Blutlied -1-
blau und eine milde Brise fing sich unter Carolines Kopfbedeckung. Charles und Isodora, ihre Kinder, lachten in den Sonnenschein, und Charles tropfte aufgeweichte Schokolade über sein Sonntagskostüm. Caroline schüttelte den Kopf und setzte zu einem Verweis an, als ein Rabe, etwas zwei Fuß groß, sich zwischen die Kinder setzte, die davon nicht bemerkten.
Der Rabe funkelte aus roten Augen und öffnete den Schnabel. »Sie haben Ihre Mann sterben lassen, Mrs Densmore!«, schnarrte er. »Dafür haben Sie den Tod verdient!«
Caroline fing an zu schreien, was Frederic völlig unbeeindruckt ließ, denn er blickte in eine andere Richtung und rauchte genussvoll.
Der Rabe breitete seine Flügel aus und die Köpfe der Kinder verschwanden unter seinem Gefieder. »Du warst tot und wurdest erweckt!«
Caroline schlug die Hand vor ihren Mund, schluckte einen Hilferuf hinunter und starrte die Kreatur an. »Du bist ein Zombie, ist dir das klar? Du bist ein widerlicher Zombie, Caroline Densmore!«
Der Rabe lachte kreischend und flog davon. Dort, wo die Kinder gesessen hatten, war nun nichts mehr. Ludwig drehte seinen Kopf wie auf einem Kugelgelenk langsam nach hinten, ohne das seine Schultern sich bewegten. Sein Gesicht war eine weiße Maske, die Augen hinter einer schwarzen Brille verborgen. Er öffnete die Lippen und zeigte ein zahnloses Grinsen. »Es stimmt, Mrs Densmore. Frederic und ich haben Sie von den Toten zurückgeholt. Wir brauchen Sie. Sie müssen uns helfen, denn Ihr Mann, ein Vampir, der sich vom Blute der Lebenden ernährt, will sich an jenem Monster rächen, das Ihnen und ihm das antat!«
»Rache ist schlecht ... ist eines christlichen Menschen unwürdig ...« flüsterte Caroline erschüttert. »Wer auf Rache sinnt, reißt seine eigenen Wunden auf, die sonst verheilt wären«, fügte sie atemlos hinzu.
»Und doch, Mylady, ist die Rache auch eine Art wilder Gerechtigkeit, nicht wahr?« Ludwig drehte den Kopf wieder nach vorne.
Frederic nahm die Zigarre aus dem Mund und murmelte, während er starr vor sich hin starrte ein Zitat: »Ich schlage beide Welten in die Schanze. Mag kommen, was da kommt! Nur Rache will ich!«
Das Bild löste sich in farbigen Schlieren auf und Caroline befand sich in Onkel Alberts Rosengarten.
Nadelrosen, Zimtrosen, Cherokee-Rosen, Rosa stellata, Rosa gallica, schwarze, rote, gelbe und farbige Rosen.
Es roch betäubend.
Caroline war alleine. Sie schloss ihre Augen und atmete den Duft, der sie fast schwindlig werden ließ. Was sie erfahren hatte, ließ sie sonderbarerweise kalt. Na gut – dann war es eben so. Schlimmer war, dass der Rabe ihre Kinder entführt hatte. Aber – liebe Güte, sie träumte dass sie träumte – hatten sie im wirklichen Leben schon Kinder? Nein! Deshalb war dieser Traum bestenfalls ein Hinweis auf die Zukunft.
Ich bin stark! Auch wenn ich tot war, bin ich stark! Ich erlangte durch meine Rückkehr zu den Lebenden Fähigkeiten, die ein normaler Mensch nicht haben kann. Ich bekam Sinne geschenkt, die mir helfen werden, mein zukünftiges Leben zu überstehen!
Hinter ihr lachte jemand.
Caroline fuhr herum.
Ein hochgewachsener gutaussehender Mann stand dort, im schwarzen Anzug, die behandschuhte Hand leicht auf dem Ebenholzgriff eines Stockes gelegt. Unter dem Zylinder blickten harte Augen hervor.
REGUS!
Woher kenne ich seinen Namen?
»Sie haben Ihren Mann sterben lassen, Mrs Densmore ...«, schloss ihr Traum mit denselben Worten, mit denen er begonnen hatte. Der Mann lächelte, nickte und seine Lippen formten ein ums andere Mal diesen Satz.
»Du hast mich getötet, Kreatur!«, schnappte Caroline zurück. »Also habe ich meine Strafe erhalten!«
Der schwarze Gentleman nickte und lächelte süffisant. »Das alles ist widerlich und abstoßend. Es dürfte dich nicht geben. Wenn schon der Tod nicht mehr endgültig ist ... Wenn sogar seine Gesetze keine Gültigkeit mehr haben ...«
»Wessen Gesetze, Vampir?« spuckte Caroline aus.
Regus verzog sein Gesicht. »Seine ...«
»Gottes?«
Der Vampir zuckte zusammen, als habe Caroline ihn mit dem Stock geschlagen.
»Die des Teufels!«
Caroline wollte erneut antworten, dieses Scheusal ein für alle mal mattsetzen, da ruckte sie hoch und erwachte.
Sie war schweißgebadet und blickte hilfesuchend umher. Die Wanduhr zeigte zwei Uhr in der Frühe. Wo war Frederic? Warum lag er nicht neben ihr? Und warum, lieber Gott, sah sie die Uhr, obwohl es im Zimmer stockdunkel war?
Es dauerte ein paar Minuten, bis
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