Blutleer
umgemeldet«, ergänzte einer der Beamten, der gerade ein Lachs-Nigiri mit Stäbchen balancierte. »Er war einer von denen, die man bereits aussortiert hatte.«
Barbara hörte dem Beamten gar nicht richtig zu. »Rechts?«, fragte sie und sah Jakubian an. »Dachgeschoss rechts? Das Opfer sagte links.«
Jakubian nickte zustimmend. »Ich habe mir das sogar notiert.«
»Tja, wir dachten, sie hätte sich vielleicht vertan.« Der Beamte tunkte die zweite Hälfte des Nigiris in die Sojasauce.
»Kennen Sie den Nachbarn, der links wohnt?«, fragte Jakubian Braun.
Der schüttelte bedauernd den Kopf. »Den habe ich noch nicht getroffen.«
»Wir müssen die Nachbarn befragen.« Barbara wollte es gleich überprüfen. Jakubian sah die Sushi-Portionen der Beamten und meinte: »Wir beide machen das. So viele sind es ja nicht. Essen Sie ruhig auf.«
Sie klingelten nebenan und wurden gleich im ersten Stock fündig, eine dicke ältere Frau im Kittel öffnete ihnen. »Der oben? Wie heißt er noch … Maldien. Ein alleinstehender Mann. Ist nicht oft da. Putzt nie die Treppe. Und jetzt ist noch so einer da oben eingezogen.«
»Könnte man hier eine Wohnung unter falschem Namen anmieten?«, fragte Barbara.
Die Frau sah sie entgeistert an. Dann begriff sie die Frage. »Nein, der Vermieter lässt sich den Personalausweis und eine Verdienstbescheinigung zeigen. Hier hat es schon diese … wie nennt man das? Mietnomaden gegeben, da ist er vorsichtig geworden.«
»Dann ist Maldien also vermutlich der richtige Name«, sagte Jakubian leise. Er hielt der Frau das Phantombild hin, es war noch immer der Zettel, den Barbara ihm mitgebracht hatte.
»Na ja«. Die Frau betrachtete das Bild kritisch. »Also entfernte Ähnlichkeit hat er schon damit. Was hat er denn ausgefressen?«
»Wir brauchen ihn als Zeugen«, sagte Jakubian rasch. »Vielen Dank!«
Sie warteten, bis die Frau die Wohnungstür geschlossen hatte. »Sollen wir weitermachen?«, fragte er Barbara.
»Nein. Ich denke, das genügt. Sie hat ihn ja erkannt.«
»Was man so erkennen nennt«, knurrte Jakubian, gab ihr aber Recht. Sie deutete auf das Schild auf einem der Briefkästen. »J. Maldien. Da haben wir schon fast einen Vornamen.«
Er telefonierte mit der Soko in Duisburg, gab Anweisungen, doch plötzlich wurde er eine Weile still und suchte einen Stift. »Hast du was zu schreiben?«, fragte er Barbara, die aus ihrer Handtasche einen alten Einkaufszettel und einen Kuli fischte. Er notierte sich eine Adresse. »Danke, Klasen!«
»Wir kennen Maldien bereits«, sagte er, als er ausgeschaltet hatte. »Er gehörte zu den ersten S-Bahnzeugen, die Heyer im Zusammenhang mit dem Fall Janicek verhört hat. Und Kramer hat ihn dann noch mal am Anfang unserer Aktion vernommen.«
Barbara runzelte die Stirn. »Ich erinnere mich. Er war später nicht mehr greifbar, und da die Vernehmungen ja freiwillig waren …« Unfassbar. Die ganze Zeit hatte das Bild mit dem Namen auf der Wand im Besprechungsraum gehangen. »Du hast seine Adresse?«
»Wir fahren erst mal mit Zivilfahrzeugen da hin und wir gehen allein in die Wohnung. Kramer besorgt einen Durchsuchungsbefehl. Das Ganze ist zwar noch ein bisschen dünn …«
»Aber Kramer macht das«, ergänzte Barbara. »Wenn wir ohnehin warten müssen, könnten wir eigentlich auch eine Portion Sushi essen, was meinst du?«
Barbara fühlte sich später rundum satt von der großen Portion Sushi, die sie genossen hatte, sie hatte fassungslos zugesehen, wie Jakubian fast das Doppelte verdrückte. Ganz nebenbei hatten sie die Informationen gelesen, die man ihnen aus Duisburg in die Sushi-Bar gefaxt hatte. Es gab nichts Spektakuläres über Jens Maldien. Er war sechsundvierzig Jahre alt, verheiratet und kinderlos, kaufmännischer Angestellter in einer mittelständischen Firma, zu klein, um eine ausgeprägte Hierarchie zu haben. Trotzdem hatte er betont, zum »mittleren Management« zu gehören. »Angeber«, hatte der Kollege, der ihn vernommen hatte, an den Rand des Blattes gekritzelt. Die Firma lag in Dortmund in der Nähe des Hauptbahnhofes. Maldien fuhr also die gesamte Strecke der S 1. Und er hatte bei der Befragung einen hellen Trench getragen, Barbara erinnerte sich an das Foto. Seine Adresse lautete allerdings nicht Ackerstraße.
Sie hatten gerade gezahlt, als der Anruf von Kramer kam. Er war bereits mit dem Durchsuchungsbeschluss auf dem Weg nach Gerresheim zu der Wohnung, in der Maldien offiziell gemeldet war. Die beiden Beamten, die das Haus
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