Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
beobachtete sie. Es war
keine unangenehme Art von Beobachtung, weil Suzy wußte,
daß sie ihnen gefiel. Sie würde unverändert bleiben,
solange sie weiterhin tat, was sie tat.
    »Nun, ich muß mir mein Bett suchen«, sagte sie,
stemmte sich aus dem Schreibtischsessel hoch und reckte die Arme.
»Hübsches Büro«, sagte sie zu dem grauen
Anzug.
    Hinter dem Sekretärinnenschreibtisch im Vorzimmer war eine
unmarkierte Tür. Sie öffnete sie und fand eine Kammer voll
von Akten und Papieren, die auf Regalen gestapelt waren, darunter
verschiedene Büromaterialien und einen eigentümlichen
kleinen Kasten mit einem glimmenden roten Licht. Etwas versorgte ihn
noch mit Elektrizität. Vielleicht war es ein Einbruchsalarm,
dachte sie, eine von Batterien gespeiste Anlage. Oder vielleicht war
es ein Rauchdetektor. Sie schloß die Tür und ging in die
entgegengesetzte Richtung. Um die Ecke vom großen Büro war
eine weitere Tür, und sie trug eine Messingplakette mit der
Aufschrift PRIVAT. Sie nickte und probierte den Drücker. Die
Tür war verschlossen, aber mittlerweile war sie routiniert in
der Beschaffung von Schlüsseln. Sie fand einen wahrscheinlichen
Kandidaten in der Schreibtischschublade und steckte ihn ins
Schloß. Er öffnete die Tür.
    Der Raum war dunkel. Sie schaltete die Taschenlampe ein. Der
breitgefächerte Lichtkegel wanderte über ein bequem
aussehendes Bett, einen Nachttisch, einen Tisch mit einem kleinen
Computeranschluß in einer Ecke, und…
    Suzy schrie auf. Sie hörte ein dumpfes Geräusch und sah
aus den Augenwinkeln, wie ein kleines Ding unter den Schreibtisch und
andere Dinger unter das Bett huschten. Sie hob den Lichtkegel. Neben
dem Bett erhob sich eine Röhre. Auf ihrem Ende saß ein
runder Gegenstand mit vielen flachen, dreieckigen Facetten und
Strähnen oder Fransen, die von den Seiten hingen. Es schwankte
und versuchte, dem Lichtschein zu entgehen. Etwas Kleines und Dunkles
sauste an ihren Füßen vorbei, und sie sprang zurück
und leuchtete auf ihre Schuhe.
    Es mochte eine Ratte gewesen sein, aber dafür war es zu
groß und nicht richtig geformt, und für eine Katze
wiederum zu klein. Es hatte viele große Augen oder
glänzende Teile an einem runden Kopf, aber nur drei mit rotem
Pelz bedeckte Beine. Es rannte in das große Büro. Hastig
schloß Suzy die Tür zum Schlafzimmer und wich zurück,
eine Hand vor dem Mund.
    Zum Teufel mit dem obersten Stockwerk. Es lag ihr nichts mehr
daran.
    Der Korridor außerhalb des Vorzimmers war frei. Sie nahm das
Transistorradio vom Schreibtisch der Sekretärin, die
Wasserflasche und ihren Plastikbeutel mit Lebensmitteln, und machte
sich eilig marschbereit, zog den Gürtel durch den Handgriff an
der Flasche und hängte den Beutel über die Schulter.
»Mein Gott, mein Gott«, flüsterte sie. Dann rannte sie
den Korridor entlang, daß die Flasche ihr gegen den Hintern
schlug und öffnete die Tür zum Treppenhaus.
»Abwärts«, murmelte sie. »Abwärts,
abwärts, abwärts!« Sie wollte versuchen, das
Gebäude zu verlassen. Wenn es in den oberen Stockwerken solche
Dinger gab, hatte sie keine andere Wahl. Ihre Turnschuhe trappelten
eilig über die Stufen. Der Plastikbeutel schwang hin und her und
platzte plötzlich auf, verstreute Zwieback und Schokoladeriegel
und kleine Dosen und Gläser über die Treppe. Die
Gläser brachen, und eine ungeöffnete Dose Pflaumenkompott
rollte eine Stufe nach der anderen hinab, rollte und plumpste, rollte
und plumpste.
    Sie fing an, die verstreuten Dinge aufzusammeln, dann lenkte eine
undeutlich wahrgenommene Bewegung ihren Blick zur Wand. Mit
geweiteten Augen sah sie weißliche Fäden über eine
Tür hinkriechen, während ein dunkelbraunes Laken
mühsam die Seitenwand erklomm.
    »Nein!« schrie sie. »Verdammt, nein! Laßt
mich in Ruhe, laßt mich hinuntergehen!« Sie warf den Kopf
zurück und schlug auf das Treppengeländer, bis ihre
Fäuste sie schmerzten. Tränen stiegen ihr in die Augen.
»Laßt mich in Ruhe!« Aber die Laken rückten
vor.
    Wieder hinauf. Ganz gleich, was weiter oben war, sie mußte
hinauf. Sie konnte das Zeug mit einem Besenstiel abwehren, aber sie
konnte nicht hindurchwaten – das wäre zuviel, und sie
würde wirklich den Verstand verlieren.
    Sie sammelte von ihren Lebensmitteln auf, was sie konnte und
stopfte es in die Taschen. Oben im Restaurant mußte es
Lebensmittel geben.
    »Ich werde nicht darüber nachdenken«, sagte sie
sich wieder und wieder, nicht in bezug auf das Essen, das ihr jetzt
nur wenig Sorge

Weitere Kostenlose Bücher