Blutkult (German Edition)
Viermal kamen die Strygarer nun schon hierher zu uns. Wir haben sie gehört, ihr Kreischen und Brüllen. Einmal haben sie sich einen Knaben geholt. Einen dummen Kerl, der es nicht besser wusste und bei Nacht in der Nähe des Waldes verweilte, um ein Mädchen mit seinem Mut zu beeindrucken. Niemand hat ihn je wieder gesehen. Seitdem verlassen wir bei Nacht nicht mehr die Häuser und verrammeln Türen und Fenster. Selbst das Vieh ist vor ihnen nicht sicher und muss in den Ställen bleiben.“
„ Ich habe bereits von den Strygarern gehört. Ich komme aus Wehrheim, aber dort hielten es die Leute nur für ein Schauermärchen.“
Der Bauer lachte. „Hier wissen wir es besser, doch schaurig ist es in der Tat. Und es scheint mir fast, dass mit den Strygarern auch anderes Unheil über diese Gegend gekommen ist. Auf den Feldern wächst längst nicht mehr so viel wie früher, die einst fruchtbare Erde stinkt verdorben. Unser Vieh frisst schlecht und die Kühe geben kaum Milch.“
Aus einem der Häuser trat eine Frau und lief zu der Siedlungspforte.
„ Komm endlich rein!“ rief sie dem Bauer zu. „Geschwätziger Kerl, die Dunkelheit naht.“
Deutlich hörte Larkyen die aufkommende Panik in ihrer Stimme.
„ Wenn du zahlen kannst, sollst du uns willkommen sein“, bot der Bauer an, „Wir haben selbst nicht viel, aber für einen mehr ist noch Platz an unserem Tisch, und du scheinst mir keiner von dem mittellosen Gesindel zu sein, das drüben beim Wasserfall in Zelten und Kutschen haust.“
„ Hättet ihr sie um ihrer Leben willen aufgenommen“, brummte Larkyen vor sich hin. Noch immer klebte ihr Blut an seiner Kleidung, so wie der Staub des Verzehrten unter seinen Fingernägeln haftete.
„ Bleibe bis zum Morgengrauen“, fuhr der Bauer fort. „Dann reite meinetwegen weiter nach Westen. Wenn dir dein Leben lieb ist, nimmst du mein Angebot an.“
„ Ich weiß deine Gastfreundschaft zu schätzen und danke dir für deine Auskunft über die Gegend, doch werde ich nun weiterziehen müssen.“
Weitere Rufe der Frau erklangen.
Der Bauer blickte kurz in die untergehende Sonne. Furcht zeichnete sich in seinem Gesicht ab.
„ Wie du willst, Fremder“, flüsterte er. Er nickte Larkyen zu und ging mit schnellen Schritten zum Haus. Die Tür schloss sich.
Larkyen ritt weiter. Bei einigen Häusern öffneten sich die Türen einen Spalt weit, und neugierige Blicke richteten sich auf ihn. Er hörte das Gerede der Menschen. Sie waren sich sicher, dass er die Nacht nicht überleben würde.
Die Sonne neigte sich, und die Schatten der Berge wurden länger, als Larkyen in den Ranoywald hineinritt. Die hohen Bäume hüllten den Weg in tiefste Dunkelheit. Sofort fiel ihm die außergewöhnliche Stille auf. Fast schien es, als würde die Natur hier den Atem anhalten. Nirgendwo ein Rascheln im Unterholz oder in den Kronen der Bäume. Er ritt schneller, um den Ranoywald endlich hinter sich lassen zu können. Sein Hengst Alvan trug ihn wie im Fluge durch die Finsternis.
Noch während Larkyen an den letzten Bäumen entlang ritt, drang der Geruch von Moder an seine Nase.
In nicht weiter Entfernung spiegelte sich das Mondlicht auf einer weiten feuchten Ebene. Kahle Baumstümpfe ragten wie schwarze Krallen in den Nachthimmel. Und wie man Larkyen angekündigt hatte, erstreckte sich über den ganzen Horizont ein Sumpf, vom Weg gesäumt.
Irgendwann erblickte er eine mannshohe Steinstatue von der Form eines knochigen Schädels, dessen Eckzähne lang und spitz zuliefen.
Er musterte sie nur kurz, denn zu seiner Überraschung sollte ihn sein Weg durch eine weitere Siedlung führen. Er sah bereits die Silhouetten der Häuser. Doch noch immer vernahm er keinen Laut. Auch hier nichts als Stille. Und am meisten verwunderte ihn, dass aus keinem der weit offenstehenden Fenster und Türen Licht drang.
Er betrat eines der Häuser. Im Inneren war es kalt, die Luft staubig und abgestanden. Der Kamin war mit dichten Spinnweben verhangen, schon seit dem Winter schien hier kein Feuer mehr gebrannt zu haben. Auf einem Esstisch standen vier Teller, gefüllt mit den lange verdorbenen Resten einer Mahlzeit. Die Stühle waren umgestoßen. Larkyen erkannte keinerlei Zeichen von Kampf, noch konnte er sich erklären, warum man geflüchtet war.
Als er das Gebäude verließ, fiel ihm ein in die hölzerne Tür geschnitztes Zeichen auf. Es hatte, wie schon die Statue, die Form eines knochigen Schädels, mit langen spitzen Eckzähnen.
Mochte dieses Zeichen der
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