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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Angelegenheiten ohnedies voraus
war.
    Er nickte. »Seit fünf Wochen.«
    »Irgendwelche Aussichten?«
    »Nicht besonders gute.«
    »Man ließ dich zum eigenen Schaden gehen«, sagte
sie.
    »Zum eigenen großen Schaden, könnte man
sagen.«
    Sie lächelte; jetzt konnte das verbale Florettfechten
beginnen. Ihr Sohn war sehr klug und konnte ungeachtet seiner anderen
Fehler recht amüsant sein. Sie war nicht bekümmert,
daß er keinen Arbeitsplatz hatte; das war einfach der Stand der
Dinge, und er würde entweder untergehen oder schwimmen. In der
Vergangenheit war ihr Sohn trotz seiner Schwierigkeiten immer an der
Oberfläche geblieben, zwar mit viel Platschen und in schlechter
Form, aber immerhin an der Oberfläche.
    Seit er vor zehn Jahren ausgezogen war, hatte er sie nie um Geld
gebeten.
    »Und nun kommst du, zu sehen, was deine alte Mutter
macht.«
    »Was macht meine alte Mutter?«
    »Sie steckt bis zum Hals drin, wie gewöhnlich«,
sagte sie. »Sechs Freier im letzten Monat. Es ist eine Qual, alt
zu sein und nicht danach auszusehen, Vergil.«
    Er schmunzelte und schüttelte den Kopf, was sie, wie er
wußte, erwartete. »Irgendwelche Aussichten?«
    Sie winkte spöttisch ab. »Nie wieder. Kein Mann
könnte Frank ersetzen, Gott sei Dank.«
    »Sie warfen mich hinaus, weil ich auf eigene Faust
Experimente machte«, sagte er. Sie nickte und fragte, ob er Tee
oder Wein oder ein Bier wolle. »Ein Bier«, sagte er.
    Sie wies mit einem Kopfnicken zur Küche. »Der
Kühlschrank ist nicht zugesperrt.«
    Er nahm ein Bier heraus und wischte das Kondenswasser mit dem
Ärmel ab, als er es ins Wohnzimmer trug. Er setzte sich in einen
breiten Lehnstuhl und tat einen langen Zug.
    »Sie wußten deine Brillanz nicht zu
schätzen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Niemand versteht mich,
Mutter.«
    Sie blickte über seine Schulter ins Leere und seufzte.
»Ich jedenfalls nie. Rechnest du in nächster Zeit mit einer
neuen Anstellung?«
    »Das fragtest du bereits.«
    »Ich dachte, eine Umformulierung würde vielleicht eine
bessere Antwort erbringen.«
    »Die Antwort ist die gleiche, und wenn du in Suaheli fragst.
Ich habe es satt, für andere zu arbeiten.«
    »Mein unglücklicher, ungeratener Sohn.«
    »Mutter«, sagte Vergil, ein wenig gereizt.
    »Was hast du getan?«
    Er gab ihr einen kurzen Überblick, von dem sie außer
den wichtigsten Punkten wenig verstand. »Also wolltest du hinter
ihrem Rücken ein Geschäft machen.«
    Er nickte. »Wenn ich nur einen Monat mehr gehabt hätte,
und wenn Bernard es gesehen hätte… Dann wäre jetzt
alles in Butter.« Bei seiner Mutter war er selten ausweichend.
Es war praktisch unmöglich, sie zu schockieren; mit ihr Schritt
zu halten, war schwierig genug, und sie zu täuschen, noch
schwieriger.
    »Und du wärst jetzt nicht hier und würdest deine
gebrechliche alte Mutter besuchen.«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte Vergil achselzuckend.
»Außerdem gibt es ein Mädchen. Ich meine, eine
Frau.«
    »Wenn sie zuläßt, daß du sie ein
Mädchen nennst, ist sie keine Frau.«
    »Sie ist ziemlich unabhängig.« Er sprach eine Weile
über Candice, über ihre dreisten Avancen am Anfang und ihre
allmähliche Domestikation. »Ich gewöhne mich daran,
sie um mich zu haben. Ich meine, wir leben nicht zusammen. Zur Zeit
sind wir auf einer Art Wochenendbasis, um zu sehen, wie die Dinge
sich entwickeln. In häuslichen Angelegenheiten bin ich kein
Gewinn.« April nickte und bat ihn, ihr ein Bier zu holen. Er
brachte eine ungeöffnete Flasche.
    »So zäh sind meine Fingernägel nicht«, sagte
sie.
    »Oh.« Er ging zurück in die Küche und
öffnete sie.
    »Nun, wieso erwartetest du, daß ein großer
Gehirnchirurg wie Bernard etwas für dich tun
könne?«
    »Er ist nicht bloß ein Neurochirurg. Er interessiert
sich seit Jahre für AI.«
    »AI?«
    »Artifizielle Intelligenz.«
    »Ah.« Sie lächelte verstehend. »Du bist
arbeitslos«, sagte sie, »vielleicht verliebt, ohne
Aussichten. Erfreue dein Mutterherz noch mehr. Was geht sonst noch
vor?«
    »Ich experimentiere an mir selbst, glaube ich«, sagte
er.
    Sie schaute ihn groß an. »Wie?«
    »Na, diese Zellen, die ich veränderte. Ich mußte
sie hinausschmuggeln, indem ich sie mir injizierte. Und seither habe
ich keinen Zugang zu einem Labor oder einer Arztpraxis gehabt.
Inzwischen werde ich sie nicht wiedergewinnen können.«
    »Wiedergewinnen?«
    »Sie von den anderen absondern. Es gibt Milliarden von
weißen Blutkörperchen, Mutter.«
    »Warum solltest du dich sorgen,

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