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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wusste nicht, gegen wen der Nubier kämpfte, aber es waren
sechs Gegner, die dem nubischen Hünen offensichtlich durchaus
ebenbürtig waren. Abu Dun war krank. Während der letzten
beiden Stunden hatte Andrej ihn stützen müssen, und der
schwarze Riese hatte die ganz Nacht über im Fieber gesprochen
und gestöhnt.
    Das Schlimmste aber war, dass er seine Waffe zurückgelassen
hatte, als er aufgebrochen war; ein Leichtsinn, den er sich im
Nachhinein selbst nicht erklären konnte. Aber mit welcher
Gefahr hätte er schon rechnen sollen, in einem Land, das nur aus
Kälte und ewiger Dämmerung und Leere zu bestehen schien?
Eine dumme, wenn auch verzeihliche Nachlässigkeit – nur dass
in diesem Fall aus einem kleinen Versäumnis durchaus ein
tödlicher Fehler zu werden drohte.
    Endlich hatte er die letzte Biegung des steil ansteigenden
Pfades erreicht, und für einen Moment verschwanden die
Kämpfenden aus seinem Blickfeld; er sah nicht mehr als die
lodernden Flammen des Feuers und Funken, die zischend im
Schnee erloschen. Die Schreie wurden lauter, und nun hörte er
auch Abu Duns Wutgebrüll, in dem Furcht, vielleicht auch
Schmerz, mitzuschwingen schien.
    Im Laufen wechselte er den knüppeldicken Ast, den er bislang
in der Linken gehalten hatte, um sich im Notfall mit der Rechten
festhalten oder abstützen zu können, jetzt doch in seine
Waffenhand. Der Gedanke, mit einem Knüppel gegen Männer
anzutreten, die Schwerter hatten und offensichtlich gut genug
damit umzugehen verstanden, um selbst den nubischen Piraten
in Bedrängnis zu bringen, erschien ihm selbst lächerlich. Aber
es war besser als nichts.
    Zumindest glaubte er das, bis er die Biegung hinter sich
gebracht hatte und mit einem Satz auf das flache Plateau
hinaufsprang, auf dem sie Rast gemacht hatten.
    Er glaubte es sogar noch, als sein Blick über die sechs dunklen
Gestalten huschte, die auf Abu Dun eindrangen und ihn in einem
geübten Wechsel blitzartiger Angriffe, Rückzüge, Paraden und
Kontern vor sich hertrieben.
    Abu Dun wehrte sich nach Kräften, doch Andrej kannte den
Nubier lange und gut genug, um mit einem einzigen Blick zu
erfassen, dass seine Bewegungen bereits an Geschmeidigkeit
und explosiver Stärke verloren hatten. Abu Dun war krank.
Vielleicht kränker, als er bisher geglaubt hatte.
    Aber Abu Dun konnte nicht krank werden, so wenig wie er … Keiner der Kämpfenden schien Notiz von ihm zu nehmen – bis
auf Abu Dun. In der gleichen Bewegung, in der er einem
heimtückischen Schwertstoß auswich, zuckte sein Kopf zu
Andrej herum. Blut lief über Abu Duns Gesicht, und über
seinem linken Auge klaffte eine hässliche, bis auf den Knochen
reichende Wunde, die bewies, wie sehr ihn seine Gegner bereits
in Bedrängnis gebracht hatten, und in seinen weit aufgerissenen
    Augen glaubte Andrej Panik zu sehen.
»Hexenmeister!«, schrie er. »Pass auf!«
Selbst wenn Andrej den Sinn seiner Worte verstanden hätte,
    wäre es wohl zu spät gewesen. Er hatte sich auf die Männer
konzentriert, mit denen Abu Dun kämpfte – ein Fehler, denn
ihm war nicht einmal in den Sinn gekommen, dass das halbe
Dutzend Gestalten vielleicht nicht allein war. Ein Schatten
wuchs irgendwo rechts neben ihm auf, kaum mehr als ein
plötzliches Aufblitzen von Dunkelheit in seinem Augenwinkel,
tödlicher Stahl ließ rotes Licht in einer Woge winziger lautloser
Explosionen zersplittern und züngelte in einer unvorstellbar
schnellen Bewegung nach seinem Gesicht.
    Andrej ließ sich einfach fallen; keine bewusste Reaktion,
sondern ein Reflex, auf den er keinerlei Einfluss hatte. Die
Klinge, die ihn hatte enthaupten sollen, streifte seine Schulter,
riss seinen ohnehin aus kaum mehr als Fetzen bestehenden
Mantel auf und zog eine brennende Spur aus Schmerz und Blut
durch die darunterliegende Haut und den Muskel. Andrej
stürzte, und noch bevor er auf dem Boden aufschlug, setzte der
Fremde nach, ohne ihm auch nur den Hauch einer Atempause zu
gewähren. Der Mann war gut, dachte Andrej mit kalter
Sachlichkeit, die ihn selbst erstaunte – fast so gut wie er.
    Aber eben nur fast.
Sein Gegner nutzte den Schwung seines eigenen
Schwerthiebes, um sich nach vorne fallen zu lassen und die
Bewegung in einen neuerlichen Schlag umwandeln zu können –
genau, wie Andrej es an seiner Stelle getan hätte, eben nur eine
Spur langsamer … eine entscheidende Spur langsamer.
Andrej schlug mit seiner improvisierten Keule zu, als das Knie
des Angreifers auf

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