Blutlinien - Koeln Krimi
Biologin«, sagte Lou, als sie Hoffmanns fragenden Blick bemerkte. »Wir dachten, es könnte nicht schaden, sie dabeizuhaben.«
Er nickte und schien erleichtert, dass er die Einsatzortleitung dem Fachkommissariat übergeben konnte, jedenfalls hielt er sich von da ab auffällig im Hintergrund.
Die Leute vom ED bauten im Hausflur des achten Stockwerks bereits einen Scheinwerfer auf, um den Hoffmann am Telefon gebeten hatte.
»So können wir den Eingangsbereich optimal ausleuchten«, sagte Maline.
»Amphibien und Reptilien sind mein Thema«, sagte Gritt zu Chiara und stopfte ihre Haare unter die Plastikhaube. »Ich liebe diese Arbeit, aber Spinnen finde ich ebenfalls faszinierend. Wussten Sie, dass sie Sinneshaare an den Beinen haben, mit denen sie ›hören?«
Gritts Augen strahlten vor Neugier und Vorfreude, in jeder Hand hielt sie ein deckelloses Einmachglas. »So, nun ganz vorsichtig die Tür öffnen. Wir sollten möglichst vermeiden, die Spinnennetze zu zerstören.«
Lous Magen rumorte. Sie war nicht scharf darauf, dieses Apartment zu betreten.
Behutsam schob Maline die Tür auf, die sich quietschend öffnete. Spinnen stoben davon. Dünne graue Fäden reichten von der Decke bis auf den Boden. Der Fotograf schoss Bilder.
Der modrige Mief, der aus der Wohnung kam, erschien Lou ziemlich intensiv, und sie sah, dass Gritt zurückwich, eine Sekunde verharrte, bevor sie zaghafte Schritte in den Flur unternahm. Zwangsläufig rissen einige Fäden.
»Hier ist ewig niemand entlanggegangen«, bemerkte Maline, während Gritt geschickt eine große Spinne einfing, die ihren Oberarm Richtung Schulter hinaufgelaufen war, und das Gefäß mit einem Schraubdeckel verschloss. Ihr anfängliches Unbehagen hatte sie ohne Zweifel überwunden.
Lou hätte dagegen beinahe vor Abscheu geschrien. Beim Anblick der Spinnen drängte ihr Mittagessen nach oben. »Wir müssen jetzt aber hier rein«, sagte sie so locker wie möglich.
»Nur noch einen Augenblick.« Gritt gelang es, eine weitere Spinne zu fangen, in dem sie das zweite Glas flink über ihren rechten Oberschenkel schob und es mit der Hand zuhielt. »Das dürfte reichen. Spinnen sind territorial, ich kann nicht mehrere zusammensperren, die würden sich gegenseitig fressen. Ich ziehe mich zu einer raschen Analyse in den Streifenwagen zu meinem Laptop zurück«, verkündete sie, während Lou und Maline sich in das Apartement begaben.
Wohnen, schlafen und kochen auf wenigen Quadratmetern. Kein Badezimmer, nur eine Toilette mit Waschbecken. Wenige Möbel. An der Tapete hingen Schwarz-Weiß-Fotografien, überwiegend Landschaftsaufnahmen ohne Rahmen, Stecknadeln hielten sie an den Wänden. Spinnfäden gab es auch hier, aber sie hingen nicht so dicht.
Glassplitter bedeckten stellenweise den moosgrünen Teppich, mit dem die gesamte Wohnung ausgelegt war.
Die Leiche lag mumifiziert, nur mit einem altmodischen Slip bekleidet, auf einer verschlissenen Couch. Am gesamten Körper war die Muskulatur zu harten Fasern und Strängen vertrocknet, die Haut wies eine derbe Beschaffenheit auf, wie gegerbtes Leder. Die äußeren Konturen waren gut erhalten, die Augen geschlossen. Auf dem Spalt zwischen Lid und Augenwinkel bröselten weiße Eierpakete. Im Bauchbereich klafften mehrere ausgetrocknete Schnittwunden.
Der Rechtsmediziner traf ein. Heinrich Meller trug bereits einen Schutzanzug. Lou begrüßte ihn erfreut. Er gehörte zu den ältesten und erfahrensten Medizinern der GM .
»Wie war dein Urlaub?«, fragte Lou.
Meller berichtete kurz von seiner Reise in die Toskana, bevor er sich an die Arbeit machte.
Lou und Maline begannen, Schränke und Schubladen nach persönlichen Sachen durchzusehen. In drei Kommoden fanden sie unzählige Disketten, auf denen offensichtlich Fotos gespeichert waren, wie aufgeklebte Etiketten vermuten ließen. Auf einem Regal standen stapelweise Kisten, die CD s mit weiteren Bildern enthielten.
»Da werden wir wieder stundenlang sichten müssen«, stöhnte Maline.
»Entweder war die Tote Fotografin, oder sie hat ihrem Hobby sehr gerne gefrönt«, sagte Lou.
Maline machte ein langes Gesicht.
»Die Mumifikation ist weit vorangeschritten«, sagte Meller nach kurzer Begutachtung der Leiche und hob den Körper mit einer Hand an. »Sie ist ganz leicht, durch den enormen Wasserverlust verringert sich das Eigengewicht.«
»Wie lange liegt sie hier?«, fragte Lou.
»Schwer zu sagen«, erwiderte der Rechtsmediziner. »Für eine solch starke Mumifizierung braucht es
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