Blutleer
konnte sehr viel schief gehen.
»Bitte, denken Sie gut darüber nach«, bat Barbara sie noch einmal und schob ihre Karte näher zu Hannahs Hand. Dann stand sie auf. »Wir müssen seine andere Wohnung noch durchsuchen. Aber mein Handy ist immer an.«
Sie verließ die Küche und ging mit Jakubian, der im Flur auf sie gewartet hatte, zu dessen Wagen.
Die Dachwohnung an der Ackerstraße war erschreckend karg eingerichtet. Eine Miniküche aus dem Baumarkt, ein kleiner Bistrotisch mit zwei billigen Stühlen, ein Bettsofa mit einem kleinen Couchtisch, ein Bücherregal, ein Fernseher und ein Kleiderschrank – gerade so viel Möbel, dass man Maldien glauben konnte, dass er tatsächlich dort wohnte.
Alles wirkte klinisch sauber. Die junge Frau aus Max Erhards Kriminaltechnikteam, die sie angefordert hatten, damit sie schon einmal die Lage sondierte, schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich fange mit dem Sofa an. Da kriegt man die Rückstände am schlechtesten raus.«
Die Schränke waren schnell gesichtet, ein wenig Geschirr in den Hängeschränken über der Kochzeile, drei Hemden und ein Anzug sowie etwas Unterwäsche im Kleiderschrank.
»Sieh mal an«, sagte Jakubian. Versteckt hinter der Tür hing an einem Kleiderhaken ein heller Trenchcoat. Von außen wirkte er makellos sauber. Barbara nahm ihn und hielt der jungen Frau die Innenseite hin. »Hier könnten Blutflecken gewesen sein.«
Die Technikerin untersuchte das Futter und nickte: »Da war tatsächlich Blut. Nicht viel, aber es könnte reichen.«
»Er hat den Mantel ausgezogen, während er seine Opfer traktierte. Aber an seiner Kleidung muss Blut gewesen sein, das dann auf den Mantel übertragen wurde, wenn er ihn wieder anzog. Wir haben das auf Hirschfelds Fotos.«
Jakubian inspizierte inzwischen das Badezimmer. Barbara wollte es sich auch ansehen, aber es war so klein, das Jakubian sich kaum darin umdrehen konnte. Eine Toilette, ein Waschbecken, eine Dusche. Jakubian kniete vor dem Waschbeckenunterschrank. »Keine Mordwaffe, kein Souvenir, nichts.«
»Ich komme hier auch nicht weiter«, rief die Technikerin aus dem Wohnraum. »Es gibt jede Menge Fingerabdrücke, die abgeglichen werden müssen, ich vermute aber, dass die hauptsächlich von ihm sind.«
»Es wird auch höchstens noch welche von Sandra Acker geben«, meinte Jakubian.
»Wenn Sie da rauskommen, stäube ich hier im Badezimmer auch noch ein paar Stellen ein. Und ich überprüfe, ob Blut in dem Becken gewesen ist.« Sie wartete, bis Jakubian das Bad verlassen hatte und machte sich an die Arbeit. Als sie das Waschbecken mit Luminol eingesprüht hatte und die Speziallampe draufhielt, leuchtete es an einigen Stellen rund um den Abfluss auf. »Ich nehme Proben davon.«
Danach nahm sie sich die Dusche vor. Barbara, die ihr dabei zusah, bemerkte plötzlich einen dunklen Fleck auf den sonst makellos weißen Fliesen. »Sehen Sie mal da unten. Ist das ein Fingerabdruck?«
»Das muss mir eben beim Einstäuben passiert sein.« Die Technikerin nahm den Pinsel und verteilte das feine Pulver rund um den dunklen Fleck. Zehn Punkte waren zu sehen, der erste Fleck war ein deutlicher Daumenabdruck.
»Er hat die Fliese wieder eingesetzt. Vielleicht war etwas mit dem Abfluss.«
»Nein«, sagte Jakubian, der ebenfalls in der Tür stand und mühelos über Barbara hinwegsehen konnte. »Er hat dort etwas versteckt.«
Hastig öffnete die Frau den Verschluss und nahm die Fliesen heraus. Dann legte sie sich auf den Bauch und leuchtete in die Öffnung. »Bingo«, sagte sie leise. Sie griff nach etwas und zog es hervor. Es war ein kleiner Hammer. An seiner spitzen Seite klebten Haare und Blut. »Da ist noch mehr.«
Nach und nach zog sie Gegenstände hervor. Maldien, so schien es, hatte jedes Werkzeug nur einmal benutzt. Da lag das Messer mit der abgebrochenen Spitze, das Julia getötet hatte. Zwei weitere Messer, die vermutlich zu den Fällen Herborn und Fatma Yilderim gehörten. Mehrere Schnüre, eine Menge Rasierklingen, ein Teppichmesser, auf dem das Blut noch nicht so dunkel war wie auf den übrigen Tatwaffen. Barbara vermute, dass er Sandra Acker damit die Stichwunden zugefügt hatte.
Die Technikerin fotografierte alles. »Der Chef wird fluchen, dass er den Job hier nicht selbst gemacht hat«, sagte sie. »Er hat immer Angst, dass andere etwas Wichtiges übersehen.«
Sie begann die Gegenstände einzutüten.
Barbara und Jakubian waren immer noch ein wenig fassungslos. Selten hatte ein Fall so klar gelegen wie hier.
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