Blutlinien - Koeln Krimi
Thema wechseln, ansonsten fange ich an, die Fenster zu putzen!«, fuhr Nikodemus Maline ins Wort.
Lous Mutter schreckte hoch. »Wann gibt es denn endlich etwas zu essen?«
Zwei Wochen später
Köln-Chorweiler
»Die Viecher kommen seit Wochen unter der Tür durch!« Die Frau deutete demonstrativ auf die abgewetzte Fußmatte und schraubte ihren toupierten Kopf in die Höhe. »Ich traue mich kaum noch, die Wohnung zu verlassen!«
Der Mann vom Ordnungsamt trat zur Seite, während Chiara gemeinsam mit Polizeikommissar Hoffmann die Wohnungstür von Apartment 502 inspizierte. Das Schloss war eine preiswerte Ausgabe, der Schlüsseldienst hatte es bei der ersten Öffnung nicht beschädigt.
»Wenn Sie dann bitte wieder in Ihre Wohnung gehen würden, Frau …«, sagte Hoffmann.
Chiara fuhr gerne mit ihm Streife. Er ließ sie ziemlich selbstständig arbeiten, ähnlich wie Maline.
Die Toupierte bewegte sich keinen Zentimeter. »Ich habe den Herren eben schon gesagt, dass sie erst gar nicht zu klingeln brauchen! Außer den Viechern geht da seit Monaten keiner rein oder raus.«
Hoffmann machte ein breites Kreuz. Er war nicht besonders groß, trotzdem nahm er der Nachbarin die Sicht auf die Geschehnisse. Deutlich widerstrebend verschwand sie schließlich in ihrer Wohnung.
Chiara sah den jungenhaften Typ vom Amt auffordernd an. »Was haben wir?«
»Die übliche Geschichte. Mietrückstände. Missachtete Mahnungen. Heute sollte zwangsgeräumt werden. Der Gerichtsvollzieher und ich hatten den Schlüsseldienst kommen lassen, weil Frau Braun die Tür auch nach mehrfacher Aufforderung nicht öffnete. Die Wohnung besteht aus einer winzigen Diele, die durch einen Rundbogen in einen großen Raum führt.«
»Und die Leiche?«
»Liegt auf einem Sofa in Sichtweite. Ziemlich scheußlicher Anblick, schon auf die Entfernung. Wir sind nicht rein. Irgendwelche widerlichen Fäden hängen von der Decke. Nee, ganz ehrlich, in die Wohnung setze ich keinen Fuß.« Der Mann zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. »Also, wenn Sie mich fragen, dann bin ich fürs Erste hier überflüssig. Der Schlüsseldienst müsste jeden Moment hier sein.« Er lächelte gequält, bevor er die Treppe hinunterlief. »Zu blöd, dass ich die Tür wieder zugeschlagen habe, aber ich bin dermaßen erschrocken.«
Chiara murmelte Verständnis.
»Zwangsräumungen können Überraschungen bereithalten und übel verlaufen«, sagte Hoffmann, »und in diesem Fall ist die Mieterin offenbar tot.«
Suizid oder eine natürliche Ursache, das erschloss sich den Beamten nach den bisherigen Fakten nicht. Vielleicht hatte Roberta Braun aufgegeben und sich zum Sterben hingelegt. Oder sie hatte ihrem Leben ein Ende gesetzt, weil es ihr entglitten war. Jobverlust. Trennung. Möglicherweise war ihr der Tod als letzter Ausweg vor dem wachsenden Schuldenberg erschienen.
Wo blieb nur der Schlüsseldienst?
Chiara hoffte, dass das Zwanzig-Quadratmeter-Apartment nicht völlig verdreckt war, wie die Wohnung des toten Rentners vor zwei Tagen, die eine ganze Kakerlakenarmee geentert hatte. Da drehte sich einem wirklich der Magen um.
Endlich kam der Mann vom Schlüsseldienst die Stufen hinauf. »Ein drittes Mal komme ich aber nicht.« Den Satz und ein spöttisches Grinsen konnte er sich nicht verkneifen. Keine Minute später war die Tür offen.
Nachdem die erforderlichen Papiere unterschrieben waren, übertrat Chiara zögernd die Türschwelle. Muffiger Geruch schlug ihr entgegen. Sie zog wie Hoffmann die Maglite aus der Hüfttasche.
Im Licht der Lampe wurden feine Fäden sichtbar, die dicht an dicht von der Decke hingen. Aufgeschreckt durch den Lichteinfall und die unerwartete Zugluft krabbelten mehrere Spinnen an den gespenstigen Fäden Richtung Decke. Chiara schluckte ihren Ekel herunter. Bei Spinnen entwickelte sie immer einen latenten Brechreiz. Schemenhaft sah sie die Leiche auf dem Sofa liegen und wich zurück. Hoffmann hatte schon sein Handy am Ohr.
»… eine Tote und merkwürdige Spinnennetze, dünn wie lange graue Haare«, flüsterte er. »Der ganze Flur ist voll davon.«
Lou lenkte den Dienstwagen über den Militärring nach Chorweiler. Hochhäuser, die das Panorama dieses nördlichen Stadtteils prägten, ragten in die Höhe. Chiara und Hoffmann erwarteten sie im Schatten eines tristen Betonklotzes, vor dem zwei Klettergerüste verrosteten.
Nach der herzlichen Begrüßung betraten sie gemeinsam das Mietshaus.
»Gritt ist die Freundin unseres Stellvertreters, und sie ist
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