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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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standen, sagte John zu seinen Bruder: »Ich glaube
ihr.«
    »Warum?«
    »Weil sie so sicher ist.«
    »Soll das ein Grund sein?«
    »Und sie lügt nicht.«
    »Das vielleicht nicht, aber sie hat einen
Dachschaden.«
    »Glaube ich nicht.«
    Jerry zog den Reißverschluß hoch und sagte: »Sie
ist eine Hexe, John.«
    John mochte nicht widersprechen.
    Das gleichförmige, braun überzogene Farmland wechselte
allmählich Farbe und Charakter, als sie sich der Abzweigung Lost
Hills näherten. Mehr nackte Erde erschien, staubig und leblos
aussehend. In der Ferne trieb der Wind Staubwolken über das
Land, als ob unsichtbare Dienstmädchen nach einer ausgelassenen
Feier mit Ausfegen beschäftigt wären. »Was ist
bloß aus der Ernte geworden?« wunderte sich April.
    Jerry schüttelte den Kopf. Er wußte es nicht und wollte
es nicht wissen.
    John blinzelte in den staubigen Dunst voraus und trat auf die
Bremse, schaltete gleichzeitig herunter. Dann trat er mit aller Macht
auf das Bremspedal, und der Lastwagen brach mit quietschenden Reifen
aus. Jerry fluchte, und April klammerte sich grimmig an den
Fensterrahmen.
    Der Lastwagen kam um hundertachtzig Grad gedreht am
Straßenrand zum Stillstand. John wendete und schaltete den
Leerlauf ein.
    Sie starrten. Worte waren überflüssig – und auch
nicht möglich.
    Ein Hügel überquerte die Fernstraße. Langsam und
schwerfällig, vielleicht dreißig Meter hoch, schob sich
die glänzend braune und grau grundierte Masse kaum zweihundert
Meter voraus durch die Staubfahnen.
    »Wie viele von denen mag es geben?« fragte April
schließlich.
    »Wer kann das sagen?« antwortete John.
    »Muß einer von den Lost Hills sein, die angezeigt
waren«, sagte Jerry ohne eine Andeutung von Leichtsinn.
    »Vielleicht ist das eine Erklärung für das
Verschwinden der Ernte«, spekulierte April. Den Brüdern lag
nichts daran, die Frage zu diskutieren. John wartete, bis der
Hügel die Straße freigab, was eine halbe Stunde dauerte,
und als er sich in westlicher Richtung weiter über die Felder
schob, startete John den Motor und legte den ersten Gang ein. Im
Schrittempo holperten sie über den zerwühlten Asphalt. Es
roch nach zerquetschten Pflanzen und Staub.
    »Marsbewohner«, sagte John. Das war sein letzter Protest
gegen Aprils Behauptung zu wissen, was tatsächlich geschehen
sei. Danach sagte er sehr wenig, bis die Steigung begann,
vorüber an den unveränderten Bäumen und Gebäuden
von Fort Tejon und den undeutlichen Umrissen der kleinen Ortschaft
Gorman. Als sie sich der Paßhöhe näherten, warf er
Jerry einen Seitenblick zu und sagte: »Voraus die Stadt der
Engel.«
    Es war fünf Uhr nachmittags, früher Abend, und es wurde
bereits dunkel.
    Die Luft über Los Angeles war purpurrot wie gut abgehangenes
rohes Fleisch.

 
32
     
    Zur Mittagszeit wurde Bernards Essen durch die kleine Luke
geschickt – eine Schale mit Obst und Brötchen mit Roastbeef
mit einem Glas Mineralwasser. Er aß langsam und nachdenklich,
und von Zeit zu Zeit ging sein Blick zum Bildschirm. Der
Datenanschluß zeigte die letzten Ergebnisse der Analyse einiger
seiner Serumproteine.
    Die Zahlen auf dem Bildschirm waren pfefferminzgrün. Unter
ihnen nahmen rote Linien Gestalt an, die sich zusammenrollten, als
neue Zahlenserien hinzugefügt wurden.
    Bernard, was ist das?
    - Keine Bange, antwortete er auf die innere Frage. Wenn ich nicht
arbeiten kann, funktioniere ich schlecht.
    Die Kommunikationsebene hatte sich in den letzten Tagen enorm
vervollkommnet.
    Du analysierst etwas, was mit unserer Kommunikation in
Zusammenhang steht. Dazu gibt es keine Notwendigkeit. Du
kommunizierst bereits durch die richtigen Kanäle, durch
uns.
    - Ja, richtig. Aber werdet ihr mir alles sagen, was ich wissen
muß?
    Wir sagen dir, was zu sagen wir beauftragt sind.
    - Ihr habt mich enträtselt, also erlaubt mir, euch zu
enträtseln. Ich muß fühlen, daß ich nicht
machtlos bin, daß ich etwas Nützliches tue.
    Mit großer Schwierigkeit haben wir versucht, deine
Situation zu verstehen, Sie VORZUSTELLEN. Du bist in einem
geschlossenen RAUM. Dieser RAUM ist von »Konzentration«,
die du als klein betrachtest.
    - Aber ausreichend, da ich jetzt euch habe, mit denen ich plaudern
kann.
    Du bist festgehalten. Du kannst die Grenzen des
eingeschlossenen RAUMS nicht durchdringen. Ist diese
Beschränkung Folge deiner Entscheidung?
    - Ich werde nicht bestraft, wenn es das ist, was euch Sorgen
macht.
    Wir können BESTRAFT nicht »codieren«. Du bist
gesund. Deine

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