Blutlinien - Koeln Krimi
großen Schritten gingen sie auf das Rolltor zu, hinter dem das Gewahrsam lag.
Die Sonne strahlte. Das Wetter veranstaltete Kapriolen. Den einen Tag war es drückend warm, dann regnete es, und das Thermometer fiel. Für heute waren wieder Werte um zwanzig Grad vorhergesagt. Es schien, als kämpfte der Sommer mit dem Herbst.
Maline trat an die Gegensprechanlage, drückte den Knopf und bat um Einlass. Beinahe geräuschlos öffnete sich das Tor.
Die Kommissarinnen betraten die Schleuse, grüßten die Kollegin hinter der Glasscheibe und schlossen ihre Pistolen in die Waffenfächer, bevor sie in den Sicherheitsbereich gelangten.
»Ihr seid aber früh dran«, sagte die Wachdienstleiterin und ging rechts den Flur entlang. »Wir sind gerade dabei, unsere Frühstücksrunde zu drehen.«
Maline und Lou folgten ihr durch den schmalen videoüberwachten Gang, vorbei an Zellentüren, vor denen die abgestellten Schuhe der Häftlinge standen. Jeder hier saß in Socken ein.
Das Trio überholte zwei Polizeibeamte, die Käsebrötchen und Malzkaffee auf einem Rollwagen von Zelle zu Zelle schoben. Manche Klappen wurden geöffnet, andere blieben verschlossen. Niemand wurde zum Essen gezwungen. Für die meisten Insassen war der Aufenthalt im Gewahrsam sowieso nur ein Ereignis von wenigen Stunden.
Die Kollegin blieb vor einer Tür stehen. »Herr Wissing hat die ganze Nacht ziemlich randaliert und uns ganz schön auf Trab gehalten. Wir mussten ihn mit Handschellen fixieren, es ging nicht anders.«
Sie deutete auf den Zellenzettel, der neben der Tür hing. Jeder Kontakt mit dem Häftling wurde mit Uhrzeit und Maßnahme vermerkt. Maline sah auf die Liste, die mehr als zehn Einträge hatte.
Lou linste durch den Spion. »Er liegt ganz ruhig.«
»Seit zwei Stunden schläft er endlich. Wir haben ihn quasi ununterbrochen videoüberwacht. Mal sehen, ob er jetzt ansprechbar ist.«
Die Wachdienstleiterin schloss die Zelle auf. »Herr Wissing, Besuch für Sie.«
Der Häftling lag unter einer braunen Decke und zeigte keine Reaktion. Weiße Tennissocken schauten am unteren Ende der ebenerdigen Pritsche hervor. An den Gelenken waren Fußfesseln angebracht, die wiederum an einer eigens dafür vorgesehenen Metallhalterung festgemacht waren.
»Am besten warten wir in einem der Vernehmungszimmer«, sagte Lou. »Du kannst ihn mit Ruhe wecken.«
Keine fünf Minuten später brachten zwei Beamte einen stämmigen Mann zur Vernehmung. Er kniff die Augen zusammen, murmelte eine Begrüßung und nahm Platz, nachdem Lou ihm einen Stuhl angeboten hatte.
Maline setzte sich hinter den Computer, um das Vernehmungsprotokoll parallel zur Befragung anzufertigen.
Nachdem Lou ihn belehrt hatte, fragte sie Personaldaten ab, die Elmar Wissing bestätigte.
»Möchten Sie ein Glas Wasser?«, fragte sie dann.
»Eine Kopfschmerztablette wäre mir lieber. Mir brummt ganz schön der Schädel.«
»Herr Wissing, können Sie sich an letzte Nacht erinnern?«
»Ich hatte ein paar Bier«, sagte er und strich über seinen Vollbart. »Ehrlich gesagt weiß ich ansonsten nicht mehr viel.«
»Sie wurden festgenommen, weil sie auf einem privaten Grundstück in Köln-Niehl randaliert haben«, half Lou ihm auf die Sprünge.
Wissing schaute erstaunt. »Wirklich? Das ist mir aber peinlich.«
»Das ist noch nicht alles. Sie haben die Bewohnerin fast zu Tode erschreckt, als sie versucht haben, eine Fensterscheibe zu zerschlagen und ins Haus zu gelangen.«
»Hören Sie, dass Ganze tut mir leid, wirklich. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Aber das ist doch noch lange kein Grund, mich ins Gefängnis zu stecken und anzuketten. Soweit ich weiß, habe ich immer meine Papiere bei mir. Meine Frau hätte mich abgeholt, egal in welchem Zustand ich mich befand.«
Lou zeigte auf den Einlieferungsbericht. »Zu den Ketten: Sie haben mehrere Kollegen angegriffen. Und die Kriminalwache hat eine Streife zu Ihrer Frau geschickt, aber niemand hat ihnen geöffnet.«
Wissing kratzte sich am Kopf. Es machte den Anschein, als krame er tief in seinem Gedächtnis.
»Sie ist verreist«, sagte er schließlich. »Jetzt fällt es mir wieder ein. Heute kommt sie zurück.«
Lou beugte sich vor. »Außerdem haben Sie unseren Kollegen bei Ihrer Festnahme entgegengeschrien, dass Sie Dr. Karina Marcks umgebracht haben. Was sagen Sie dazu?«
Elmar Wissing verzog das Gesicht und schloss für einen Moment die Augen.
»Der Name sagt Ihnen doch etwas, oder?«
»Ich möchte meinen Anwalt sprechen.« Jetzt
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