Blutlied -1-
Haaresbreite entkamen sie dem Zugriff der Polizei. Zwei Strassen weiter bestiegen sie einen Omnibus und versteckten sich im Gewimmel der sich aneinander quetschenden Passagiere. Als sie für eine Sekunde des Schreckens feststellten, dass der Omnibus am Tatort vorbeifuhr, sahen sie zwei Uniformierte, die Carolines Rock untersuchten.
»Ich hoffe, du hast keinen Namen eingestickt«, murmelte Frederic.
»Keine Sorge, Liebster. Dieser alte Rock ist von meiner Mutter und die hat ihn aus einer Weihnachtsspende.«
»Dafür sah er aber sehr schön aus«, antwortete Frederic.
Caroline lächelte. »An mir sieht alles wunderschön aus ...«
Frederic sah an ihr hinab. »Auch wenn du im Moment eher Robin Hood ähnelst – diese Kleidung steht dir.«
Dann wandte er sich zu Ludwig. »Verdammt, was hast du dir dabei gedacht?«
Der alte Butler machte ein ernstes Gesicht. Er drückte das Gewehr mit dem Lauf nach unten.
Wir sehen aus wie eine Schauspielertruppe vom Hyemarket!, dachte Caroline . Niemand ahnt, was wirklich geschah. Ein paar Menschen werden etwas gesehen haben, aber es wird ihnen schwer fallen, den Hergang zu schildern. Dafür passierte alles viel zu schnell und wirkte viel zu bizarr!
Sie hielten und einige Passagiere stiegen aus. Dann setzten die Pferde ihre harte Arbeit fort.
»Was ich mir dabei gedacht habe, Sir?« Ludwigs Wangenmuskeln pochten. »Ich habe zwei Jahre zu Ihnen gehalten, war immer bei Ihnen und litt mit Ihnen. Ich verlor gewissermaßen die beiden besten Menschen, die ich in meinem Leben noch hatte. Und ich kam Regus auf die Spur, indem Madame deSoussa und ich Ihrer Suche folgten. Ich versprach Ihnen, den Mistkerl zu töten. Zumindest habe ich es versucht. Was ich verspreche, pflege ich einzuhalten ... mein Junge!«
Madame deSoussa bekam feuchte Augen. »Ihr Butler ist ein wunderbarer Mann, Mr Densmore.«
Frederic grunzte. »Als wenn ich das nicht wüsste. Aber ...«
Carolines Hand lag auf seinem Arm. Ihre Finger drückten ihn. »Ist es nicht schön, wenn man so gute Freunde hat?«
Frederic bestätigte zöhgernd: »Ja, das ist es.«
»Ist es nicht wunderbar, wenn man sich darauf verlassen kann, nicht alleine zu sein?«
»Du hast Recht, Caro.«
»Auch Freundschaft ist eine Art Liebe, oder sehen Sie das anders, Madame deSoussa?«
Die schwarze Frau lächelte Caroline an. »Mein Kind, ich danke Ihnen für diese wahrhaftigen Worte. Oui! Wir sind Freunde, stimmt‘s?«
»Und es gibt noch viel zu jagen«, sagte Caroline. »Vampire und Ungeheuer, die unsere Welt und den Frieden stören wollen.«
»Auch wenn ich selbst ein Wesen der Dämmerung bin?«, flüsterte Frederic.
»Das Gute sucht sich keine Kleidung«, flüsterte Caroline zurück. »Außerdem sind wir ein verdammt gutes Team!«
Ludwig umarmte Madame deSoussa, der das nicht schlecht zu gefallen schien, den anderen Arm legte er um Frederic. Der Omnibus ging in eine Kurve und sie konnten sich nur mit Mühe aneinander festhalten. Caroline legte ihre Wange an Frederics Schulter. Die Passagiere um sie herum gehörten zu einer anderen Welt und es gab nur noch sie Vier.
ENDE VON TEIL EINS
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