdem große Teile niedergebrannt und viele der verbliebenen Gebäude offenbar verlassen worden waren. Die Einwohner sahen aus wie Leute, die entweder nicht
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