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Blutkult (German Edition)

Blutkult (German Edition)

Titel: Blutkult (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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Lämmer so leichtfertig und töricht zur Schlachtbank begeben hatte.
    „ Erkläre dich rasch“, knurrte Larkyen.
    „ Wir sind aus einem kleinen Dorf namens Naurod“, stammelte der Sterbliche endlich und rang um Selbstbeherrschung. „Naurod lag nördlich des Ranoywaldes, an der Grenze zum Fürstentum Nemar. Wir mussten unser Dorf letzten Winter verlassen. Es war zu gefährlich dort. Ein bedrohlicher Schatten hatte sich über unsere Heimat gelegt. Unsere Felder verdorrten, unser Vieh nahmen sie uns, und selbst das Wild in den Wäldern haben sie in ihrer unstillbaren Gier inzwischen ausgerottet. Seitdem leben wir hier, in Zelten und Kutschen, von den wenigen Almosen unserer Landsleute, oder von der Habe Durchreisender. Verstehe doch, wir wurden unserer Lebensgrundlage beraubt. Und wann immer wir versuchten, in anderen Siedlungen Hilfe zu finden, verjagte man uns. Wer in Laskun mittellos ist, findet keinen Platz in einer Gemeinschaft. Wir können also nirgendwo mehr hin. Doch es wird noch vielen Siedlungen so ergehen wie Naurod, denn die Bestien gelangen früher oder später in alle Regionen Laskuns.“
    „ Von welchen Bestien sprichst du?“
    „ Bitte“, winselte der Sterbliche, „ich habe Familie, eine Frau und eine kleine Tochter. Wir brauchen doch etwas, wovon wir überleben können, nur deshalb griffen wir dich an.“
    „ Berichte mir von den Bestien“, forderte Larkyen, doch statt einer Antwort folgte nur winseln.
    Larkyen begegnete dem flehenden Blick seines Opfers mit erbarmungsloser Härte. Der furchtsame Sterbliche vor ihm mochte glauben, er habe aus Not gehandelt, doch Larkyen wusste: Es gab immer eine Wahl, dieser Mann hatte seine getroffen. Das Opfer spürte bereits, dass es sich in der Umklammerung des leibhaftigen Todes befand.
    „ Ich gebe dir, was immer du willst.“
    „ Alles was ich noch von dir will, ist dein Leben“, flüsterte Larkyen.
    Die grünen Raubtieraugen des Unsterblichen sollten das letzte sein, was der Mann je zu sehen bekam.
    Ein einziges Wort kam noch über die Lippen des Sterbenden, bevor er unter Larkyens Bann zu Staub zerfiel: „Strygarer.“
     
    Gegen Mittag tränkte Larkyen sein Pferd an einem Gebirgsbach und ließ es auf einer Wiese grasen. Er gönnte dem Reittier einen vollen Nachmittag, ehe er seinen Weg wieder aufnahm.
    Nicht weit entfernt erklang das Tosen eines Wasserfalls. Die Luft war feucht. Der Weg führte auf einer nahegelegenen Holzbrücke über einen Fluss.
    Dass erst kurz zuvor Reparaturen an der Brücke durchgeführt worden waren, verriet Larkyen, dass in der Nähe eine weitere menschliche Siedlung liegen musste, die er erst gegen Abend erreichte.
    Mit vierzehn Holzhäusern war diese Siedlung viel kleiner als Wehrheim. Die Bewohner legten jedoch Wert auf ähnliche Schutzmaßnahmen. Ein breiter Wassergraben umgab die Siedlung, dahinter befand sich ein Wall aus angespitzten Holzpfählen.
    Zu beiden Seiten des Weges hin erstreckten sich mehrere Äcker, mehr karg als fruchtbar.
    Ein Bauer trieb eine Herde Kühe auf die Siedlungspforte zu, die Tiere sahen unterernährt aus. Als er Larkyen bemerkte, hielt er inne und begann zu winken.
    „ He, Fremder!“ Der Bauer kam Larkyen mit schnellen Schritten entgegen. Seine noch immer schweißdurchtränkte Kleidung zeugte von einem Tag schwerer Arbeit. Er stellte sich mitten auf den Weg, stemmte die Hände an die Hüften und sah zu Larkyen hoch.
    Längst hatte Larkyen die Kapuze seines Umhangs übergestreift, um das Gesicht und die Raubtieraugen zu verbergen.
    „ Fremder, es ist reichlich spät, um auf der Reise zu sein“, sagte der Bauer. „Sicher musstest auch du den Umweg nach Westen durch unsere Gegend nehmen. Doch die Nacht bricht an, und du solltest nicht allein in diese Richtung weiter reiten.“
    „ In diese Richtung führt aber mein Weg. Also tritt zur Seite.“
    „ Mag sein, Fremder, doch in der Nacht ist es einfach zu gefährlich.“ Der Bauer deutete in Richtung eines Waldes. „Der Weg führt durch den Ranoywald, dahinter erstreckt sich ein Sumpf, also wirst du am Rande des früheren Fürstentums Nemar, im Norden des Pregargebirgskammes, entlang reiten, ehe du wieder auf den Pass nach Westen gelangst. Nemar ist verflucht, die Menschen haben diese Gegend längst verlassen. Böse Geister treiben sich dort herum, Strygarer! Es heißt, sie zeigen sich nur bei Dunkelheit. Und manchmal, in besonders finsteren Nächten, legen sie den Weg durch den Ranoywald zurück, um andere Gegenden heimzusuchen.

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