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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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hören. Auch aus dem dunklen Obergeschoss kam nicht der leiseste Mucks.
    »Schauen Sie sich die Filmplakate an den Wänden an!«, flüsterte ich.
    Cornfeld nickte. »Wo können sie sein?«
    Hatte Götz Pia woanders hingeschleppt? Besaß er irgendwo ein geheimes Versteck? Ich zog das Handy aus der Tasche und gab Dracus Festnetznummer ein. Im Haus klingelte das Telefon, aber niemand nahm ab.
    »Und wenn wir einbrechen?«, schlug Cornfeld vor. »Vielleicht finden wir ja einen Hinweis, wo die beiden sind.«
    »Ja«, stimmte ich zu. Obwohl ich nicht glaubte, dass Götz uns eine Wegbeschreibung dagelassen hatte.
    Ich schaute mich nach einem Gegenstand um, mit dem ich ein Fenster einschlagen konnte, als von der Vorderseite des Hauses ein Klacken zu hören war. Als ob jemand die Haustür zugezogen hätte.
    Eine Sekunde später lugten wir um die Ecke. Mit den tastenden Schritten einer Schlafwandlerin bewegte sich Renate Averbeck auf die Toreinfahrt zu. Wo war sie hergekommen?
    Renate verschwand im Durchgang und wir hetzten hinterher. Auf dem Bürgersteig vor dem Vorderhaus holten wir sie ein. Sie bemerkte uns erst, als wir direkt vor ihr standen. Ihre Augen waren groß und leblos. Vermutlich wäre sie auch nicht überraschter gewesen, wenn die Straßenlaterne mit ihr geredet hätte.
    »Guten Abend, Frau Averbeck.«
    Sie hatte Probleme, mich zu identifizieren. »Was wollen Sie?«
    »Wir suchen Raoul.«
    »Raoul?« Ihre Aussprache wurde klarer, anscheinend wirkte das Wort wie ein kleiner Stromstoß.
    »Ihren Halbbruder.«
    »Wieso?«
    »Wir möchten mit ihm sprechen.« Ich deutete zur Toreinfahrt. »Ist er zu Hause?«
    »Nein.«
    »Was haben Sie denn in dem Haus gemacht?«
    »Das geht Sie nichts an.« Sie schob mich mit einer müden Bewegung zur Seite.
    »Frau Averbeck«, ich hielt ihren Arm fest, »wir machen uns Sorgen um Pia. Pia ist doch Ihre Freundin.« Ich hoffte, dass sie noch so etwas Ähnliches wie Mitgefühl besaß.
    Ihre Mundwinkel zuckten. »Pia geht es gut.«
    »Das würden wir gern von ihr selbst hören.«
    Sie versuchte, sich loszureißen, mit der Kraft eines dreijährigen Mädchens. »Lassen Sie mich! Sonst schreie ich, so laut ich kann.«
    »Bitte!«, sagte ich eindringlich. »Helfen Sie uns! Raoul darf nicht noch jemanden umbringen. Er hat schon genug Unheil angerichtet.«
    Sie schrie. Es klang wie das Gurgeln einer Ertrinkenden. Vor Schreck ließ ich sie los.

35
     
    Pia Petry macht einen Vorschlag
     
     
    Das war meine Chance. Meine letzte. Tränen laufen mir übers Gesicht. Meine Beine fangen an, unkontrolliert zu zittern.»Renate lässt mich nicht im Stich«, schluchze ich.
    Götz gibt ein abfälliges Grunzen von sich und bewegt den Eisenstab zwischen den Kohlen hin und her. »Die ist bis obenhin mit Valium abgefüllt«, sagt er ungerührt. »Die kriegt rein gar nichts mehr auf die Reihe. Zumindest nicht heute Abend.«
    Die Hoffnung stirbt zuletzt, denke ich. Aber bei mir stirbt sie jetzt. In diesem Moment. Denn ich wüsste wirklich nicht, woher er noch kommen sollte. Der Ritter in der funkelnden Rüstung, der auf seinem weißen Pferd durch die Gefängnismauern sprengt. Der Typ, der nie da ist, wenn man ihn braucht. Vielleicht sollte ich schon mal anfangen, mich aus meinem Körper zu verabschieden, überlege ich. Vielleicht gelingt es mir ja, mich kraft mentaler Energie aus meiner leiblichen Hülle herauszubegeben, an die Decke zu schweben und alles, was jetzt passieren wird, aus der Distanz zu beobachten, ohne es wirklich erleben zu müssen?
    Da fällt mein Blick auf Götz' Handy, das immer noch in seinem Hosenbund steckt. GÖTZ' HANDY. Auf einmal funktioniert mein Gehirn wieder: schnell, klar, präzise. Ich habe als Letzte mit dem Handy telefoniert. Vorhin erst, als ich Wilsberg angerufen habe. Danach hat niemand mehr das Telefon benutzt. Das heißt: Ich muss an die Wahlwiederholungstaste heran. Ich muss Götz so nah kommen, dass ich mit den Fingerspitzen die Tasten seines Handys berühren und eine Verbindung zu Wilsberg herstellen kann. Dann muss ich nur noch sagen, wo ich bin. Natürlich so, dass Götz nicht merkt, was ich da gerade mache. Ich habe noch eine Chance, denke ich verzweifelt. O lieber Gott, bitte, bitte, hilf mir, ich muss es schaffen. Diesmal darf nichts schief gehen.
    »Götz«, sage ich und versuche das Zittern in meinen Beinen genauso zu unterdrücken wie das Zittern in meiner Stimme, »darf ich mir wenigstens aussuchen, wo das Branding hinkommt?«
    Er sieht mich überrascht an.

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